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Ich warf einen Blick auf die Uhr in meinem Zimmer.

19:43

Automatisch fing ich an zu lächeln und rollte mit meinem Schreibtischstuhl zum Fenster.
Die Sonne begann gerade unterzugehen, sodass die grünen Blätter der Bäume gold erschienen.
Mein Blick senkte sich nach unten.
Die weggeworfene Cola Dose, die sich am vorherigen Tag noch im Gras verbarg, lag jetzt mitten auf dem Kieselweg.

Ein weiterer Blick auf die Uhr.
Noch eine Minute und der bisherige lustlose, graue Tag würde vor Freude und Farben beinahe explodieren. Meine Hände begannen langsam zu schwitzen und ich sah in den Spiegel, den ich extra an der gegenüberliegenden Wand angebracht hatte, und guckte ob meine Haare saßen.
Ich leckte mir noch schnell über meine trockenen Lippen und sah dann erwartungsvoll aus dem Fenster.

Jede Sekunde sollte er kommen und obwohl sie sonst wie im Fluge vergehen, fühlte es sich an als ob die Zeit kurz stehen blieb und die Sekunden sich in Stunden verwandelten.

Meine Augen zuckten zur Seite.
Wie jeden Abend bewegten sich die Blüten der Blütensträuche etwas mehr, als nur allein durch den Wind, und zeigen so die Perfektion in Person. Diese wunderschönen blonden Haare und die sogar etwas im Dunkeln grün leuchtenden Augen. Heute trug er mal keine Jacke, sondern nur einen dunkelblauen Pulli.
Verständlich, weil es durch den baldigen Sommeranfang langsam wärmer wird.
Dazu eine perfekt sitzende schwarze Jeans als hätten die Götter persönlich diese Hose erschaffen. Und die farblich zu dem Pulli passenden Turnschuhe, die ich noch gar nicht kannte, musste er wahrscheinlich neu gekauft haben. Und sie gefiehlen mir sehr. Ich liebe seinen Geschmack. Sowie alles an ihm.

Er ist bereits vier Schritte gegangen und läuft gleich an der Parkbank vorbei, bei der ich bei dem was gleich kommt schon anfange zu grinsen. Es ist sozusagen das Highlight vom Highlight des Tages. Jeden Tag zur gleichen Zeit, am genau gleichen Kieselstein dreht er sich um und schaut zu meinem Fenster direkt in meine Augen. Mein Herzschlag verschnellert sich und genau wie jeden Tag vergesse ich kurz alles um mich herum und halte den intensiven Blickkontakt. Und was mich dabei am glücklichsten macht, sozusagen die zweite Kirsche auf der Schokoladentorte, er lächelt mich dabei an. Seine Lippen sind minimal geöffnet und, wie an jedem einzelnen Tag, lächle ich ehrlich zurück. Es ist kein Lächeln aus Verlegenheit oder ein gekünsteltes Lachen, damit sich dein Gegenüber besser fühlt.
Es ist echt. So echt und wahrhaftig wie ich hier stehe und diesem wunderschönen, perfekten Jungen in seine genauso perfekten Augen blicke.

Und wie verdammt nochmal jeden Abend muss dieses Gefühl, als würde ich gerade im Himmel schweben und ein zweites Leben anbrechen, enden. Seine Augen, sein Strahlen verlassen meine und meine Welt wird wieder eintönig und wertlos.

Jeden einzelnen Abend verschwindert er wieder auf der anderen Seite des Gebüschs und meine Augen warten sehnsüchtig auf den folgenden Tag. Sie warten sehnsüchtig auf die gleichen Sekunden und die gleichen einzelnen Kieselsteine.

{Through windows}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt