Kaum habe ich das Haus wieder betreten höre ich schon den Schlüssel in der Tür. Meine Eltern kommen hindurch, schmeißen sie beinahe panisch hinter sich zu, Dad sperrt mit zitternder Hand ab.
„Was ist denn?", frage ich.
„Alle sind schon weg? – Gut."
Meine Mutter seufzt erleichtert.
„Was. Ist. Los?"
Meine Stimme ist dringlich. Meine Eltern kommen nie so früh nach Hause. Sie arbeiten eigentlich immer. Und irgendwie verhalten sie sich seltsam. Die beiden haben immer die Kontrolle über alles. Noch nie habe ich erlebt, dass sie Angst, oder sogar Panik haben. Also muss etwas schlimmes passiert sein.
„Nachher. Aber jetzt", mein Vater sieht sich beinahe gehetzt um, „... du musst jedes einzelne Fenster schließen. Hörst du mich? Jedes einzelne!"
Er packt mich an der Schulter und schüttelt mich eindringlich.
Hat die Panik von ihnen etwas damit zu tun, dass alle meine Party so früh verlassen haben? Ich weiß es nicht. Aber sie werden es mir hoffentlich gleich erzählen.
Ich sitze wieder auf der Couch im Wohnzimmer. Überall liegen noch Becher und Müll von der Party herum. Meine Eltern kommen zu mir, sie setzen sich mir gegenüber in die großen Sessel und schauen mich an. Sonst nichts. Ihre Blicke sind nicht wütend, dabei sieht es ziemlich unordentlich im Wohnzimmer aus.
„Was?"
Ich blicke die Beiden fragend an, sie schweigen.
„Was ist bitte los? Ihr macht mir fast schon Angst."
Dad sieht meine Mutter fragend an, sie nickt. Mein Vater seufzt.
„Du hast doch sicher etwas von diesen Gerüchten mitbekommen..." Er schluckt schwer. „Ich ... hör zu ... Sie – die Gerüchte – sie sind wahr."
Ich erstarre. Meine Gedanken überschlagen sich. Ich muss träumen. Ja, ein Traum. Das hier muss ein Traum sein. Oder wir reden nicht von den gleichen Gerüchten.
„Was genau meint ihr jetzt? Wollt ihr mich verarschen?" Mein Blick hüpft zwischen den beiden hin und her. Mum, Dad, Mum, Dad. Beide komplett ernst.
Fragend suche ich den Blick meines Vaters, warte darauf, dass er beginnt zu lachen. Und Mum einsteigt.
Haha. Du hast es wirklich kurz geglaubt!
Aber natürlich tun sie das nicht. Nein, natürlich nicht.
„Oder?", hake ich nach, „Oder?!"
Sie schweigen und endlich realisiere ich, es muss stimmen. Eigentlich würde ich gerne fragen was genau passiert ist, aber dazu fühle ich mich nicht in der Lage. Das kann nicht stimmen. Das kann gerade nicht passieren. Wir sind doch nicht in einem verdammten Film!
Ungläubig stehe ich auf. In meinem Kopf dreht sich alles, vielleicht zittern sogar meine Hände. Falls sie es tun, kommt die Information nicht in meinem Bewusstsein an.
„Ich gehe hoch. Gute Nacht." Meine Stimme klingt abgehackt und fremd. Als wäre es gar nicht ich, der da spricht.
Ich wende mich zum Gehen, aber Mum ruft mich zurück.
„Neo. Schließ bitte deine Zimmertür ab und schieb den Schlüssel unter der Tür durch."
„Warum?"
„So ist es sicherer. Für dich... - und für uns."
Sicherer. Für dich. Für uns.
Ich nicke nur – Kopf hoch, Kopf runter, eine zuverlässige, einfache Geste in dieser Situation, in der alles andere plötzlich so schwierig ist – und setze dann meinen Weg fort. Das ist doch alles irre. Ich kann und will mich mit dem Ganzen nicht auseinandersetzen. Zumindest noch nicht sofort.

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Demon Hour
ParanormalNachts schlafen wir doch - oder? Vom einen auf den anderen Tag ist alles anders. Plötzlich kannst du niemandem mehr trauen. Ein Fehler, eine unabgeschlossene Tür, kann dich töten. Und ebenso du selbst bist eine Gefahr. - Schläfst du nachts wirklich...