(Adventskalender 2020, Türchen 24)
Dass Harry und ich beide noch nicht das große Vermögen verdienen, ist kein Geheimnis, aber diesen Urlaub gönnen wir uns dieses Jahr. Es geht über Weihnachten auf die Cap Verden. Nur wir zwei in einem kleinen Bungalow direkt am Strand. Es ist Teil einer Hotelkette, wir müssen nicht kochen und nicht aufräumen und uns um (so gut wie) nichts kümmern. Wir haben lange gehadert, ob wir wirklich so viel Geld für eine knappe Woche Urlaub ausgeben wollen, zumal wir erst an Heiligabend zurück sein werden. Erst stand die Überlegung im Raum, einfach über Weihnachten weg zu bleiben, aber das war recht schnell wieder verworfen. Wir beide haben also unser Urlaubstage gespart und jetzt müssen wir bis zum 27. Dezember nicht mehr arbeiten. Zehn Tage frei. Ich denke, ich würde lügen, dass nur ich es bitter nötig habe.
Die Koffer sind gepackt, morgen früh geht es los. Mir ist eiskalt, als wir vor dem Sonnenaufgang die Wohnung verlassen. Ob das an der Müdigkeit oder tatsächlich an der Temperatur hier draußen liegt, weiß ich nicht. Das Taxi lässt, meiner Meinung nach, etwas lange auf sich warten, aber schließlich sind wir auf dem Weg zum Flughafen, wo wir uns nach dem Check-In erst einmal beide einen Tee kaufen. Er schmeckt nicht so gut, wie der, den Harry kocht, aber er ist akzeptabel. „Ich kann's kaum erwarten, dass wir dort sind." sagt Harry leise und lächelt. „Endlich wieder ins Warme." grinse ich und er schmunzelt. „Und Zeit für uns." Ich nicke leicht und er küsst meine Fingerknöchel. Das macht er in letzter Zeit immer öfter; und ich liebe es. Es hat etwas unfassbar vertrautes, intimes. Es lässt mein Herz flattern. Jedes einzelne Mal.
„Und ich kann es kaum erwarten, dich nur in Badeshorts zu sehen." flüstert er und ich schlucke, um mir nicht vorzustellen, wie er mit nur eben diesem einen Kleidungsstück am Körper aus dem Wasser gelaufen kommt. Halleluja. Er schmunzelt und erst da bemerke ich, dass er meinen Gedankengang genau verfolgt. „Das wäre Erregung öffentlichen Ärgernisses." sagt er leise, aber Provokation schwingt in seinem Tonfall mit. „Wir werden sehen." antworte ich nur und trinke meinen Tee aus.
Nachmittags sind wir da. Der Flug war lang, aber sobald wir aus dem Flieger steigen und die warmen Sonnenstrahlen und der strahlend blaue Himmel uns empfängt ist das vergessen. Wir schaffen es tatsächlich vor dem Abendessen noch zum Strand zu gehen. Die Schuhe haben wir ausgezogen und das Salzwasser des Atlantiks umspielt unsere Füße. Die Sonne ist noch nicht untergegangen, aber steht nicht mehr allzu hoch am Himmel. Das Licht wird wärmer und ich mache ein Foto von Harry. „Louis..." seufzt er, lacht dann aber und ich schieße noch ein Bild. „Lass mich doch ein paar Urlaubsfotos machen." grinse ich nur scheinheilig und er sieht zur Seite. Scheiße, wie kann er nur die ganze Zeit über so gut aussehen. Ich weiß jetzt schon, dass die Fotos gut geworden sind und ich weiß auch, dass ich mich nicht davon abhalten lassen werde, sie auszudrucken.
Vor dem Abendessen gehen wir noch einmal duschen, möglicherweise auch gemeinsam und beschließen, den Abend mit einem Cocktail beziehungsweise Bier an der Strandbar ausklingen zu lassen. Die Sonne ist untergegangen und es ist ein bisschen kühler geworden, aber im Gegensatz zu London ist es immer noch sehr warm. Harry trägt eins einer Hemden und zieht damit wie so oft die Blicke auf sich. Er sieht scharf aus. Anders kann man das einfach nicht sagen.
Er achtet nicht darauf und das ist gut so. Lange hat er sich unwohl gefühlt, wenn er bemerkt hat, dass ihn jemand ansieht. Er dachte sehr lange, es sei wegen der Narben, aber ich weiß, dass es anders ist. Es ist schlicht und ergreifend, weil er der attraktivste Mann ist, ganz egal, wo. Unsere Getränke kommen und wir setzen uns auf ein Sofa, das in Richtung des Meeres gerichtet ist. Die Beleuchtung der Bar tut ihr übrigens und eine angenehme, romantische Atmosphäre ist erschaffen. „Wir sollten jedes Jahr einmal in den Urlaub ans Meer fliegen." überlegt Harry und ich schmunzle. „Wenn du bezahlst." - „Sobald ich mit dem Studium komplett fertig bin." stimmt er zu. „Das musst du doch nicht." widerspreche ich sofort kopfschüttelnd. Er küsst wieder meine Fingerknöchel und zuckt mit den Schultern. „Wenn es geht, dann werden wir Urlaub machen. Als Anwalt habe ich gute Chancen auf ein recht hohes Gehalt und da du auch nicht schlecht verdienst, werden wir das hinbekommen." meint er optimistisch.
„Gibt es denn einen Ort, an den du gerne Mal reisen möchtest?" Ich seufze und zucke mit den Schultern. „Amerika, Florida oder so. Und ich würde gerne nach Afrika eine Safari machen und nach Australien zum Great Barrier Reef, bevor das irgendwann alles nicht mehr geht. Und ich würde auch gerne mal nach Tokio reisen, aber das hat alles noch Zeit. Was ist mit dir?" - „Nach Afrika zu kommen, wäre echt schön." stimmt er zu. „Vielleicht sollten wir eine Liste mit Reisezielen erstellen." überlegt er lächelnd. „Was wäre dein Lieblingsziel?" - „Ich glaube Afrika." entscheide ich spontan. „Und deins?" - „Auch. Südafrika vielleicht." Ich nicke und Harry sieht aufs Meer hinaus.
„Was überlegst du, Cupcake?" frage ich nach einem Moment und er sieht mich an. „Ich finde es einfach nur sehr schön mit dir hier zu sein." antwortet er und ich lächle. „Ich auch." Er nickt leicht und beugt sich dann zu mir, um mich sanft zu küssen. Es könnte in diesem Moment nicht schöner sein. Wir sitzen auf einer Insel am Strand zum Atlantik und er küsst mich so liebevoll, dass mir gar schwindelig wird. Der ganze Stress der letzten Wochen und Monate ist vergessen und hat sich allemal für diesen Augenblick gelohnt. Ich würde es wieder so machen, wenn ich mit Harry einen solchen Abend erneut verbringen dürfte.
Wenig später habe ich mein Bier geleert und auch sein Glas hat nur noch Eiswürfel darin. „Holst du uns noch zwei Getränke? Ich muss mal eben auf die Toilette." bittet er mich. Ich nicke und gehe zur Bar. Er geht in die entgegengesetzte Richtung. Die Getränke lassen ein paar Minuten auf sich warten, aber da die Bar gut besucht und die Angestellten anscheinend nur zu zweit sind, stört mich das nicht weiter. Ich habe ja keinen Termin mehr oder so und mehr als arbeiten können die beiden ja auch nicht. Als ich zurück komme, ist Harry noch nicht wieder da. Stattdessen aber steht ein Cupcake auf einem kleinen Teller auf dem ansonsten leeren Glastisch. Verwundert stelle ich die Getränke ab und drehe mich in Richtung der Bar. Harry sehe ich nirgendwo und ich kann mir nicht erklären, wer sonst diesen Cupcake dahin gestellt haben könnte. Eigentlich muss er von Harry sein. Es ist eine Lilie und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das Zufall ist.
Dann setze ich mich, bemerke dann aber, dass etwas an dem Cupcake anders ist. Mein Kopf braucht ein paar Momente, um es zu verstehen. In dieser Zeit sehe ich das Gebäck verwirrt und irritiert an, als könnte es mir antworten. Mein Herz lässt einen Schlag aus, schlägt dann drei, nein viermal so schnell weiter und meine Handflächen werden feucht, als ich nach Luft schnappe. Harry tritt plötzlich von der Seite an den Tisch heran, lächelt unsicher ich versuche ruhig zu atmen. Es klappt nicht.
Dann kommt er zu meiner Seite herüber, nimmt den Cupcake und geht dann vor mir auf die Knie. „Scheiße." fluche ich leise und er lacht leise, während ich mir jetzt schon über die Augen wische. Es bringt nichts. Der Ring, der in der hellen Creme steckt, glänzt wunderschön im Mondlicht und ich weiß nicht, ob ich lieber ihn, oder Harry ansehe. „Er ist zwar nicht selbst gebacken, weil der Zoll etwas dagegen hatte, dass ich einen mitnehme, aber es ist mein Rezept." fängt er nervös an und fährt sich durch die Haare. „Ich liebe dich jetzt seit Jahren und das jeden Tag ein bisschen mehr. Ich weiß, du stehst nicht so auf Kitsch, aber ich möchte dir einfach sagen, dass ich dir wahnsinnig dankbar bin, für alles, was du getan hast; dass du mich liebst wie ich bin und dass du mir immer geholfen und zur Seite gestanden hast, egal, wie scheiße ich zu dir war." - „Oh Harry." - „Warte, ich bin noch nicht fertig." meint er schnell und ich lache leise.
„Eigentlich wollte ich das erst am Ende des Urlaubs machen, aber ich kann einfach nicht mehr warten. Ich habe keinen Grund zu warten, weißt du? Den hatte ich so gesehen nie, aber ich bin jetzt bereits dazu und ich hoffe du auch. Also... uhm... möchtest du mich heiraten?" fragt er mich schließlich.
Ich nicke leicht, bringe mit zitternder Stimme ein „Ja." heraus und noch bevor er mir den Ring anstecken kann, bin ich meinem Freund, Verlobten, auch schon um den Hals gefallen.
(Und die Flitterwochen verbringen wir tatsächlich in Südafrika.)
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:)
Love, L
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Sunflower - Pre- & Sequels
FanfictionHier findet ihr Prequels und Sequels der Sunflower-Reihe. I hope you like it :)