Epilog

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Gehe nie mit fremden Leuten mit.
Lass dich nie von fremden Menschen in ein Gespräch ziehen.
Renn weg, wenn dir das Gespräch unangenehm wird.
Schrei, wenn dir jemand zu nahe kommt.

Diese Sätze schossen dem kleinen Mädchen durch den Kopf, während es an der Straße entlang lief.
Neben ihr hielt ein schwarzer Lieferwagen, der Motor dröhnte laut in ihren kleinen Ohren. Vermischte sich mit ihrem Herzschlag.

In ihrem Kopf wiederholte sie immer wieder diese Sätze, die ihr Vater ihr so oft gesagt hatte. Leicht verunsichert schaute sie neben sich und gegen das dunkle Blech des Autos. Dann ließ sie ihren Blick weiter nach vorne wandern. In diesem Winkel konnte sie sogar den Mann im Seitenspiegel erkennen, welcher geradeaus auf die rote Ampel starrte.

"Los, lauf schon", hörte sie die ermutigende Stimme ihrer Mutter hinter sich. Das kleine Mädchen blieb stehen und wandte dem Lieferwagen den Rücken zu. Stattdessen schaute sie zu dem kleinen Waldweg, an dessen Anfang ihr Vater stand.

"Du schaffst das", versicherte ihre Mutter ihr, als das kleine Mädchen verunsichert zu ihr herauf sah. Die schönen braunen, langen Haare ihrer Mum fielen ihr offen über die Schultern. Insgeheim hoffte sie, später genau solche Haare zu haben, wie ihre Mum.
Vielleicht würde sie diese wirklich bekommen. Nur die brauen Augen ihrer Mutter hatte sie nicht. Sie schaute sich die Welt durch grüne Augen an, genauso wie ihr Vater.

Dieser hatte mittlerweile seine Arme einladend ausgebreitet. Diese Geste reichte dem Mädchen, um sich aus der schützenden Nähe ihrer Mutter zu lösen.

Mit flinken, aber noch unsicheren Schritten, rannte sie über den Gehweg. Weg von dem Lieferwagen, der mit dröhnendem Motor bei Grün über die Kreuzung fuhr und verschwand. Stattdessen hörte sie nun die ermutigenden Rufe ihres Vaters, dem sie sich immer weiter näherte.

Kurz bevor sie bei ihm ankam, verlor sie leicht das Gleichgewicht und stürzte nach vorne. Jedoch hatte ihr Vater das schon kommen sehen und fing sie mit seinen starken Armen auf. Stolz grinste er sie an, während er sie über seinen Kopf hob. Das quittierte das Mädchen mit einem freudigen Lachen und klammerte sich an ihm fest.

Sie hatte wirklich den besten Vater der Welt. Und auch ihre Mutter war einfach nur wunderbar.
Sie gaben sich so viel Mühe, ihr kleines Leben mit Liebe und Glück zu füllen.

Das gelang ihnen wirklich super. Genauso wie in diesem Moment, als ihre Mutter zu ihnen dazu stieß und ihren Mann belustigt ermahnte, seine Tochter bloß nicht fallen zu lassen.

Das tat er natürlich nicht, sondern nahm sie stattdessen richtig auf den Arm, sodass sie sich zwischen den beiden wichtigsten Personen in ihrem Leben befand.

Ihren Eltern, welche in ihrem Leben viel mitgemacht hatten. Aber sich trotz allem nicht unterkriegen ließen.

Denn sie hatten den Schlüssel zu ihrem Glück gefunden und gaben diese Werte auch an ihre Tochter weiter. Allen voran die beiden wichtigsten Sachen auf dieser Welt:

Liebe und Zusammenhalt.

Das kleine Mädchen wusste, dass ihre Eltern eine schwere Zeit durchgemacht hatten. Sie verstand noch nicht alles, was damals passierte. Aber sie wusste, dass es einen bösen Mann gegeben hatte, der ihrer Mum weh getan hatte.
Manchmal hörte sie, wie sich ihre Eltern über diesen fremden Mann unterhielten.

Aber sie hatte keine Angst vor ihm. Denn ihre Eltern versicherten ihr, dass dieser Mann sicher im Gefängnis saß und sie ihn nie sehen würde.

Während der Gerichtsverhandlung, hatten ihre Eltern damals unerwartete Hilfe bekommen. Nämlich von der Frau, die früher mit diesem bösen Mann verheiratet gewesen war. Als diese merkte, dass der Fall ihres Mannes an der Öffentlichkeit angelangt war, traute sie sich, zur Polizei zu gehen und gegen ihn auszusagen. Endlich mal jemandem zu sagen, was dieser Mann damals mit ihr angestellt hatte und ihn dafür bestrafen zu lassen.

Diese Frau kam sogar manchmal zu Besuch. Sie war immer sehr nett und spielte mit ihr. Genauso wie ihre Großeltern.

Ihre eine Oma hatte ihrem Sohn damals gar nicht geglaubt, dass er Vater werden wird. Sie dachte, es wäre ein Witz, um sie zu ärgern.
Ihre andere Oma hingegen dachte, sie würde Halluzinationen haben von den Medikamenten, die sie wegen einem Autounfall im Krankenhaus bekam.

Aber mittlerweile haben alle gemerkt, dass sie wirklich Großeltern waren. Schließlich hatten sie das kleine Mädchen, welches das Leben von ihren Eltern Mary und Tilo vollständig auf den Kopf gestellt hatte, schon oft selbst gesehen.

Ihre beiden Opas amüsierten sich noch heute über die Reaktionen ihrer Ehefrauen, die auf einmal so unerwartet den neuen Titel Oma bekamen.

Nun waren sie eine kleine, glückliche Familie.

Es gab nichts, was sie noch auseinanderbringen konnte. Und selbst wenn, war sich das kleine Mädchen sicher, dass diese Familie immer dafür kämpfen wird, wieder glücklich zu werden. Und dafür zu sorgen, dass es allen gut gehen wird.
Denn das taten sie schon jetzt. Sie ließen sich von der Vergangenheit nicht unterkriegen.
Dann werden sie das auch in Zukunft nicht tun.

Da war sich das kleine Mädchen ganz sicher. Schließlich sprach sie hier von ihren Eltern. Ihren größten Vorbildern und den Personen, die sie am meisten auf dieser Welt liebte. Sie vertraute ihnen blind. Sie fühlte sich sicher und geborgen bei ihnen.

Und das wird niemand ändern können.

Ende

Ende

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Sacrifice - Don't touch herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt