35 - Krebs ❤️‍🩹

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ภєฬ ๏ภє รђ๏Շ ! ฅ^•ﻌ•^ฅ

„Sei stark" „tapfer sein" „Du schaffst das" diese Worte hört Julien jeden Tag. Doch er hat schon längst aufgegeben. Überlebenschance von 51% bla bla bla.
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Julien Budorovits, 23.11.1988, akute lymphatische Leukämie
So steht es auf dem kleinen Zettelchen am Fuß des Krankenhausbettes. In jenem Bett liegt Julien. Blick starr an die Decke gerichtet, Kopfhörer in den Ohren, Musik auf vollster Lautstärke. Das er sich damit die Ohren auf lange Zeit schädigt ist dem mittlerweile 33 Jährigen komplett egal. 'Ich leb ja eh nicht mehr so lange' denkt er bei dem Gedanken an die Lautstärke.
Mittlerweile liegt er wieder seit vier Wochen auf Station. Krebsstation. Wie Ju diesen Namen hasst. Die Besuche sind in dieser Zeit wenig. Wie auch mit Corona.

Mit einem leisen Geräusch landet Juliens kleines Kuscheltier in der Ecke des Raumes. Voller Wut hat Julien das arme Tier dort hingeworfen. Woher die plötzliche Wut kommt kann Julien sich bei bestem Willen nicht erklären. Wahrscheinlich ein Produkt der beschissenen Gesamtsituation, denkt er schließlich. Schwer atmend lässt Julien sich zurück in das nach Krankenhaus riechendes Kissen sinken. Heiße Tränen laufen über seine Wangen. Er macht sich nicht mal die Mühe sie wegzuwischen. Für ihn sind Tränen mittlerweile ein Zeichen der Resignation. Und resigniert, das hat er schon vor Monaten.
Bei den Gedanken an die letzten Monate treten Juliens Fingerknochen weiß hervor, so fest krallt er sich haltsuchend in die Bettdecke.
Das er schon längst aufgegeben hat ignoriert er gekonnt. Keineswegs möchte er seine Liebsten verletzten indem er ihnen erklären muss weswegen er die Therapie abbricht. Nein danke, denkt er sich. Da steht er es lieber durch. Zweieinhalb Jahre, so steht es im Behandlungsplan. Für Julien klingt das wie Folter. Zweieinhalb Jahre voller Krankenhausaufenthalte, Chemotherapie, Bestrahlung, Operationen, Medikamente, und währe das alleine nicht schon schlimm genug gibts da auch noch die Nebenwirkungen. Oh ja die Nebenwirkungen. Julien kann ein Lied davon singen. Schmerzen jeglicher Art, Blutwerte die nicht mitspielen, Organe die aufgeben, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Entzündungen, kaputtes Zahnfleisch welches Essen zur Qual macht, Muskelabbau und und und.
Da muss er durch, sagen die Ärzte.
Aber Ju will nicht mehr, und er hat gerade mal ein paar Monate hinter ihm. Die Schonfrist der Chemo ist vorbei. Jetzt gehts richtig ab. Alles abtöten was keine Miete zahlt, und das möglichst schnell. So ist die Devise. Für Ju bedeutet das hochdosierte Chemotherapie im Krankenhaus.

Juliens Gedanken werden durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Innerlich hofft er, dass gleich Rezo ins Zimmer gestürmt kommt. Doch seine Hoffnung zerschmettert als lediglich ein Pfleger den Raum betritt.
Er wirft einen kurzen Blick auf den Monitor, an den Julien mit etlichen Kabeln gefesselt ist und welcher ein monotones piepen von sich gibt.
Der Pfleger braucht einige Sekunden um zu realisieren, dass Julien weint.

„Ach Herr Budorovits, keine Hoffnung heute?"
Versucht er nun Julien aufzumuntern.

Er setzt sich auf die Bettkante und seine Hand kommt auf Juliens Handrücken zum liegen.
Ju schüttelt nur wortlos den Kopf.

„Das wird schon"
Lächelt der Pfleger ihn an

Jaja der hat gut reden. Immerhin liegt er ja auch nicht hier. Der hat sein Leben ja noch vor sich, denkt Julien.

„ich hab gehört sie bekommen heute noch Besuch?"
Versucht der Pfleger es erneut.

Julien nickt.
Er weiß, dass der Pfleger nun ein Gespräch aufbauen wird. Jener hat sich bereits wieder von der Bettkante erhoben und schiebt nun eine Blutdruckmanschette um Jus arm. Der Druck um Jus Oberarm nimmt zu während der Pfleger die nächste Frage stellt, auf die Julien nur mit wenigen Worten antwortet.
Nach dem kurzen Smalltalk kommen dann die gleichen Fragen wie immer. „Frühstück aufgegessen?" „schon auf der Toilette gewesen?" „Nebenwirkungen?" und und und.
Julien beantwortet alle Fragen geduldig auch wenn die Antworten nicht immer so rosig sind. Nicht alles läuft nach Plan, was Jus Genesung angeht.

Gute zwei Stunden, Blutabnahme, tägliche Kontrolle der Körperwerte, Visite und Arztgespräch später, öffnet Rezo endlich schwungvoll die Tür. Er kommt alle drei bis vier Tage vorbei, wechselt sich mit den anderen ab. Denn aufgrund des allbeliebten Virus darf Ju nur einen Besucher am Tag empfangen.

„Juuuuuu wie gehts?!"
Rezo ist euphorisch wie immer.

Sofort hebt sich Jus Laune um einiges. Er grinst schon fast über beide Ohren.
Rezo macht es sich neben Ju im Bett bequem und kuschelt sich an seinen besten Freund. Nein, die beiden sind nicht zusammen aber die Verbindung zwischen den beiden wurde durch Jus Krebserkrankung um einiges gestärkt.

„Erzähl wie war dein Tag bisher"
Obwohl Rezo schon genau weiß, was die Antwort ist, stellt er diese Frage. Krankenhaustage sind eben nicht sonderlich abwechslungsreich.

Ne gute Stunde später laufen die beiden den Flur entlang Richtung Ausgang der Station. Rezo schiebt Jus Infusionsständer inklusive Überwachungsmonitor, und hat einen Arm um Jus Schultern gelegt. Natürlich tragen beide eine FFP2 Maske und wer hätte es anders gedacht, sind beide gekleidet mit Jogginghose und Hoodie.

Ihr Spaziergang führt die Beiden zum Kiosk, wo sie sich ein Brötchen gönnen. Geplant war noch ein Spaziergang durch den Krankenhauspark. Dieser jedoch wird von der imaginären To do Liste gestrichen. Denn Rezo erkennt, was Julien nicht wahrhaben möchte. Jus Kraft schwindet Tag für Tag.

Reumütig denkt Rezo an jenen Tag zurück. Damals noch konnten sie den kleinen Rundgang durchs Klinikgelände zu Fuß erledigen. Heute, knapp drei Wochen später, muss Rezo seinen besten Freund im Rollstuhl schieben. Jus Kraft reicht gerade noch so um vom Bett ins Bad zu kommen und wieder zurück. Ein Spaziergang, undenkbar.
Die Anzahl der Infusionen hat sich seither um einiges erhöht, während Jus Gewicht stetig absinkt. Vor einigen Tagen noch musste Julien Intensivmedizinisch überwacht werden, so kritisch war sein Zustand. Für Rezo bloß ein neuer Grund sich Sorgen zu machen, für Ju ist es ein neuer Grund nicht mehr an eine Genesung zu glauben.

Der gemeinsame Rundgang muss heute früher beendet werden als üblich. Heute beginnt eine neue Runde Chemotherapie.
Rezo hält Juliens Hand, als die Schläuche an seinen Port angeschlossen werden. Hierbei herrscht absolute Sterilität. Der Geruch von Desinfektionsmittel beißt sich in Jus Nase fest und feuert die Übelkeit regelrecht an. So kommt es, dass er sich bereits übergibt bevor die Chemo überhaupt begonnen hat. Zitternd und von allen Kräften verlassen lässt Julien sich ins Kissen zurückfallen. Er schließt die Augen während Rezo ihm mitfühlend über die Schulter streichelt.

Rezo ist überfordert. Klar er hat schon mit angesehen wie Ju die Chemo bekommen hat aber es ist jedes Mal aufs Neue schlimm. Er will sich garnicht ausmahlen wie das ganze für Ju sein muss. Mein bester Freund ist echt tapfer, denkt er währenddessen.
Aus müden Augen wird Rezo beobachtet. Die müden Augen gehören, wer hätte es gedacht, Julien. Tränen bahnen sich den Weg über seine Wangen. Im Hintergrund piept der Monitor. Für Rezo hört sich das piepen wie aus weiter Ferne an, so sehr ist er damit beschäftigt nicht selbst zu weinen. Ihn nimmt das alles verdammt mit. Aber Rezo will stark bleiben für Ju. Ju braucht ihn jetzt, das weiß er.

Rezos Arme legen sich schützend um Jus Oberkörper, als die Ärzte das Zimmer verlassen haben. Der Oberkörper in Rezos armen zittert und Rezo kann spüren, wie Ju weint.

„Du bist so tapfer, mein kleiner Kämpfer"
Spricht Rezo seine Gedanken aus.

Er bekommt lediglich ein Schluchzen als Antwort. Fester zieht Rezo die Arme um Ju. Er will ihn beschützen, vor allem was passiert und kommen wird.
Klar weiß Rezo, dass er das nicht kann aber er kann immerhin für Ju da sein. Mentales und physisches Händchenhalten sozusagen.
Julien ist unendlich dankbar für die Unterstützung, das weiß Rezo.

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Fertig ˙˙        [1241 Wörter]
Hoffentlich war der OS nicht zu traurig oder so 😅
Wie fandet ihr den Os?
Soll ich noch einen zweiten Teil dazu schreiben?

Julien Bam One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt