Kapitel 5

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Melis' Sicht:
Als ich mich auf die Bank setzte und die kalte Nachtluft in mich hineinzog fing ich an nachzudenken. Nicht über die Verlobung. Nicht über meine Familie. Nicht über meine Freunde. Nicht einmal über mein eigenes Leben. Ich dachte an mein Buch. Mal wieder.
"Wessen Geschichte willst du erzählen?", dachte ich mir. Die Geschichte eines Psychos? Die Geschichte eines Mädchens, das gezwungen wird ein Doppelleben zu führen? Die Geschichte eines rachsüchtigen Mörders? Oder die Liebesgeschichte eines jungen Paares, das gemeinsam eine schwere Zeit durchsteht? Die Handlung von meinem Roman und die Figuren, die darin spielen standen schon fest. Doch die Perspektive zu den Handlungen machte den Unterschied. Ich wollte dem Leser alles erzählen. Einfach alles. Weder ich noch mein Leser sollte etwas verpassen. Das würde schwer werden. Aber ich würde es schaffen und dabei auch Spaß haben. Den Leser verwirren, ihm Lebensweisheiten geben, ihn vor Rätsel stellen, ihn unterhalten. Je mehr ich über den Roman nachdachte desto mehr merkte ich wie sehr ich meine Arbeit als Autorin liebte. Ich wollte gerade aufstehen und mich auf den Weg nach Hause machen, um so schnell wie möglich weiter zuschreiben. Doch mich stoppte eine männliche Stimme, die plötzlich erklang.
Kerem:"Die Geschichte eine Psychos wäre echt cool. Also wenn du über einen Psycho schreibst würde ich dein Buch aufjedenfall lesen."
Hatte ich laut nachgedacht? Wieviel hatte er mitbekommen? Und das Wichtigste: Was macht er überhaupt hier? Wie peinlich. Ich könnte im Erdboden versinken. Ich war ihn wohl doch nicht los. Ich wollte mir trotzdem nichts anmerken lassen.
Melis:"Es geht hier nicht um den Inhalt der Geschichte, der steht schon fest. Es geht um die Perspektive."
Kerem:"Schreib aus der Perspektive des Psychos."
Melis:"Als ob ich auf einen dummen dahergelaufenen Typen höre."
Kerem:"Woher willst du wissen, dass ich dumm bin. Du kennst mich nicht. Wir haben uns kein einziges Mal richtig unterhalten."
Melis:"Das kann mir auch erspart bleiben."
Als ich endlich aufstehen und gehen wollte hielt er mich am Handgelenk fest. Schlagartig überkam mich eine Gänsehaut am ganzen Körper.
Kerem:"Es tut mir leid, dass ich dich geküsst habe. Ich wollte dir nicht zu Nahe treten."
Melis:"Denkst du jetzt, dass eine Entschuldigung diese Unverschämtheit rechtfertigt?"
Kerem:"Nein, aber ich hoffe auf einen Neuanfang."
Melis:"Deinen Neuanfang hattest du bereits. Zwei Mal sogar."
Kerem:"Du bist wie ein verschlossenes Buch."
Das bekam ich oft zu hören. Kalt, verschlossen, vertieft in meine eigene Welt voller Bücher. Krimis, Liebesromane, Fantasy, Sachbücher. Ich wollte sie alle lesen. Inspiration sammeln. In meiner Welt versinken. Schreiben, schreiben und noch einmal schreiben.
Melis:"Ja das stimmt. Ich bin ein verschlossenes Buch. Und das werde ich auch auf ewig für dich bleiben."
Mal wieder ging ich ohne auf eine Antwort zu warten.
Kerem's Sicht:
Dieses Mädchen ist so verschlossen, so kalt und gleichzeitig aber auch so mysteriös. Sie wirkte gar besessen als ich der Bank, auf der sie saß näher kam und hörte wie sie leise vor sich hin murmelte. Doch es wirkte nicht unheimlich. Gar zauberhaft. Sie strahlte etwas besonderes aus. Etwas, das mir auf ewig ein Rätsel bleiben würde. Als mir klar wurde worüber sie da nachdenkt und redet wollte ich natürlich auch meinen Senf dazu geben. Jedoch lehnte sie es ab ein vernünftiges Gespräch mit mir zu führen. Was mich nicht wunderte. Sie zu küssen war ein Fehler. Ich wünschte mir in diesem Moment, dass ich die Zeit zurückdrehen und alles wieder gut machen könnte. Mich ihr freundlich und langsam nähern. Vielleicht hätte sie sich dann sogar in mich verliebt. Doch ich konnte nichts wieder gut machen. Als sie mal wieder unserem Gespräch aus dem Weg ging, ging ich ihr nicht hinterher. Sie war mir über den Weg gelaufen als es ihr schlecht ging. Sie war mir beim Joggen über den Weg gelaufen. Und jetzt hatte sie auch auf dieser Bank gesessen als ich vorbeilief. All das muss einfach Schicksal gewesen sein. Das Schicksal würde wieder dafür sorgen, dass wir uns im richtigen Moment begegnen. Ich wollte meinem Glück nicht krampfhaft hinterher rennen.
Melis' Sicht:
Als ich mitten in der Nacht nach Hause kam fing ich an ein neues Buch zu lesen und schrieb danach stundenlang. Als der Himmel wieder hell wurde ging ich schlafen. Ich beschloss den ganzen Tag im Bett zu verbringen. Mein Kopf bebte gar. Die Verlobung, Kerem, mein Roman, die Geschichten, alles ging wie ein Filmstreifen durch meinen Kopf bevor ich schließlich einschlief.
Als ich gegen Abend wieder wach wurde bekam ich eine Nachricht von Halil.
Können wir uns treffen und ein wenig reden? Bitte..
Ich war gespannt was mich erwartet. Widerwillig sagte ich ihm zu. Ich hatte eigentlich keine Lust auf Gesellschaft. Joggen, schlafen oder schreiben wäre mir lieber gewesen. Jedoch wollte ich nicht unfreundlich gegenüber Halil sein. Ein wenig mit ihm zu reden könnte nicht schaden. Ich überlegte sogar ihm etwas von meinem Roman zu erzählen. Er war eigentlich ganz nett. Er hatte mir schon immer zugehört. Das Problem war nur immer gewesen, dass ich nicht viel mit ihm reden wollte. Dass er mich liebte hatte mich immer ein wenig abgeschreckt. Ich konnte nie reinen Tisch mit ihm machen. Gleichzeitig konnte ich auch nicht locker mit ihm reden. Es war immer komisch zwischen uns gewesen. Trotz allem sagte etwas in mir, dass es nicht schaden konnte mich mit ihm zu treffen. Vielleicht hatte er ja die Spannung zwischen uns bemerkt und will sich mir jetzt freundschaftlich nähern, weil er über mich hinweg ist. Vielleicht liebt er mich ja garnicht mehr. Höchstwahrscheinlich wird es so sein. Dachte ich zumindest..

Nach einiger Zeit mal wieder ein Kapitel. Versuche wieder öfter zu posten. Ich hoffe, dass meine Geschichte euch bis jetzt gefällt. Würde mich über Feedback freuen.
xoxo (Auf dem Bild seht ihr Melis' Buchgeschäft)
-eure miss.wasgehtsiedasan :)

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