Kapitel 4 - Neo

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Träge schlage ich meine Augen auf. Mein Kopf brummt, meine Augenlider sind schwer. Ich hatte heute Nacht wirre Träume. Doch je mehr ich versuche mich daran zu erinnern, desto mehr verschwimmt alles. Aber der Inhalt meines Traumes ist ja auch nicht wichtig.

Ich schlage die Bettdecke zurück und setze mich hin. Dann taste ich im Dunkeln nach dem Lichtschalter. Ich finde ihn und als das Licht angeht muss ich meine Augen zusammenkneifen, da es schlagartig hell wird. Mein Blick wandert durchs Zimmer. Ein ungutes Gefühl macht sich in meinem Bauch bemerkbar. Ich weiß nicht woher es kommt, aber es ist da.

Dann wandert mein Blick zu meiner Zimmertür. Sie ist zersplittert, in ihr ist ein großes Loch. Am Boden davor liegt mein Schreibtischstuhl. Stockend hole ich Luft. Das kann nicht sein. War jemand bei mir? Warum lebe ich noch? Oder... Ein viel schlimmerer Gedanke durchzuckt mich. Ein kalter Schauer durchläuft mich. Was wenn ich das war? Eilig springe ich auf, mir wird kurz ein bisschen schwindelig. Ich habe Muskelkater. Woher das kommt? – Warum frage ich mich das überhaupt? Natürlich weiß ich woher das kommt. Ich war heute Nacht unterwegs. Oder besser gesagt mein Körper. Plötzlich überkommt mich ein schrecklicher Gedanke. Allein diese Vorstellung reicht, dass ich beginne zu rennen.

Ich hechte durch meine zersplittere Tür, ziehe mir dabei mindestens tausend Splitter ein, aber das ist mir gerade egal. Alles was zählt sind meine Eltern. Ich renne durch unser großes Haus, meine Füße machen laute stampfende Geräusche und aus irgendeinem Grund liegen auf dem Boden Scherben. Ich spüre wie sie sich schmerzhaft in meine Fußsohlen bohren, aber auch das interessiert mich im Moment wenig. Ich poltere die Treppe hinunter, ins Stockwerk meiner Eltern. 

Die Tür steht offen. Sie hätte abgeschlossen sein sollen. Das kann kein gutes Zeichen sein. Meine Gedanken rasen. Meine Mutter hatte Nachtwache gehalten. Sie müsste den Schlüssel haben. Aber ist die Tür dann offen? Bitte ist alles nur ein Missverständnis. Bitte ist es nicht das, was ich denke. Ich trete über die Türschwelle. Am Boden liegt etwas. Jemand.

Meine Sicht verschwimmt, mein Atem geht schneller und schneller. In meinen Ohren beginnt es zu rauschen. Überall ist Blut. Wie in Trance hebe ich meine Hände. Sie sind rot. Rot von Blut. Rot vom Blut meiner Eltern. Meiner toten Eltern. Die ich mit diesen Händen getötet habe.

Ich falle auf den Boden neben meine Eltern und beginne hemmungslos zu Schluchzen. Jetzt bin ich allein.


Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist, als ich mich mühsam vom Boden aufrichte. Meine Lider sind schwer. Ich streiche mir über die Augen. 

Ich bin allein. Dann schießt mir ein noch schlimmerer Gedanke durch den Kopf. Ich bin eben nicht allein. In mir ist dieses Wesen, dass heute Nacht zwei Menschen getötet hat. Ich habe mit meinen eigenen Händen meine Eltern ermordet. Und ich weiß nicht wie viele Menschen ich noch getötet habe – oder töten werde. Und was wird wohl passieren, wenn dieses Wesen fertig ist mit was immer es auch vorhat? Sterbe ich dann auch?

Ich weiß, was das richtige wäre: Mich irgendwo melden, damit sie mich nachts einsperren. So würde ich niemand verletzten. Aber dann wäre ich mit ihm zusammen gefangen. Dieses Wesen, dass meine Eltern auf dem Gewissen hat. Ich schaudere.

Und plötzlich weiß ich, dass ich das nicht tun werde. Ich werde dieses Monster nicht ausliefern, denn damit werde ich auch mich ausliefern. Und was würde mir das bringen? Ich werde schon selbst eine Möglichkeit finden das Monster unter Kontrolle zu halten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 19, 2022 ⏰

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