„Adriel? Kann ich dich kurz sprechen?"
Ich bin wenig überrascht als ich Judahs Stimme höre. Natürlich will er mit mir reden.
Seufzend schaue ich ihn durch meine Sonnenbrille hindurch an, wobei mir auffällt, dass er meinen nackten Oberkörper anstarrt.
Es ist warm heute, deutlich heißer als die letzten Tage, die erste Hitzewelle des Jahres hat endgültig begonnen. Da kann er mir wirklich nicht verübeln, dass ich ohne Shirt auf der Liege bin und mal wieder einen Kater auskurieren muss.Gut, ich hätte gestern Abend wirklich weniger trinken sollen, aber bei dem Anblick von Judah und Liz war es eben vorbei mit meiner Selbstbeherrschung.
Und Judah schien es ja ähnlich gegangen zu sein, schließlich war er derjenige, der mich geküsst hat.
Als ich heute Morgen aufgewacht bin wollte ich meiner Erinnerung zuerst keinen Glauben schenken. Ein böser Traum mehr nicht.
Aber als Judah sich dann so seltsam verhalten hat, war die Sachlage irgendwie klar.Er hat mich geküsst, obwohl er verlobt ist und hat mich dann stehen lassen.
Ich versuche seitdem, nicht allzu viel daran zu denken. Meine Erinnerung ist gottseidank leicht verschwommen, getrübt von Alkohol, sonst würde mir das wohl noch schwerer fallen, als es sowieso schon tut.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Judah sich räuspert und mich erwartungsvoll ansieht.
Stimmt. Er wollte ja reden.„Gut, von mir aus können wir reden. Aber nicht hier", sage ich und betrachte Judah.
Er sieht müde aus, aber die Augenringe machen ihn nicht weniger attraktiv.
Ganz toll.
Schnell stehe ich auf und laufe Richtung Haus, auch weil es mir in der Sonne schlicht und ergreifend viel zu warm ist.
Judah folgt mir, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Seit gestern ist er äußerst schweigsam.
Im Haus angekommen steuere ich direkt mein Zimmer an.Alle anderen sind momentan nicht da, also könnten wir theoretisch überall reden. Trotzdem – sicher ist sicher.
Ich setze mich auf mein Bett und sehe Judah erwartungsvoll an. Er läuft nervös hin und her, hat die Arme verschränkt und scheint ruhelos zu sein, bis ich die Stille unterbreche und ihn so zum Stoppen bringe.
„Hey. Willst du jetzt reden oder nicht?", frage ich ihn und er seufzt, bevor er sich neben mich auf mein Bett fallen lässt.„Ja. Will ich. Muss ich", sagt er und betrachtet mich von der Seite. „Weißt du, mir ist schon lange klar, dass ich nicht nur auf Frauen stehe. Aber ich bin treu, das musst du mir glauben", sagt er und klingt verzweifelt.
Ich schnaube ungläubig und drehe mich zu ihm, damit ich ihm in sein atemberaubend schönes Gesicht sehen kann.
Vielleicht nicht meine beste Idee.
„Du bist treu?", keife ich ihn dennoch an und werfe ihm einen bitterbösen Blick zu. „Klar, hat man gestern Abend ja gesehen. Du hast mich geküsst, verdammt! Wie weit wärst du gegangen? Du hast deine Verlobte betrogen! Erzähle mir nichts von Treue!"Ich weiß, dass ich unfair bin.
Ich weiß, dass ich nicht unschuldig bin.
Ich weiß, dass ich es genauso sehr wollte, wie er.
Aber das ist mir im Moment egal. Es ist so viel einfacher, ihm alle Schuld in die Schuhe zu schieben, ihn dafür verantwortlich zu machen, was gestern Nacht passiert ist.
Judah schweigt einfach nur, doch das macht mich nur noch wütender.
Ich muss es wissen. Ich bin kurz davor, Judah nochmals anzufahren, doch er kommt mir zuvor, indem er endlich etwas sagt.„Glaubst du, dass ich das will?", fragt er und hört sich ehrlich verzweifelt an, fährt mit seinen Händen durch seine lockigen Haare, eine Geste, die mich irgendwie ablenkt. „Glaubst du, dass ich Liz absichtlich mit dir betrüge? Ich will das nicht, aber du ziehst mich an! Wenn du in meiner Nähe bist, dann... dann ist mir das alles egal!", sagt er und ich schnaube erneut verächtlich, stehe dann auf.
„Das ist doch nicht normal! Wir kennen uns keine drei Tage!"
Meine eigene Feststellung nimmt mir den Wind aus den Segeln.
Seufzend lasse ich mich doch wieder neben Judah fallen, warte, bis sich mein Herzschlag wieder beruhigt, bevor ich weiterrede.
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My cousin's fiancé
Romance- ABGEBROCHEN - Adriel führt ein vollkommen unspektakuläres Leben. Er beginnt in wenigen Monaten sein Studium und wartet nur darauf, endlich aus seinem Elternhaus auszuziehen. Seiner Familie muss er immer wieder Perfektion vorgaukeln und auch seine...