Kapitel 3

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Gott ich hasse Verwandtschaft.
Das ist das Erste, was mir in den Sinn kommt, als meine Tante, mein Onkel und mein Cousin aus dem Auto steigen.
Mom hat mich heute den ganzen Tag über mehr oder weniger gezwungen, ihr und Jada beim Herrichten der Gästezimmer zu helfen.
Außerdem haben wir das Schlafsofa in Jadas Zimmer bezogen und ich habe einige meiner Sachen zu ihr gebracht, damit ich, wie Mom es formuliert hat ‚Liz und Judah nicht ständig auf die Nerven gehe'.

Ich bin jetzt also mehr oder weniger aus meinem eigenen Zimmer verbannt, was meine Laune natürlich unglaublich hebt.
Jada piekst mich in den Rücken, weswegen ich mich fragend zu ihr umdrehe und damit meinen Platz, angelehnt an der Haustüre, verlasse.
„Was ist?"
Sie lächelt und deutet an mir rauf und runter.

„Du kannst wenigsten so tun, als würdest du dich freuen sie zu sehen. Mom bringt dich um, wenn du die ganze Zeit so grimmig schaust", sagt sie und versucht wohl, mich etwas aufzuheitern.
„Schon aber..."
Weiter komme ich nicht, denn Mom und Avelyn begrüßen sich lautstark und machen dabei andere Kommunikation unmöglich.

Ich persönlich hasse es, Verwandte zu begrüßen, denn ich weiß nie, wie ich es anstellen soll.
Händeschütteln ist zu förmlich, aber auf eine Umarmung bin ich auch nicht grade scharf.
Im Endeffekt mache ich es trotzdem, da ich einfach Jada kopiere. Bei meiner Tante und meinem Onkel läuft das Begrüßen daher relativ reibungslos ab, bei Chase wird es schon seltsamer.
Wir sind so verschieden geworden, dass wir seit Jahren kaum mehr als ein paar Worte wechseln, deswegen belassen wir es bei einem einfachen Lächeln und einem leisen „Hi."

Shiva tänzelt die ganze Zeit um uns herum, aber gottseidank sind unsere Verwandten tierfreundlich und begrüßen sie wie jedes andere Mitglied der Familie, sodass sie sich schon bald in den Garten zurückzieht und alle in Ruhe ankommen lässt.
Es wird noch ein wenig Smalltalk an der Haustüre geführt, dann lächelt meine Mom ihr perfektestes Lächeln.
„Also, kommt doch rein!", sagt sie unnatürlich übermotiviert und winkt meine Verwandten ins Haus.

Dad und ich stehen mit verschränkten Armen im Gang und betrachten kritisch, was meine Tante alles an Gepäck anschleppt.
„Sicher, dass sie nur bis Montag hierbleiben?", fragt Dad mit einem skeptischen Blick auf die Plastiktüten, die sich inzwischen im Gang stapeln.
Ich zucke nur mit den Schultern und will mich schon wieder in Jadas Zimmer zurückziehen, als Mom mich aufhält.
„Adriel! Komm, sei ein netter Junge und zeig Chase, wo er schlafen kann!", sagt sie und setzt ein zuckersüßes Lächeln auf, das ich zurückgebe.

„Natürlich Mom! Nichts lieber als das!", rufe ich mit ironisch überschwänglicher Stimme, doch es geht in dem Trouble, der gerade herrscht, unter, sodass es nur mein Vater mitbekommt.
Er wirft mir einen warnenden Blick zu und schüttelt den Kopf.
Heute nicht, will er mir damit sagen und ich verdrehe die Augen.
„Komm mit Chase", sage ich dann und bedeute meinem älteren Cousin, mir zu folgen.
Wie immer schläft er in unserem Mehrzweckraum, in dem noch ein altes Bett steht. Es ist eng, aber bisher hat er sich noch nie darüber beschwert und wenigstens hat er ein eigenes Zimmer, im Gegensatz zu mir.

Ich stehe dumm in Raum herum und schaue Chase an, weil ich nicht weiß, ob ich gehen soll, oder noch Smalltalk führen sollte, um nicht unhöflich zu wirken.
Mein Cousin hat sich verändert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Er ist gewachsen und ist jetzt deutlich größer als ich, außerdem trägt er seine Haare nicht mehr ganz so kurz wie noch vor ein paar Monaten.
Er hat zusätzlich eine neue Brille, die ihm ein weniger streberhaftes Aussehen verleiht.
„Also...", fange ich an, weiß aber eigentlich gar nicht, was ich sagen will. „Wie geht's dir so?"

Chase sieht mich überlegend an und zuckt dann mit den Schultern.
„Ganz gut würde ich sagen."
Das wars. Mehr sagt er nicht, weswegen ich mich mit einer leisen gemurmelten Entschuldigung umdrehe und ihn allein lasse.
Ich laufe direkt in meinen Vater rein, der in etwa so fertig aussieht, wie ich mich fühle.
„Ich weiß wirklich nicht, wie ich die nächsten Tage überstehen soll", murmelt er und zwinkert mir verschwörerisch zu.

My cousin's fiancéWo Geschichten leben. Entdecke jetzt