3. Freie Seelen und gefangene Körper

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David holte schweigend zwei Kerzen und zwei weisse Laken. Er bedeckte die Gesichter ihrer Liebsten und zündete die Kerzen an, sie symbolisierten ihre Seelen die sich noch im Raum befanden. Er stellte sie neben ihren Köpfen ab. Isaak setzte sich ebenfalls schweigend zu ihm und stimmte ein Gebet an. Es hatte keinen Sinn die Polizei zu rufen. Richard Schneider war ein geschätztes Mitglied der Partei und ein hochrangiger Offizier der SS. Er hatte seinen verkommen Sohn bis jetzt aus allem heraus geboxt und würde es wieder tun. David weinte unkontrolliert. Isaak musste, das Gebet immer wieder unterbrechen, weil seine Stimme so sehr zitterte. Als er es beendet hatte stand David auf und öffnete das Fenster. Damit ihre Seelen ihre Leiber verlassen konnte. Egal was sein Vater sagte in diesem Moment, schwor er Rache. Isaak und David baten einige Mitglieder, der Synagoge, um ihre Hilfe. Sie hatten keinen Zufluchtsort für ihren Glauben mehr, die Synagoge war vor einigen Tagen niedergebrannt worden und es hatte keinen, außerhalb der jüdischen Gemeinde, geschert. Paul hatte sich nach draußen geschlichen. Sein Vater versuchte ihn im Augen zu behalten, aber er hatte viele Verpflichtungen und dies gestaltete sich schwierig. Allerdings übernahmen diese Aufgabe Wilhelm nur zu gerne. Er musste vorsichtig sein! Er sah, dass öffne Fenster und rief nach David.
,, David, bist du da?" Paul hatte schlechte Nachrichten. David sah hinaus. ,, Paul meine Mutter und meine Schwester wurden ermordet. Ich brauche Zeit, ich bitte dich."
,, David, sie haben euren Laden niedergebrannt." Isaak stürmte zum Fenster. ,, Was sagst du da? Hast du keinen Anstand?! Ich trage eine geliebte Frau und mein Kind zu Grabe! Und du musst mir auch noch diese Nachricht unterbreiten?!", fragte er bitter. Er glaubte, dass Paul eine morbide Freude daran empfand. David sah Paul mitleidig an. Ihm war bewusst, dass dahinter keine böse Absicht steckte. ,, Vater, bitte. Paul ist nicht wie die. Er hat es nicht so gemeint." Paul sah beschämt in das von Trauer und Wut zerfressene Gesicht von Davids Vater. ,, Es tut mir mir schrecklich leid. Ich möchte ihnen mein Beileid aussprechen. Ich wollte nicht taktlos sein Herr........", er schwieg. ,, Blum, Isaak Blum ", sagte er in Gedanken verloren. Ihm schossen Bilder durch den Kopf von seinem ersten Treffen mit Lana. Von ihrer Hochzeit. Wie sie ihm mitteilte, dass sie ein Baby bekommen würden und wie David freudestrahlend sein kleines Schwesterchen im Krankenhaus anlächelte. Er wandte sich, mit Tränen gefüllten Augen ab und zog sich zurück. Ich brauchte einen Moment für sich. Es klopfte an der Tür. Es waren einige Männer und Frauen, die einst die selbe Synagoge besucht hatten wie die Familie Blum. David war erleichert, dass sie ihnen tatsächlich zur Hilfe geeilt waren. Isaak war ein geschätztes Mitglied, der Gemeinde gewesen, bevor all das begonnen hatte. ,, David, können wir bitte kurz reden." David ließ die Helfer herein und traf draußen auf Paul. David zog Paul hinter das Haus und warf sich weinend in seine Arme. Paul drückte ihn fest an sich, dann hob er sanft David Kinn an, damit er ihn ansehen konnte. Er gab ihm einen sanften Lippenkuss. ,, Das ist wie ein nie enden wollender Albtraum aus dem es kein Erwachen gibt. Dieser Verrückte bekommt immer mehr Einfluss die Menschen lieben ihn regelrecht, als wären sie alle geblendet. Dabei ist er nur ein sich selbst hassender Mann der durch das Abschlachten von Menschen versucht eben diesen Selbsthass zu kompensieren. Nur ein paar wenige sehen noch was wirklich vorgeht, wie du. Paul, ich habe Angst. Es wird immer schlimmer.......alles wird immer schlimmer." ,, Ich muss dir etwas sagen, David ", flüsterte Paul ihm beschämt zu. David sah auf und ihn Pauls panische Augen. ,, Ich will es nicht wissen!", flüsterte David ihm zu. ,, David es ist sehr wichtig!", erwiderte Paul aufgeregt. Seine Stimme zitterte. Er zog David in seine Arme und kämpfte mit seinen Tränen. ,, Paul, ich bin so müde. So verdammt müde. Ich kann nicht noch mehr davon ertragen. Ich muss nur wissen, ob du bei mir bleiben willst, wenn .......wenn es schlimmer wird. Ich will nichts aus deinem schönen Mund hören außer ich liebe dich, denn ich tue es. Ich liebe dich, Paul." Paul wollte ihn nicht noch mehr belasten, aber sein unerträgliches Geheimnis brannte ihm in der Seele. Wie sollte er unschuldige Menschen, in diese Folterkammern bringen. Sie wie Vieh behandeln und ihnen das nötigste absprechen, wie Nahrung, medizinische Versorgung und sie arbeiten lassen bis sie tot umfielen. So ein Mensch konnte und wollte er nicht sein. All dies nur, weil sie einer Religion angehörten?! Sie waren nicht Mal alle von einer Nationalität, was in Pauls Augen auch nichts daran geändert hatte. Noch nie hatte er sich so sehr gewünscht, dass er hätte in die Zukunft reisen können, um dort zu bleiben. Doch wenn dieser Verrückte seinen Plan umsetzen könnte, wäre diese wohl von einem Ausmaß des Schreckens, dass er sich nicht vorstellen konnte. ,, Paul?", fragte David besorgt, da er schon seit einigen Sekunden schwieg und völlig in seinen Gedanken verloren war.
,, Ich liebe dich, David. Ich werde beide dir bleiben und ich werde nicht zu lassen, dass dir etwas passiert." David lächelte Paul erleichert an und zog ihn erneut in seine Arme. ,, Wenn du bei mir bist. Ist es für einen Moment so als würde die Welt stehen bleiben. Als würde als das nicht passieren." Paul erwiderte sein Lächeln. ,, Ja, mir geht es genauso." Er hielt David in seinen Armen und sein Herz wurde immer schwerer in seiner Brust. Seine Kehle schnurrte sich zu. Was würde passieren, wenn David davon erfahren würde? Zu was für grausamen Taten würden diese Monster ihn zwingen, wenn er seine neue Anstellung antreten würde.
,, David, lass uns davon laufen. Einfach weg. Es gibt doch eh nichts mehr was uns hält ", flüsterte er David flehend zu. ,, Ich kann meinen Vater nicht alleine lassen, Paul. Außerdem kommt unsere Familie uns holen. Sie brauchen noch eine Weile. Es ist nicht so einfach. Vielleicht kannst mit uns kommen?" Paul seufzte verzweifelt und nickte. Er kam nicht um all das herum. Sein Vater war dem Führer treu ergeben, wenn er sich verweigerte, würde er mit Sicherheit preisgeben, dass Paul homosexuell war und dann wurde es ihm an den Kragen gehen. Von seinem Vater gab es kein Mitleid zu erwarten. Früher hatte er Wilhelm und ihn oft mit dem Gürtel oder dem hölzernen Kochlöffel verprügelt, wenn sie nicht spurten. Heutzutage schlug er sie mit seinen Fäusten. Diese Menschen taten ihm unendlich leid, aber er wollte auch nicht an ihre Stelle geraten. ,, Paul, willst du mit nach oben kommen und meine Familie verabschieden?", fragte David mit Tränen in seinen schönen tiefbraunen Augen, die schon viel zu viel Leid erfahren mussten, mehr als eine Person ertragen konnte. All das Leid, dass er innerhalb von Monaten oder Jahren durchlebte, mussten manche in ihrem ganzen Leben nicht ertragen. ,, Ich glaube nicht, dass dein Vater sehr begeistert davon wäre ", sagte er kleinlaut. David sah ihn stur an. ,, Sie waren auch meine Familie. Meine Mutter und meine kleine Schwester. Ich habe sie auch geliebt!", schrie er außer sich vor Wut, doch diese galt nicht Paul. Sie galt, der Ungerechtigkeit der Situation. Und der Farce, die sein Dasein mittlerweile geworden war. Isaak sah aus dem Fenster. ,, David, wo bist du? Er trat unter das Fenster und sah seinen Vater an. ,, Bring ihn ruhig her, aber versprich, dass er kein Wolf im Schafspelz ist." David schüttelte seinen Kopf. ,, Paul ist ein guter Mensch, Papa. Er ist ein Zweifler ", sagte er und versuchte das Ende etwas leiser auszusprechen. Zweifler nannten David und sein Vater Menschen, die sich nicht von dem Wahnsinn von Hilter beeinflussen ließen und hinterfragten, ob all seine Anschuldigungen und Behauptungen der Wahrheit entsprächen. Menschen die zu dem Schluss gekommen waren, dass dies nicht der Fall war! Menschen die ihnen immer noch zur Seite standen, wenn auch nicht aktiv, dann zumindest mental. David nahm Paul an der Hand und brachte ihn nach oben. Paul erschrak, als er die Leichen am Boden liegen sah. Nur ihre Köpfe waren mit weißen Tüchern bedeckt. Er hielt Davids Hand fest gedrückt, aber Isaak störte sich nicht daran. Es war gerade zu unwichtig was andere von ihm dachten und außerdem zählte nur, dass sein einziges lebendes Kind glücklich war.
P

aul kniete sich neben die beiden verblichenen und faltete seine Hände zu einem Gebet. Isaak wollte ihn aufhalten, doch David flüsterte ihn zu:,, Vater er betet für ihre Seelen. Es ist eine Geste der Wertschätzung und Güte." Isaak nickte nur. David setzte sich neben Paul und begann ebenfalls zu beten. So saßen sie beisammen, in einer kuriosen Symbiose des evangelischen und jüdischen Glaubens. Der Trauer und des Leides, welche sich doch für jeden gleich anfühlte und sie miteinander verband. Paul brach in zügelloses Weinen aus. Sein Körper bebte und zitterte. David griff erneut nach seiner Hand und Paul beruhige sich etwas. Er war in Gedanken bei seiner geliebten Mutter. Sein Vater war so kalt und herzlos geworden seit er seine Frau verloren hatte. Er hatte sie abgöttisch geliebt. Er verstand Davids Leid nur zu gut und doch konnte er es nicht ganz erfassen, denn seine Mutter war einer schrecklichen unvorhersehbaren Krankheit erlegen. Doch seine Mutter und seine Schwester waren ihnen geraubt worden, durch das Monster, dass sein eigener Bruder war. Wilhelm widerte Paul an und es beruhte auf Gegenseitigkeit. Er wurde ihn niemals schützen. Er ersehnte Wilhelm Tod. Wenn David davon erfahren würde, konnte Paul ihn wohlmöglich verlieren, was nur noch mehr Hass in ihm schürte. Plötzlich brach David zitternd und wimmernd zusammen. Paul fing ihn auf und hielt ihn fest an sich gedrückt. Er flüstere ihm zu, so leise, dass keiner außer ihnen beiden was wahrnehmen konnte:,, Ich liebe dich. Ich brauche dich. Ich werde tun was ich kann, um dich zu schützen." David lag nur in seinen Armen und genoss seinen Trost.

Der Mann der einen Juden liebteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt