Kapitel 4

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Darvyn,
Keine Sorge. Es geht mir gut.
In letzter Zeit ist nur sehr viel auf einmal passiert und ich brauchte ein paar Tage, um meinen Kopf frei zu bekommen.
Doch jetzt ist alles wieder in Ordnung.
WIRKLICH.
Ich kann förmlich sehen, wie deine Augenbraue nach oben geht.
Es geht mir gut.

In Liebe, Aiya.

Im Normalfall schrieb ich Darvyn Seitenlange Briefe über alles mögliche. Ich erzählte ihm einfach jedes Detail meines Lebens. Von meinem Frühstuck bis hin zu den Menschen, die ich traf.
Und er erzählte mir alles. Von seinem Frühstück bis hin zu den Menschen, die er traf.

Mein Bruder beutete mir alles.
In der schwersten Zeit meines Lebens, war er der einzige, der mir bedingungslos zur Seite stand und mich durch alles begleitete.
Er tröstete mich, wenn ich traurig war. Lachte über meine Witze, die alles andere als witzig waren und vor allem glaubte er mir.

Rückblick

Meine Augen schweiften den Sonnenuntergang entlang, der sich außerhalb des kleinen Zimmer niederließ, in dem ich wartete.
Seine Farben bestanden aus Orange und Gelbtönen, die sich schließlich in ein dunkles weinrot verwandelten.

Blut.
Es erinnerte mich an Blut.

Wie es wohl draußen sein mag? Vielleicht war es ja noch warm?
Ich wusste nicht mehr, wann ich das letzte mal frische Luft atmete. Wahrscheinlich sind es 5 Monate. Das Gefühl von Zeit verlor ich schon vor längeren.

Ich regte mich kein bisschen als ich hörte, wie die Türen aufgeschlossen wurden und zwei große, starke Männer sich an den Wänden positionierten. Wächter. Ich hasste sie.
Danach betrat mein Bruder den Raum.
Ich wäre gerne aufgesprungen und hätte mich in seine Arme gestürzt, doch bewegte mich keinen Zentimeter.

In Darvyns Hand war ein wunderschöner kleiner Blumenstrauß. Eine paar Gänseblümchen, rosane Chrysanthemen, Löwenzahn und eine gelbe Tulpe.
Er musste ihn wohl selbst gepflügt haben, schoss es mir in jenem Moment durch den Kopf.
Ich war immer noch starr, doch mein Herz wurde ein wenig wärmer.

„Hey",begrüßte er mich betrübt und kam langsam auf mich zu. Eine Wache hielt ihn auf. „Höchstens 6 Meter, Sir".
„Sie ist kein Tollwütiges Tier!".
Ich schaute wieder auf den Sonnenuntergang.

„Ich hatte auf eine Vase gehofft, doch anscheinend sind die nicht erlaubt. Jemanden könnte sich ja damit die Pulsandern durchschneiden". Mit den Worten kam auch ein nicht erst gemeintes Grinsen.

Eine Sekunde habe ich daran gedacht meinen Mund zu öffnen und etwas zu sagen.
Eine Sekunde lang wollte ich reden.
Verdammt.
Ich wollte schreien.
Doch alles was ich rausbekam war ein kleines „Schön".

Sie waren nicht schön. Nein. Sie waren mehr als das. Diese Blumen stammten von Draußen. Der Ort, an dem ich am liebsten sein wollte.

„James, Nathaniel, Elijah und Alex haben den zusammengestellt. Jeder hat eine Blumenart dazugegeben".
Ich nickte stumm. Schon wieder.
„Nicht mehr lange, Rêveuse". Träumer. Das war ich schon lange nicht mehr.

Ich verdrehte die Augen über seine Aussage.
„Nicht mehr lange? Dein Ernst, Darv? Du nennst 15 Jahre nicht mehr lange? 15!". Meine Augen fingen vor Ärger an zu tränen und ich machte einen Schritt weiter auf ihn zu.

Die Wächter kamen angerannt.
Ich tat das dümmste, was ich tun konnte.

Ich wehrte mich mit voller Kraft gegen ihre Griff, brüllte sie an und biss nach ihnen. Ich verlor die Kontrolle.

Darvyns Blick sagte mehr als Tausend Worte.
Erschütterung, Angst, Enttäuschung....
All das, was dein Bruder nicht von dir denken soll.

Danach wurde ich abgeführt und wurde zur Strafe 3 Tage in den dunklen Raum gesperrt.

𝐍'𝐨𝐮𝐛𝐥𝐢𝐞 𝐩𝐚𝐬 𝐝𝐞 𝐯𝐢𝐯𝐫𝐞, 𝐌𝐫. 𝐒𝐡𝐞𝐥𝐛𝐲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt