Kapitel 6

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Die Abendsonne strahlte in mein Gesicht. Alle Gliedmaßen von mir gestreckt lag ich auf dem Rasen vor der Sporthalle. Kags lag neben mir und döste vor sich hin. Die letzten vier Tage Trainingslager zogen an unseren Muskeln und ich war froh, endlich mal eine ruhige Minute zu haben. Heute Abend würde ich definitiv in den Onsen hier gehen.

»Der Schnellangriff verliert immer mehr an Effektivität. Gegen Nekoma und Seijoh wirkt es gar nicht mehr«, murmelte Tobio neben mir. Ohne auf eine Antwort zu warten, redete er einfach weiter. »Kuri, ich würde da gerne was ausprobieren. Es wird eine Weile dauern, aber ich bin sicher, dass es klappen wird.«

Interessiert richtete ich mich auf. »Dir ist eine Lösung eingefallen?«, fragte ich. Ich hatte auch schon über einen neuen Angriff nachgedacht, doch eingefallen ist mir nichts Brauchbares. Auch Kags stützte sich auf seine Unterarme, sah aber in die Ferne. »Ich habe mal gesehen, wie ein Setter den Ball so zugespielt hat, dass er am Schlagpunkt seinen höchsten Punkt erreicht und dann quasi runterfällt«, erklärte er mir.

»Das Training wird hart.« Er nickte. »Wenn wir einmal angefangen haben, bringen wir das auch zu Ende, klar?« Wieder ein nicken. Ich grinste. »Gut, dann komm. Wir haben viel vor uns«, wies ich ihn an und stand ätzend auf. Kageyama ließ sich zurück auf seinen Rücken fallen, stand aber letztendlich auch auf.

Die Halle war bis auf vereinzelte Ausnahmen leer. Ich lief zum Abstellraum und holte den zweiten Ballwagen. Einen Ball warf ich zu Kags, einen anderen legte ich auf gleicher Höhe, wie seine Position auf den Boden. »Du solltest zuerst bestimmte Punkte treffen, bevor du mir zuspielst«, sagte ich. Mit einer Geste zeigte ich an, dass ich ihm den Ball nun zuspielte.

Der Ball ging in einer Linie nach oben und fiel erst weit hinter dem angewiesenen Punk zu Boden. Ohne weiter darauf einzugehen, warf ich den nächsten Ball.

Mittlerweile war es mitten in der Nacht. Wir trainierten also schon seit vielen Stunden ohne Pause. Sogar das Abendessen hatten wir ausfallen lassen. Aus diesem Grund kamen bereits viele besorgte Gesichter vorbei, die wir allerdings einfach ignorierten. Selbst Shirabu hatte einige Minuten mit verschränkten Armen in der Tür gestanden. Doch schlussendlich haben alle uns in Ruhe gelassen und müssten mittlerweile schon schlafen.

Ich warf Kags einen Ball gegen den Hinterkopf. »Na komm. Lass uns aufräumen, wir machen morgen weiter«, sagte ich. In diesem Zustand brachte es sowieso nichts weiter zu trainieren. Kags nickte ergebend und schlürfte zu den Bällen, die auf dem Boden verteilt lagen.

Wie erwartet, schliefen alle schon, als wir in den Schlafraum kamen. So leise wie möglich zog ich mich um. Mit Jogginghose und einem zu großen Shirt legte ich mich auf den Futon. Die leisen gleichmäßigen Atemzüge der anderen drang an meine Ohren.

Tobio, der neben mir lag, grummelte leicht, ein Zeichen dafür, dass er bereits eingeschlafen war. Er hatte von früh bis spät abends trainiert, da war das kein Wunder. Ich drehte mich auf den Bauch und schloss meine Augen.

Nachdem ich eine halbe Stunde mich unruhig hin und her gewälzt hatte, gab ich es auf und setzte mich auf. Ich zog mein Handy unter dem Kopfkissen vor. Halb eins. Kurz überlegte ich, was ich nun machen sollte, stand nach einer Weile aber auf. Frische Luft konnte mich sicher runterbringen.

Auf dem Dach des Gebäudes gab es ein paar Bänke, wo man sich hinsetzen konnte. Also steuerte ich diesen Platz an. Ich öffnete vorsichtig die schwere Tür und sofort knallte die kühle Luft mir entgegen. Gerade, als ich umdrehen wollte, um mir eine Jacke zu holen, sah ich im Augenwinkel, dass ich nicht alleine war.

Dort, am Rande des Daches, stand der Kupferblonde mit dem schrägen Pony. Ohne es zu merken, trugen mich meine Beine zu ihn. »Konntest wohl auch nicht schlafen«, begrüßte ich den anderen. Shirabu schien so in Gedanken versunken zu sein, dass er mich nicht gehört hatte, denn er zuckte bei meinen Worten stark zusammen. Sein Kopf schoss in meine Richtung und sah mich überrumpelt an. Es dauerte eine Weile, bis er sich gesammelt hatte.

»Tendou redet im Schlaf«, sagte er und wand sich wieder von mir ab. Ich musste leise lachen. »Ja, das passt irgendwie zu ihm.« In den vergangenen Tagen konnte ich die Teammitglieder der anderen Schulen besser kennenlernen. Besonders die Shiratorizawa-Jungs sind mir stark ans Herz gewachsen.

»Und du? Was bringt dich hier her?«, fragte er nach einer Weile der Stille. »Tobio und ich haben bis vor Kurzem noch trainiert und jetzt konnte ich nicht einschlafen. Also wollte ich frische Luft schnappen«, erwiderte ich. »Das hab ich gesehen.« Dabei zeigte er auf die Halle, die man von hier aus gut sehen konnte. Durch die vielen Fenster hatte man eine gute Sicht auf das Innere.

»Sag bloß, du hast uns beobachtet?«, stichelte ich im Scherz. Doch Shirabu wurde unerwartet rot im Gesicht. Was hatte er denn jetzt? Mein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. »Ach Sweetheart, sag doch, wenn du dich nach meiner Gesellschaft sehnst.« Der Setter schnaubte nur verächtlich. Ich schlang meinen linken Arm um ihn und zog ihn so etwas näher zu mir. »Sonst bist du doch auch nicht so schüchtern«, hauchte ich in sein Ohr. Eine Gänsehaut zog sich über seinen Körper.

Shirabu drehte sich in meiner Umklammerung und sah mir tief in die Augen. Sie sind wirklich wunderschön. Mein Blick rutschte eine Etage tiefer und blieb bei seinen leicht geöffneten Lippen hängen. Zu gerne hätte ich diese jetzt auf mir gespürt. Mein Gesicht kam dem von meinem Gegenüber immer näher, doch da hatte ich die Rechnung ohne meinen Magen gemacht. Denn der gab gerade Walgesang von sich. Überrumpelt sah ich zurück in die braunen Augen vor mir.

Plötzlich begann er zu lachen und verdammte scheiße war das ein schönes Geräusch. »Du hättest lieber zu Abend essen sollen«, lachte er. »Komm, lass uns dir was zu essen holen«, sagte er und nahm meine Hand in seine. Ich ließ es einfach über mich ergehen und lief hinter ihm her.

In der Küche angekommen ließ er meine Hand los und schaltete das Licht an. Mit sicheren Schritten lief er zum Kühlschrank und holte einige Sachen raus. »Was machst du schönes?«, versuchte ich in Erfahrung zu bringen, doch Shirabu schüttelte nur den Kopf. »Das erfährst du noch früh genug«, gab er zurück.

Ich setzte mich auf den Barhocker, der neben der Kücheninsel stand, stapelte meine Arme übereinander auf den Tresen. Meinen Kopf legte ich auf meine Arme und sah in dieser Position dem schönen Setter beim Kochen zu.

Nach zehn Minuten wurde ein Teller mit gestapelten Pancakes vor mein Blickfeld gestellt. Sofort nahm ich das Besteck in die Hand und steckte ein großes Stück in meinen Mund. »Wow das schmeckt ja mega gut!«, rief ich mit vollem Mund. Mit großen Augen sah ich zu Shirabu auf. »Ich wusste gar nicht, dass du so gut kochen kannst!«

Er schmunzelte leicht. »Das wissen auch die Wenigsten«, gab er zu. »Ich habe das Kochen schon früh von meiner Mutter beigebracht bekommen.« Gedanklich dankte ich seiner Mom, dass ich dank ihrer Erziehung jetzt so leckeres Essen genießen konnte.

Wir redeten noch eine Weile, bis wir beide aufgegessen hatten. Ich wusch gerade die dreckigen Teller ab, als neben mir ein Gähnen zu hören war. »Wir sollten langsam ins Bett gehen. Morgen stehen wieder viele Spiele an«, sagte ich. Shirabu brummte zustimmend und stellte sich hinter mich. Seine Stirn drückte gegen meinen Rücken und seine Arme ließ er einfach an sich runter baumeln.

Vorsichtig drehte ich mich um und schlang meine Arme um seine Taille. Sein Kopf kippte sofort gegen meine Schulter. »Los, Sweetheart. Sonst schläfst du mir hier noch im Stehen ein.« Brummend richtete er sich auf und schliff mich an der Hand hinter sich her.

Loving you's a Bloodsport - Shirabu x male OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt