Saure Tage

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POV Rosemaria

Eigenlob stinkt zwar, aber ich finde die Lebkuchen sind wirklich Klasse geworden. Ich hätte ja gerne selbst einen genommen. Aber vor dem König geht es ja nicht und jetzt darf ich nichts mehr zu mir nehmen. Sein Wort ist Gesetz.

Seit einiger Zeit sitze ich nun schon wieder in der Küche herum und schäle Kartoffeln. Der Magen knurrt. Plötzlich schnellt die Tür in die Küche auf und einer der königlichen Berater tritt ein mit fünf Soldaten im Gefolge. Prüfend sieht er sich in der Küche um, scheint die einzelnen Gesichter zu Mustern, bis er lautstark zu brüllen anfängt:

'Wer von euch verdammten Taugenichtsen hat dem König diese Lebkuchen zubereitet? Und wer hat sie ihm gebracht?'

Alle Augen richten sich auf den Berater und eine toten Stille stellt sich ein. Langsam drehen sich alle Augenpaare in meine Richtung, der Blick des Beraters folgt und seine Augen verengen sich zu Schlitzen.

'Du also.' presst er hervor. Da ich schon wieder kein Wort herausbringe nicke ich nur stumm.

'Soldaten. Festnehmen und Abführen!'

Meine Augen beginnen sich bei diesen Worten zu weiten, genauso wie die der anderen Mägde und Köche im Raum. Etwas in dieser Art ist noch nie vorgekommen. Haben ihm meine Lebkuchen nicht geschmeckt? Hab ich die kostbaren Zutaten verschwendet?

Zwei Soldaten kommen auf mich zu und umklammern meine Arme. Wie in Schockstarre zerren sie mich Richtung Ausgang. Was ist bloß los, hat er seine Meinung doch noch umentschieden und will mir doch physisch Schmerzen zufügen? Reicht ihm die Hungerstrafe nicht aus?

'Bringt sie in eine Einzelzelle im linken Kellerflügel.'

Was? Warum ausgerechnet dort? Das ist der schlimmste Teil im Kerker. Dort ist es am dreckigsten und stinkt angeblich furchtbar. Nach Angstschweiß, Urin und Verwesung. Allein bei dem Gedanken bricht bei mir auch der Schweiß aus und ich werde furchtbar nervös.

'B..bittte. B..bringt mich n..nicht dorthin. I..ich habe meine Strafe b..bereits erhalten. I..ich flehe euch an!'

Doch statt dass sich irgendetwas ändert ziehen die Soldaten mich weiter in die gleiche Richtung. Richtung linker Flügel.

'Verräter haben nichts anderes verdient!'
Herrscht der Berater mich an.

Doch ich verstehe nur noch Bahnhof.
'W..was? V..ver..räter? Ich? W..was soll ich denn getan haben?'

Der Berater spannt sich weiter an, in seinen Augen erkenne ich nur noch blanke Wut. Dennoch bemüht er sich ganz nach Etikette besonnen zu bleiben.

'Den König zu vergiften bezeichnet man jawohl als Verrat? Oder stimmst du mir da nicht zu?'

Was? Der König? Vergiftet? Und ich? Ich soll der Übeltäter sein? Wie denn? Ich kenn doch gar kein Gift. Noch dazu würde ich dem König nie etwas Schlimmes wollen. Trotz meiner Fehltritte. Aber an denen bin ich selbst Schuld. Und wie soll ich das angestellt haben? Ach ja. Die Lebkuchen. Fck. Aber ich hab doch nichts unnormales rein. Und ich hab sie auch nicht stehen lassen, als das jemand dort hingekonnt hätte.
Der linke Flügel ist nun erreicht und eine schwere Eisentür wird geöffnet, hinter welcher eine lange steile, mit Fackeln ausgeleuchtete Treppe wartet. Die Soldaten schubsen mich schon fast die Treppe hinunter. Da schaltet sich wieder der Berater ein.

'Hey! Passt auf. Sobald es dem König besser geht, wird er sich höchstpersönlich um die Bestrafung kümmern. Und glaubt mir, wenn ich sage, dass das die wahre Hölle für diese ehrlose Verräterin wird.'

Er lebt also noch. Zum Glück. Ich wünschte ihm nie den Tod. So sehr ich ihn auch fürchte, so sehr zieht er mich auch irgendwie an. Als ich diese Augen vor einigen Tagen im Bad sah, wurde ich wie verzaubert von ihnen. Gefährlich schön.
Aber eine Frage drängt sich mir an der letzten Zelle ganz hinten angekommen, noch auf...

'Verzeiht, wenn ich Frage, aber wie geht es euer Majestät aktuell?'

Grob werde ich in die Zelle gestoßen, eine Wache begleitet mich. Während sie mir an beiden Handgelenken Fesseln anlegt, wird mir geantwortet..

'Euer Hoheit schläft und hat hohes Fieber. Es ist nicht absehbar wann und ob er überhaupt noch aufwachen wird. Momentan ist er jedoch stabil. Sollte sich das jedoch zum negativen verändern, lass ich jeden einzelnen Mann hier unten mit dir machen was er will.'

Wow. Das war Mal eine Drohung. Es geht ihm also nicht so gut, dass er bald hier herunterstolpert. Aber sollte dieser Berater seine Drohung tatsächlich wahr machen bin ich komplett am Arsch. Keine Chance das ich hier lebend rauskomme.
Kaum haben die Soldaten den Raum verlassen und abgesperrt, schon verkürzen sich die Seile und mein Körper und ich baumeln an meinen Armen von der Decke. Die Mistkerle habe mich irgendwie von außen hochgezogen. Shit, das tut verdammt weh. Ich spür jetzt schon wie sich die Ketten in meine Handgelenke brennen.

Meine Gedanken rasen durch meinen Kopf, so schnell wie noch nie. Wie konnte das nur passieren? Warum ist der König vergiftet? Wo in der Kette liegt der Fehler? Welche der Zutaten war giftig? Wer würde dem König etwas Böses wollen? Oder war es ein Versehen? So viele Fragen...Keine Antworten.

Stunden führe ich jetzt schon diese Selbstgespräche. Immer spreche ich mit mir selbst, nie bekomme ich die richtigen Antworten. Das einzige was bleibt, ist die Frage "Was jetzt?". Vorerst bleibt nichts anderes als abwarten. Und hoffen und bangen, dass der König am Leben bleibt. Anderenfalls habe ich die Befürchtung, dass meine Chancen noch schlechter stehen. Entweder nur der Zorn des Königs, oder der aller Männer hier unten. Da fürchte ich die Männer fast noch mehr. Vielleicht lässt sich ja einen Plan schmieden, dem König bei dessen Genesung zu helfen. Wenn es um eine Vergiftung geht sollte ich da jemanden kennen. Ich muss praktisch nur einen Weg hier herausfinden. Was ja auch nur so gut wie unmöglich ist.

Weitere uneinschätzbare Zeit verstreicht bis sich mein Körper vor Erschöpfung verabschiedet und ich in einen leeren, traumlosen Schlaf versinke.

KING Depp (18+)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt