Die Freiheit und die ewige Freundschaft

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Zwei warme starke Arme halten mich umschlungen. Ich löse mich aus der Umarmung. Das reicht auch schon, dass Luca aufwacht und mich mit verschlafenen Augen anschaut. Sofort sehe ich Alarmstufe rot. Ich kann mich nicht zurückhalten und schreie ihn an. «Du hast mit mir in einem Bett geschlafen?!» Anstatt mir zu antworten, legt er seinen Zeigefinger auf seinen Mund und zeigt auf das andere Bett. Alisha und Logen liegen dort schlafend und engumschlungen. Seufzend lasse ich mich auf die Bettkante fallen. Unerwartet legt er mir eine Hand auf meine Schulter. «Nimm erst mal eine Dusche und beruhige dich, es ist ja nichts passiert.» Ich nehme seinen Vorschlag zu Herzen und gehe duschen. Das kalte Wasser auf meiner Haut tut so gut. Nach der Dusche sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Doch erst jetzt merke ich, dass ich meine neuen Kleider nicht ins Badezimmer mitgenommen habe. Ich ziehe mein Badetuch enger um mich und öffne die Tür einen Spalt breit. Luca sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. «Kannst du dich bitte umdrehen?», flüstere ich wütend über sein spannern. Er nickt und dreht sich tatsächlich um. Auf Zehenspitzen laufe ich zum Schrank. Kurz schaue ich noch einmal zu Luca. Schnell suche ich meine Kleider aus und springe fast zurück zum Bad. «Du kannst dich jetzt wieder umdrehen.» Leise schliesse ich die Tür und ziehe ein Sommerkleid an. «Du siehst echt hübsch aus.» Ich zucke vor Schreck zusammen. Ich schaue in den Spiegel ... und sehe Luca!                                                                                                                                                                   «Gehen wir zusammen schon mal runter? Logen und Alisha kommen bestimmt bald nach», schlägt er mir gutgelaunt vor. Ich nicke stumm. Er nimmt mich an der Hand und führt mich zum Esszimmer. Auf dem Weg möchte ich meine Hand ihm entziehen, aber er hält sie schon wieder zu fest. «Sei doch mal ein bisschen lockerer. Ich entführe dich ja nicht.» Ich seufze einmal laut. Das wird ein langes Morgenessen!

Das Morgenessen verging tatsächlich langsam. Doch es war irgendwie auch amüsant, so zu tun, als wären wir zusammen. Luca legte seinen Arm um meinen Stuhl. Alisha und Logen sahen uns manchmal nur komisch an, sagten aber nichts zu unserem Verhalten. Luca und ich machten Witze und taten so, als hätte uns die letzte Nacht nähergebracht. Alisha und Logen schienen glücklich zu sein, dass wir uns jetzt endlich besser verstehen. Das ist die Hauptsache von unserem komischen Getue.       
Um meinen Kopf durchzulüften, reite ich mit Jacky in den Wald. Den Morgen habe ich nämlich frei. Was die anderen machen, weiss ich nicht. Auf jeden Fall bin ich froh, dass ich Abstand zu Luca habe. Die frische Luft tut mir richtig gut. Genau das brauche ich jetzt! Ich bin schon eher tief im Wald, da taucht der Wolf auf. Ein Freudesprung macht mein Herz. Ich binde Jacky an einen Ast an und gehe auf den Wolf zu. Wir sind uns schon vertraut. Ich kann ihn sofort streicheln. «Ach bist du ein guter Junge.» Er gibt mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Ich binde Jacky wieder los und führe sie hinter mir her. Der Wolf führt uns zu einem Wasserfall. Dort bleiben wir kurz stehen und geniessen die Sonnenstrahlen. «Ist es okay, wenn ich dich White nenne?» Ich weiss nicht ob es Einbildung ist, aber ich glaube, er hat genickt. White und Jacky verstehen sich super. Wir laufen weiter. Ich steige wieder auf Jacky. White scheint die Gegend echt gut zu kennen. Nach einiger Zeit steht eine Wiese vor uns. Der Wolf fängt an zu rennen. Jacky galoppiert ihm hinterher. Es sieht wunderschön aus, wie der Wolf über die Wiese rennt. Der Wind kommt uns entgegen. Meine Haare wehen nach hinten. Zum ersten Mal in meinem Leben weiss ich, wie sich Freiheit anfühlt. Es ist ein unfassbares Gefühl! Mit Worten kann man es gar nicht beschreiben.                                                                                          Die schöne Blumenwiese scheint mir endlos zu sein. Dank der warmen Morgensonne ist es überhaupt nicht kalt. Vögel zwitschern fröhlich und fliegen mit uns eine Strecke mit. Auf einmal reitet neben mir Alisha. Glücklich lächeln wir uns an. Ich habe es gar nicht bemerkt, aber in der Zwischenzeit ist White verschwunden. Eine Strecke lang lassen wir unsere Pferde galoppieren wie noch nie. Der Wind pfeift uns nur so um die Ohren. Dieser Moment kann uns niemand mehr nehmen! Denn wie man weiss, jeder Tag ist einzigartig und kein Tag kann man wiederholen. Wir lassen unsere Pferde in den Trab fallen und gehen in Richtung Camp. Mit der Sonne im Rücken reiten wir zurück. «Warum hast du mir nicht gesagt, dass Luca Logens bester Freund ist?», frage ich Alisha nach einiger Zeit. Sie atmet einmal kurz ein und aus. «Ich dachte, es wäre besser, wenn du es erst später erfährst, nach dem du uns besser kennengelernt hast. Ich befürchtete nämlich, dass du dann nichts mehr mit uns zu tun haben möchtest. Ich konnte dich eben noch nicht richtig einschätzen und wusste nicht, ob es dir dann zu viel auf einmal sein wird. Von einen auf den anderen Tag neue Freunde zu haben und dann zu merken, dass sein grösster Erzfeind manchmal mit ihnen abhängt, klingt für mich nicht so anmächelig, etwas mit uns Unternehmen zu wollen. Aber jetzt kenne ich dich ja schon besser und weiss, dass es für dich kein richtiges Problem wäre und auch ist.» Ich lasse mir alles ruhig durch den Kopf gehen. «Aber – ähm eine Frage aus reiner Neugier; War das nur Spiel oder kommt ihr nun besser miteinander aus? Diese Frage bezieht sich auf vorgestrigen Abend und heute am Esstisch», will sie von mir wissen. Ich muss lachen. «Das am vorgestrigen Abend war nur Spiel. Er wollte nur die Mädchen beeindrucken, so nahm ich es jedenfalls wahr. Und das heute Morgen – sei mir bitte nicht böse, war auch nur Show», gebe ich etwas zerknirscht zu. Alisha muss schmunzeln. «Es wäre ja auch zu schön gewesen! Aber eins musst du wissen, wie er dich manchmal angeschaut hat. Als wärst du das Einzige, was ihn noch glücklich machen könnte.» Ich pruste los und gebe ihr einen leichten Klaps an die Schulter. «Denk nicht mal im Traum daran!», ermahne ich sie scherzhaft.

Es ist Zeit neu anzufangen und das Leben wirklich zu leben!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt