19. Kapitel

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Jason sah mich skeptisch über den Rand der Pistole hinweg an. Er schien abzuschätzen, ob ich es wirklich ernst meinte. Ob ich ihn gerade wirklich mit einer Waffe bedrohte, die genau genommen seine eigene war.

"Du hörst mir jetzt ganz genau zu", hörte ich mich mit ruhiger und gefasster Stimme sagen. Das überraschte mich selbst, aber ich war dankbar deswegen. Sonst wäre die Nummer, die ich hier gerade abzog, lächerlich geworden und würde mir nicht helfen.

"Du hast offiziell bei mir Wache. Aber du wirst gleich deinen Kollegen über Funk sagen, dass ich dir entwischt bin. Ich bin in Richtung Garten gelaufen und du brauchst da unbedingt Verstärkung. Wenn du das erledigt hast, wirst du mir die Schlüssel für das Tor vorne geben. Dann wirst du mich nach unten begleiten und aufpassen, dass uns niemand sieht. Eigentlich müssten ja alle hinter dem Haus sein und mich im Garten suchen. Du wirst mich am Tor gehen lassen oder ich erschieße dich", teilte ich ihm dann meinen Plan mit. Meinen schrecklich schlechten Plan. Konnte man das überhaupt einen Plan nennen?

Das hier war genau der Grund, warum ich vorher nie versucht hatte zu fliehen. Weil ich es nicht konnte.

Ich war einfach unfähig, mir irgendwas auszudenken, was mir helfen könnte. Aber jetzt hatte ich keine andere Wahl mehr, wenn ich weiterleben wollte. Ich musste es riskieren. Ich musste riskieren, dass der Plan schief lief. Dann würde es auf das Gleiche hinaus laufen, wie wenn ich nichts versuchen würde. Drew würde mich töten.
Aber so hatte ich vielleicht eine kleine Chance zu überleben. Ich musste es einfach versuchen.

Jason kniff seine Augen zusammen. "Ist das dein Ernst?" fragte er brummend und ich nickte. "Ja das ist mein Ernst", zischte ich, griff mit einer Hand nach dem Funkgerät und hielt es ihm hin. "Wenn du etwas falsches sagst, bist du tot", informierte ich ihn, bevor er es selbst in die Hand nahm. Seine Finger zitterten leicht, was ich als gutes Zeichen deutete. Ich schien wenigstens glaubhaft rüber zu kommen. Er schien zu denken, das ich wirklich abdrücken würde.

Langsam hob Jason das Funkgerät bis an seine Lippen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wenn er jetzt etwas falsches sagte, wäre meine ganze Flucht hinfällig. Dann wäre es zuende. Ich hielt die Luft an, als Jason das Gerät einschaltete und ließ ihn nicht aus den Augen. Jason öffnete seinen Mund und fixierte mich dabei auch mit seinem Blick.
"Hier ist Jason. Ich brauch Unterstützung im Garten. Sie ist mir entwischt", sagte er dann kurz angebunden und mir fiel ein Stein vom Herzen. Er spielte tatsächlich mit. Er machte mir keinen Strich durch die Rechnung.

"Alles klar wir kommen", kam die kratzende Stimme eines Kollegen als Antwort. Bevor Jason auf die Idee kommen konnte, noch etwas hinzuzufügen, nahm ich ihm das Gerät wieder weg und schaltete es aus. Dann hielt ich meine Hand auf.
"Den Schlüssel", forderte ich und sah ihn abwartend an. Knurrend löste er den Schlüsselbund von seinem Gürtel und gab ihn mir. Ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf meine Lippen.
Lief doch gar nicht mal so schlecht, der Plan bis jetzt.

Aber ich war noch lange nicht draußen. Jetzt kam der schwierigste Teil. Der Weg zum Tor. Ich hoffte, die anderen Wächter waren wirklich alle im Garten und dass die Scharfschützen ihre Aufmerksamkeit auf den hinteren Teil des Grundstücks richteten und nicht nach vorne, wo das große Eingangstor lag. Denn genau da wollte ich hin. Und dann musste ich irgendwie zum Fluss gelangen.
So viel zu der Theorie. Die Praxis war da einiges schwieriger.

"Los geht's" sagte ich und steckte mir den Schlüssel ein. Mit dem Kopf deutete ich auf die Tür. "Guck nach ob der Flur leer ist", befahl ich Jason und fühlte mich einfach nur richtig schlecht dabei. Das ließ ich mir aber nicht anmerken, sondern stand selbst mit erhobener Waffe in der Hand vom Bett auf.
Jason lief langsam zur Tür und öffnete sie. Dabei hielt ich weiter die Pistole auf ihn gerichtet. "Niemand da", teilte er mir mit und ich nickte. "Dann raus hier", meinte ich und drückte den Lauf der Waffe in seinen Rücken, als er sich nicht bewegte. Jason knurrte, setzte sich dann aber doch in Bewegung. "Schneller", drängte ich ihn und wir liefen den Flur hinunter. Vor der Treppe blieben wir stehen, ich schaute um die Kurve, sah aber niemanden.

Sacrifice - Don't touch herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt