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"Nein, bitte nicht!", flehte ich verzweifelt, doch er hörte nicht auf. 

Blaue Augen blickten starr in die Meinen und ich könnte schwören, er sah dabei in meine Seele. "Bitte", flehte ich erneut, doch nichts regte sich in seinem Gesicht. Absolut nichts. Pure Kälte strahlte sein Blick aus. 

Dann spürte ich es. Er hatte die Spitze der Nadel in meine Haut gebohrt. Langsam fing er an, die Flüssigkeit in meinen Körper zu spritzen. Ich spürte, wie sie sich langsam in mir ausbreitete und sich ihre Wege in jede Zelle meines Körpers suchte.

Warum tat er das? Wir waren doch Freunde. Ich verstand es nicht. Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg zu meinen Augen und liefen meine kalten Wangen herunter, als der Schmerz begann. 

Ich hasste ihn. Das würde ich ihm nie verzeihen. Niemals, dass konnte er vergessen. Er hatte die Wahl gehabt, doch hatte sich dabei gegen mich entschieden.

Langsam sank ich auf den Boden. "Er wird dich töten", zischte ich schwer atmend. Er lachte. "Vielleicht", antwortete er nur. 

Ich wünschte es mir gerade so sehr. Er sollte kommen, ihn quälen und schließlich töten. 

"Er wird mich finden, egal wo du mich hinbringst", brachte ich noch heraus. Meine Luft wurde immer knapper und ich spürte, wie ich langsam das Bewusstsein verlor.

"Kol wird kommen", flüsterte ich hoffnungsvoll. Ich hörte, wie jemand anderes irgendwelche Worte aussprach. 

Auf einmal war alles weg. Ich wusste nichts mehr. Was war geschehen? Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, driftete ich in die tiefe Dunkelheit ab.

Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit. Wo war ich? Mühsam versuchte ich meine Augen zu öffnen, doch es fiel mir nicht leicht. 

Nach einigen Minuten schaffte ich es dann endlich, meine Augen zu öffnen. Verwirrt sah ich mich um. Zu sehen war nichts, doch ich schien mich in einem kleinen Raum zu befinden. Gegenüber von mir war eine Tür, unter der ein kleiner Lichtschein in den Raum fiel.

Ich wollte gerade aufstehen, als ich von etwas um meinen Händen davon abgehalten wurde. Verwundert sah ich an mir runter. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich gefesselt auf einem Stuhl saß. "Verdammt", murmelte ich. Was sollte das? Gleichzeitig bemerkte ich, wie meine Haut unter den Fesseln unangenehm brannte. Was waren das nur für Fesseln? Warum brannten sie auf meiner Haut?

Als hätte jemand bemerkt, dass ich nun wach war, wurde die Tür auf einmal aufgerissen. Vom Licht geblendet, welches nun freien Einlass in den Raum hatte, kniff ich schnell meine Augen zusammen. 

"Es ist doch nur ein bisschen Licht", höhnte eine männliche Stimme. Allmählich passten sich meine Augen an die Helligkeit an und ich konnte den Mann genauer in Augenschein nehmen.

Er hatte dunkelbraune, fast schwarze Haare, welche ihm leicht zerzaust ins Gesicht fielen und tiefblaue Augen, welche mich belustigt musterten. 

Was gab es denn so lustiges zu sehen? Er sah gut aus, dass konnte man nicht leugnen, jedoch war er nicht so ganz mein Typ. "Warum bin ich hier?", fragte ich unhöflicher, als ich es eigentlich geplant hatte.

"Das erfährst du noch früh genug", antwortete er mir. Ich stöhnte genervt auf. "Warum brennen diese Fesseln so?", stellte ich die nächste Frage. "Ich habe sie in Wolfswurz getränkt, Liebes. Was auch sonst?", erklärte er mir. "Hör auf mich Liebes zu nennen", zischte ich, doch er lachte nur. "Ich weiß ja nicht, ob du es bemerkt hast, aber du bist nicht in der Stellung, mir zu sagen, was ich tun oder lassen soll", antwortete er mir grinsend.

Idiot, nur leider hatte er damit vollkommen recht. Genervt schnaubte ich aus.

"Da du nicht wusstest, dass es nur Wolfswurz sein kann, da nichts anderes auf deiner Haut so brennt, gehe ich davon aus, dass der Zauber von Tyler's Freundin gewirkt hat", meinte er triumphierend. "Zauber?", kam es sofort aus mir raus. "Amüsant, amüsant", kommentierte er, ohne auf meine Anmerkung einzugehen. 

Was hatten Sie mit mir gemacht?

Nervös fing ich an, an meiner Lippe zu kauen. Der Mann, welcher das bemerkte, fing an zu grinsen. "Ach Sophia, immer noch die gleichen Angewohnheiten wie früher", stellte er belustigt fest. Er kannte meinen Namen?

"Was willst du von mir?", fragte ich nun schon etwas panischer, da er mir irgendwie immer mehr Angst machte. "Von dir direkt eigentlich nichts. Du bist nur mein Mittel zum Zweck, mehr braucht dich im Moment nicht zu interessieren", informierte er mich. "Und jetzt-", fuhr er nach einer kleinen Pause fort, wobei er mir ein Stück Brot hinhielt "iss das", beendete er seinen Satz. 

"Wie großzügig", sagte ich sarkastisch und lächelte ihn übertrieben gespielt an. Er rollte genervt mit den Augen. Als ob ich nicht auch lieber woanders sein würde, als hier bei ihm. 

Doch wo könnte ich überhaupt hin? Ich erinnerte mich an nichts aus meinem Leben. Woher sollte ich wissen, ob ich überhaupt Freunde oder eine Familie hatte? Wenn ja, suchten sie vielleicht gerade nach mir? Ich wusste es natürlich nicht, doch tief in mir drin, hoffte ich es sehr.

Zu meinem Glück drehte sich der Mann nun um und verließ den Raum. Das einzige, was er hinterließ, war wieder diese Dunkelheit. Ich blickte zur Tür, durch die er kurz zuvor verschwunden war. Obwohl sich meine Augen erneut an die Dunkelheit gewöhnen mussten, gelang es diesmal recht schnell, sodass ich schon nach wenigen Augenblicken den spärlich eingerichteten Raum wieder klar erkennen konnte.

Außer einer einzelnen Kiste und eben diesem Stuhl, auf welchem ich saß, befand sich hier nichts. Nicht einmal ein Bett oder eine Matratze zum schlafen.

Ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Diese Fesseln würden mich noch umbringen. Ich musste hier raus und das so schnell wie nur möglich. Wer weiß, was dieser Mann und diese Freundin von diesem Tyler sonst noch alles mit mir machen würden. Hatte er nicht gemeint, dass ich nur ein Mittel zum Zweck sei?

War ich vielleicht jemandem wichtig und deswegen das Druckmittel oder war ich ein Opfer für irgendwas? 

Was es auch war, ich wurde hier gegen meinen Willen festgehalten und das gefiel mir überhaupt nicht.

Entschlossen sah ich an mir runter. Mein Blick blieb an meinen Fesseln hängen, welche sich weiterhin schmerzhaft in meine Haut bohrten. Verfluchtes Wolfswurz oder wie auch immer der Mann es genannt hatte. 

Ich überlegte kurz, bis mir etwas einfiel. Ich lehnte mich mit meinem ganzen Gewicht nach hinten, wodurch der Stuhl laut krachend auf dem Boden aufkam. Hoffentlich hatte er – oder sonst jemand, der hier vielleicht noch anwesend war – das nicht gehört.

Mehrere Minuten lang hielt ich den Atem an und verharrte in meiner unbequemen Position. Als ich jedoch niemanden vor der Tür hörte, setzte ich meine Bewegung fort.

Der Stuhl war zerbrochen, sodass die Fesseln von nichts mehr gehalten wurden. Mit Leichtigkeit befreite ich meine Hände von ihnen und warf sie, mit schmerzenden Handgelenken und Händen, in die hinterste Ecke des Raumes. Ich hasste diese Teile. 

Ich räumte auch die Einzelteile des Stuhls an die Seite des Raumes, sodass ich mich nun in dessen Mitte setzten konnte. Erst jetzt bemerkte ich, wie müde ich war. Aus diesem Grund rutsche ich nach hinten, bis mein Rücken an eine der Steinwände stieß. 

Ich lehnte meinen Kopf nach hinten und schloss meine Augen, woraufhin ich in einen unruhigen Schlaf fiel.

Vergessen | Kol Mikaelson ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt