only a woman

KAPITEL 1

16.09, Freitag
„Falls ihr keine weiteren Fragen habt könnt ihr raus." sagt Frau Semml. Ich war gerade dabei meine Sachen zu packen um dann endlich in die Bücherei gehen zu können. Als ich grad dabei war aus dem Klassenzimmer zu gehen wurde ich von der Stimme meiner Lehrerin aufgehalten.

„Esma könnte ich kurz mal mit dir sprechen?" fragte sie mich. Ich nickte nur und lächelte sie freundlich an. Sie ist eine wirklich nette Frau aber wenn es um ihren Unterricht geht ist sie wirklich streng. Das finde ich aber auch gut so. Als ich vor ihrem Tisch stand fing sie auch schon an zu reden.

„Ich hätte eine Bitte, aber dafür muss ich erstmal wissen ob du nachmittags überhaupt Zeit hast." Ich muss kurz überlegen da ich sowieso schon bis 17 Uhr Nachmittags Unterricht habe und ich danach meistens in die Bücherei zum lernen gehe. Aber es wäre jetzt nichts dramatisches wenn ich einmal nicht hingehe, und außerdem habe ich am Wochenende gar keine Schule und die Bücherei hat Sonntags geschlossen.

„Es kommt an den Tag an." sage ich und blicke sie fragend an, weil ich ihre Bitte wissen will.

„Wir haben einen neuen Schüler. Er ist erst seit einer Woche in Deutschland. Er war davor mit seiner Familie in Spanien und geht jetzt in die 8te Klasse. Er war in Spanien auch auf einer guten Schule und seine Noten sind auch gut. Jedoch ist sein Deutsch natürlich nicht so gut. Der Junge ist mir in einer Woche schon lieb geworden, und ich möchte ihn wegen Deutsch nicht durchfallen lassen. Ich dachte mir das du ihm vielleicht Nachhilfe geben könntest. Du bist eine sehr gute Schülerin und ich denke nicht das wenn du zweimal in der Woche zu ihm gehen würdest für eine Stunde das es deine Noten nicht beeinflussen wird. Du bist auch gut in Deutsch und außerdem hatte ich mir dich für diesen Job ausgesucht, weil dein Spanisch auch sehr gut ist und falls er dich mal nicht verstehen sollte du einfach auf Spanisch es ihm erklärst." erzählt sie mir. Also mit sowas habe ich nicht gerechnet. Sie merkt wohl das ich etwas überfordert bin, denn sie fügt noch schnell hinzu das ich natürlich überlegen kann ob ich sowas machen möchte und sie mit der Familie vom Jungen schon geredet hat und die es auch gut fänden wenn ihr Sohn Nachhilfe bekommt. Aber bevor sie weiter reden kann bejahe ich schnell.

„Ja Klar. Das ist kein Problem für mich. Ich bin sogar froh das sie mich ausgesucht haben da ich sowieso auf der Suche nach einem Minijob war. Und ich denke nicht das es kein Problem für mich wäre für 2 oder 3 Stunden in der Woche zu ihm zu gehen. Und so wie sie erzählen scheint er ja ein wirklich lieber Junge zu sein da wäre es wirklich schade ihn wegen Deutsch durchfallen zu lassen."

„Ach da bin ich aber jetzt wirklich erleichtert das du zustimmst. Ich gebe dir schnell die Nummer seiner Mutter. Mit ihr kannst du dann alles noch genauer besprechen. Ach und noch etwas. Ich habe der Familie nicht gesagt das du Spanisch kannst. Die Familie hätte ihm bestimmt erzählt das du Spanisch kannst, und ich denke das wenn Niklas wissen würde das du Spanisch kannst das er es nicht mal versuchen würde Deutsch zu reden. Aber falls ihr im Notfall gar nicht miteinander kommunizieren könnt, dann wissen sie ja wie sie sich verständigen können" erklärt sie während sie ein kleines weißes Blatt herausholt und die Nummer von der Mutter des Jungen aufschreibt der wahrscheinlich Niklas heißt.

„Ich muss jetzt leider schon los und die Kinder vom Fußball Training abholen. Ruf dort einfach an ja? Wir sehen uns am Montag Esma, und vergiss ja nicht die Deutsch Hausaufgaben!" sagt sie während sie mir den Zettel in die Hand drückt ihre Sachen nimmt, und aus der Tür eilt.

Ich stehe nur blöd da mit dem Zettel immer noch vor ihrem Tisch und sehe ihr nach. Ich stecke den Zettel in meine Jackentasche und mache mich langsam auf den Heimweg. Eigentlich wollte ich ja zur Bücherei aber ich habe keine Lust mehr. Nach Hause möchte ich eigentlich auch nicht aber wo soll ich sonst hin? Ich gebe mir überhaupt keine Mühe mich zu beeilen. Im Gegenteil. Ich gehe ganz langsam.