Kapitel 23 - Miss Bell

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,,Okay, ich schaffe das." Murmle ich in mich hinein und drücke die schwarze Knopf Klingel.

Ein Summen ertönt und einige Momente später öffnet sich langsam die Tür.

Eine alte, weißhaarige Dame erscheint und beäugt mich skeptisch. So als hätte ich bloß einen Klingelstreich gemacht.
,,Miss Bell?" Frage ich freundlich. Die weiße Dame hinter mir hält die Luft an. Komischer Geist.

,,Ja, die bin ich. Was kann ich für sie tun?" Fragt sie.
,,Meine Tochter!" Flüstert die weiße Dame und ich muss lächeln. ,,Ich bin Melissa Winston. Dürfte ich vielleicht rein kommen? Es... Also, es geht um ihre Mutter."

Sie runzelt verwirrt die Stirn. ,,Meine Mutter? Warum sollte ich dir das glauben?" Ich räuspere mich kurz. ,,Nun, fragen sie mich etwas über ihre Mutter und als Beweis, werde ich richtig antworten."

Sie braucht nicht einmal lange zum überlegen sondern meint: ,,Wo hat sie meinen Vater kennengelernt?" Ich linse zur weißen Dame, die lächelnd antwortet: ,,In einer Tanzbar in Venedig." - ,,Sie hat ihn in einer Tanzbar kennengelernt. In Venedig."

Nach kurzem Zögern öffnet sie die Tür weiter und meint: ,,Gut, komm rein." Ich gehorche und folge der Frau ins Haus. Kennt ihr das, wenn ihr eure Oma besucht und es so riecht?
So Omahaft...
Ich kann's nicht erklären.

Auf dem weißen Boden liegt ein roter Stick Teppich im Flur und wir gehen zu einer Tür ganz hinten. Eine Treppe links neben dem Eingang, führt nach oben. Sie öffnet die schwarze Glas Tür und wir treten ins Wohnzimmer, das aus einem Sofa, Sessel und Fernsehen besteht. Auf den Fensterbänken stehen Blumen und auf dem Boden ist wieder ein runder Teppich. Das Sofaset ist schwarz.

,,Setz dich, bitte." Meint die Frau und reißt mich aus meiner Musterung. Ich drehe den Kopf zu ihr und sie sieht mich scharf an. Also gehe ich zum Sofa und setze mich langsam, während sie sich im Sessel nieder lässt. Die weiße Dame steht links von ihr.

,,Lass uns nicht lange um den heißen Brei herum reden. Was willst du?" Wow! Die Lady ist ganz schön direkt! Ich denke kurz nach, was ich sagen soll und dann meine ich: ,,Ich soll ihnen etwas von ihr geben. Dürfte ich es vielleicht schnell holen? Es ist hier im Haus." Ihre Augen werden zu schlitzen und sie sieht mich ganz genau an.

Ich fühle mich plötzlich total entblößt vor ihr, weiß aber nicht, was ich dagegen tun soll. Es ist als würde sie mir in meine Seele starren. Und dar ich dem Druck ihres Blickes nicht mehr Stand halten kann, stehe ich ohne weitere Worte auf und verlasse den Raum. Gefolgt von der weißen Dame.

,,Schnell, wo ist der Schrank?!" Frage ich hektisch, fast schon hysterisch. ,,Komm mit." Meint sie ruhig. Sie schwebt die Treppe nach oben und ich gehe ihr nach. Dabei versuche ich schnell, aber möglichst lautlos zu sein. Wir kommen in einen kleinen Gang, mit 5 Türen. Zwei an jeweils den gegenüberliegenden, weißen Wänden und eine am Ende des Ganges.

Die weiße Dame deutet auf die zweite Tür rechts zu und zeigt darauf. ,,Hier war das alte Schlafzimmer." Ich nicke und bewege mich zur Tür, wo ich sie langsam auf drücke.

Die schwarze, gläserne Tür quietscht ein wenig. Aber das ist jetzt unwichtig! Das wichtige ist, dass mir KEIN Schlafzimmer entgegenblickt! Sondern ein Badezimmer! Mist, und jetzt?! Panisch starre ich zur weißen Dame und zische: ,,Und jetzt??" Sie zuckt ratlos mit ihren Schultern und ihre allwissende Fassade bröckelt von ihr ab. Na super!

'Okay, tief durchatmen Mel! Sich einfach weiter!'
Wieder diese Stimme.

Ich nicke kaum merklich und drücke dann nacheinander die anderen vier Türen auf.

Und: Die letzte, fünfte Tür entpuppt sich als Schlafzimmer! Ich atme hörbar aus und trete blitzschnell in den Raum.

Alle Möbel sind aus Holz. Das Bett, die Kommode, der kleine Nachttisch und der Schrank. Moment mal!!! Der Schrank!

Ich stürme auf ihn zu und reiße die Türen an den kleinen Griffen auf.
Die Kleidung hängt ordentlich nebeneinander an der Stange auf den Kleiderbügeln.

,,Ja, das ist er. Such den Boden ab, da müsste irgendwo eine klitzekleine Kuhle sein." - ,,Okay!" Schnell knie ich mich hin und fahre mir meiner Hand den Boden ab. Leider wirble ich dabei eine menge Staub auf und ersticke fast an dem Zeug. Ganz zu schweigen von meiner Hand, die aussieht als hätte ein Kindergartenkind es lustig gefunden sie grau anzumalen.

Plötzlich stoße ich auf etwas kleines. Es ist ein Loch im Boden.

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Durch die Kleider kann ich es wegen dem Schatten nicht sehen, aber ich stecke vorsichtig den Finger hinein und ziehe dann.

Der Boden klappt komplett auf und ein großes Rechteck ist zu sehen. Darin liegt eine Schachtel - die Schatulle. Vorsichtig lass ich den Deckel los und nehme sie mit beiden Händen heraus.

Ich Puste den Staub von ihr herunter und ich muss sagen, dass sie wirklich schön ist. Ich lächle zu der weißen Dame hinauf und sage: ,,Sie ist sehr schön!" So lächelt zurück: ,,Danke."

Auf dem Deckel der Rechteckigen, Holz Schatulle ist ein schönes Blumen Muster. Ein kleiner Haken ist vorne befestigt und wenn man ihn wegschieben würde, könnte man den Deckel öffnen.

Aber sie gehört mir nicht. Sie gehört Alicia Bell. Und ich werde sie ihr geben, damit sie am rechten Platz ist und die weiße Dame erlöst werden kann. Das ist meine Aufgabe. Und gerade lerne ich, darauf stolz zu sein.

Mit festen Schritten, stehe ich auf und laufe wieder den Raum hinaus, die Treppe runter und dann ins Wohnzimmer.

Alicia hat sich keinen Millimeter bewegt. Sie sieht mich mit gerunzelter Stirn an, blickt dann aber auf das, was ich in der Hand halte.

Plötzlich weiten sich ihre Augen:
,,Ist das-." Sie stockt. ,,Ist das etwa die Schatulle?!" Flüstert sie. Ich nicke und gehe auf sie zu. Vor ihr, knie ich mich hin und halte sie ihr entgegen.

Mit zitternden Fingern nimmt Sie sie in die Hände und blickt sie an. Schnell sehe ich zur weißen Dame hinauf und sie sagt: ,,Sag ihr, dass ich sie nicht vergessen habe. Und das ich sie geliebt habe und es immer noch tue - für immer. Und sag ihr, dass ich bei ihr bin, auch, wenn sie mich nicht sehen kann." Sie lächelt dabei und blickt nicht noch sondern ihre Tochter an.

,,Wissen Sie... Ihre Mutter hat sie nicht vergessen. Sie hat sie geliebt, und ich bin mir sicher, dass sie das auch immer noch tut. Aus ganzem Herzen. Sie ist immer bei Ihnen. Hier drin." Ich deute auf ihr Herz und sie schnieft leise.

Sie lächelt mich an. ,,Ich hab zwar keine Ahnung wer du bist, aber ich bin mir sicher, dass du vielen Menschen helfen kannst. So wie mir. Ich danke dir." Ihr laufen leise die Tränen hinunter.

Sie öffnet den kleinen Rigel an der Schachtel.

Tote LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt