6. Kapitel

11.4K 345 15
                                    

Stöhnend wälzte ich mich zur Seite und hielt mir die Ohren mit meinem Kissen zu.

Das nervige Piepen hörte aber trotzdem nicht auf. Blind klopfte ich mit der Hand auf meinem Nachttisch herum, bis ich den Wecker fand und ihn ruhig stellte.

Ich drehte mich auf den Rücken und starrte die Decke über mir an. Die ersten Sonnenstrahlen fielen schräg durch die Jalousien in das Schlafzimmer und tränkten alles in ein beruhigendes, warmes Licht. Ein bisschen Staub tanzte in besagten Sonnenstrahlen, was einen wirklich friedlichen Eindruck machte.

Mir fielen die Augen wieder zu und ich döste vor mich hin, bis der Wecker erneut anfing zu piepen. Mit einer ausgezeichneten Treffsicherheit beugte Tilo sich über mich rüber und scheuerte das Ding vom Nachttisch.
Er landete krachend auf dem Boden, piepte aber weiter. Ich rollte mich zur Seite und bereitete dem Elend ein Ende, in dem ich ihn ganz ausschaltete.

Dann drehte ich mich wieder um und sah Tilo an, der jetzt auf dem Rücken neben mir lag und mit zu Berge stehenden Haaren die Decke anstarrte. Anscheinend unsere neue Lieblingsbeschäftigung, dieses an-die-Decke-starren, dachte ich und setzte mich langsam auf. 

"Warum ist heute schon Montag?", fragte ich und ließ mich wieder zurück auf das Kissen fallen.
"Weil gestern Sonntag war", kam die hilfreiche Antwort und ich schnaubte auf. An den gestrigen Tag konnte ich mich kaum erinnern, was daran liegen konnte, dass ich absolut nichts gemacht hatte, außer mich zwischen der Couch, dem Essenstisch und dem Bett hin und her zu bewegen. Ein Ausflug zur Toilette war das Höchste der Gefühle gewesen. 

"Warum musst du denn heute so früh raus?", wollte Tilo wissen und ich sah ihn an.
"Weil ich im Gegensatz zu dir arbeiten muss und heute ein Kindergeburtstag ansteht", grummelte ich, absolut nicht motiviert, das warme und gemütliche Bett zu verlassen.

"Achso" antwortete Tilo und drehte sich auf die Seite, sodass ich seinen Rücken anstarrte. Genüsslich zog er sich die Decke hoch und machte es sich wieder gemütlich.

Er hatte recht, sonst stand ich nie so früh auf, aber wegen diesem Geburtstag mussten wir noch einiges in der Tanzschule, in welcher ich ein bisschen jobbte, vorbereiten. Zusätzlich zu den üblichen Arbeiten, dann fand die eigentliche Geburtstagsfeier statt, danach kamen die üblichen Tanzkurse und ich zog mir wieder die Decke über den Kopf. 

───•✣•───

Eine halbe Stunde später, schnappte ich mir meinen Haustürschlüssel und meine Tasche. Kurz sah ich mein Spiegelbild an, von den Augenringen mal abgesehen, sah es ganz akzeptabel aus. Ich ging noch mal zur Tür des Schlafzimmers.

"Ich gehe dann jetzt."
"Ja", antwortete Tilo mit gedämpfter Stimme, da er sich die Decke bis zur Nase hochgezogen hatte.

"Hast du keine Vorlesung?", wollte ich wissen, während ich nachguckte, ob ich mein Handy auch eingesteckt hatte.
"Nein."
"Aber sonst hast du doch...
"Heute nicht." Ich schloss daraus, dass er keine Lust hatte, was ich auch irgendwie verstehen konnte, schließlich war die Polizei immer noch nicht weitergekommen mit ihren Ermittlungen. Das war nicht gerade beruhigend. 

"Bis später", meinte ich seufzend und lief auf die Haustür zu.
"Viel Spaß", rief er mir noch hinterher, als ich die Tür schon hinter mir zuzog.

Ich lief schnell das Treppenhaus hinunter, vor der Tür, die auf die Straße führte, blieb ich kurz stehen. Ich bekam Angst, dass wieder irgendwelche Leute von der Presse davor auf mich warten würden.

Kurz wünschte ich mir, dass Tilo mit runtergekommen wäre, aber dann biss ich die Zähne zusammen und öffnete schwungvoll die Tür. Die Tanzschule war nicht weit entfernt, ich konnte zu Fuß dahin gehen. Meistens machte ich einen kleinen Umweg und besorgte mir bei einem Bäcker ein belegtes Brötchen als Frühstück. 

Sacrifice - Don't touch herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt