Kapitel 35

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Sandras Sicht

Warum nur bin ich so unglaublich nervös? Dumme Frage, ich weiß, warum ich so nervös bin, immerhin hat Lena mich mitten in der Nacht angerufen, weil sie mich sehen will und ich habe mich natürlich auch direkt, so wie ich bin, ins Auto gesetzt und bin nun auf dem Weg zu ihr....In Jogginghose und Hoodie.

Ich weiß, dass sie bis eben auf einer Party von einer Freundin war und auch, dass sie eigentlich bei Marlon übernachten wollte. Ich muss sie gleich nochmal fragen, ob etwas passiert ist, denn es kommt mir doch ein wenig seltsam vor. Natürlich freue ich mich darüber, keine Frage, aber ich spüre einfach, dass da irgendwas nicht stimmt.

Oder sollte ich es einfach so stehen lassen? Ich meine, wann werden wir mal wieder die Möglichkeit haben, gemeinsam etwas Zeit zu verbringen, ohne uns Sorgen machen zu müssen, dass uns jemand sehen könnte...ich würde diesen Moment, mit meiner Frage, eventuell zerstören. Das kann ich nicht machen. Die Gefahr, dass ich irgendetwas falsch mache, ist sowieso schon ziemlich hoch, da ich überhaupt nicht weiß, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. Ich weiß nicht, was sie von mir erwartet und auch nicht, was ich von ihr erwarte. Wir werden zum ersten Mal privat Zeit zusammen verbringen und das sorgt im Moment für ein ziemliches Chaos in meinem Kopf, sodass ich mir gerade wie ein Teenager vorkomme... Verrückt.

Als ich in die nächste Straße einbiege, fällt mir Lenas Erscheinung sofort ins Auge. Ihr Outfit ist anders als sonst, eher ein wenig ... rebellisch, denn sie trägt dunkle Dr Martens, eine schwarzrot karierte, sehr eng anliegende Hose, ein weißes Shirt mit V Ausschnitt und einen schwarzen Sweatblazer dazu. Sie steht unter einer Laterne und lehnt mit den Händen in den Taschen daran. Gern würde ich diesen Anblick einfach weiterhin auf mich wirken lassen, doch scheinbar hat auch sie mich bereits erkannt, denn sie winkt mir zu und kommt mir freudestrahlend entgegen. Mit ihr auf einer Höhe bringe ich meinen Wagen zum Stehen und keine Sekunde später sitzt Lena auch bereits neben mir. Mit der frischen Brise, die von draußen herein weht, kommt mir abgesehen von einem äußerst gutriechenden Parfümduft, auch ein recht starker Schnapsgeruch entgegen, der mir in die Nase steigt, als sich Lena gerade zu mir herüber beugt.

„Ich freu mich sehr dich zu sehen, aber bevor du mich begrüßt, solltest du einen davon nehmen." sage ich und muss lachen, als sie mich total perplex ansieht.

„Shit, so schlimm? Entschuldige..." sagt sie schließlich, nimmt einen Fishermans aus der Verpackung, schiebt ihn sich in den Mund und lehnt sich in den Sitz zurück mit dem Blick nach draußen gerichtet.

Ich greife nach ihrer Hand, die sie auf ihrem Oberschenkel abgelegt hat und drücke sie sacht, bis sie mich wieder ansieht. Sie sieht müde aus und als würde sie etwas beschäftigen. Sollte ich sie vielleicht doch fragen, was los ist?

Gerade als ich zu einer Frage ansetzen will, lächelt sie mich an und sagt: „Lass uns hier verschwinden." Und schon ist der Gedanke wieder verworfen. Ich lasse ihre Hand los, nicke nur kurz und setze dann den Wagen wieder in Gang. Schweigend sitzen wir einige Minuten nebeneinander, bis Lena vorsichtig ihre Hand auf meinen Oberschenkel legt und mich von der Seite beobachtet. Ich spüre genau, wie sie mich ansieht und damit ein Kribbeln durch meinen ganzen Körper jagt. Sie grinst, als sie bemerkt, wie angespannt ich bin und wie nervös sie mich mit ihrer Berührung macht.

„Sag mal... machst du dich über mich lustig?" frage ich sie und werfe ihr einen gespielt finsteren Blick zu, woraufhin sie zu lachen beginnt und ihre Hand wieder von meinem Oberschenkel nimmt.

„Nein das nicht. Du bist nur so unglaublich süß, wenn du nervös bist."

Zum Glück sind wir am Ziel angelangt, denn das kann ich so nicht auf mir sitzen lassen. Ich parke das Auto in der Auffahrt, stelle den Motor ab und löse meinen Gurt, bevor ich mich zu ihr herüber beuge und sie nah genug an mich heran ziehe, um sie küssen zu können. Ein erstauntes und dennoch genießerisches Mmmm entweicht ihrer Kehle. Kurz darauf legt sie ihre Hände an meine Wangen und steigt in den Kuss mit ein.

Eine Stimme zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt