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»Ich bin gleich wieder da.« 

»Lass dir ruhig Zeit. Bis zum Arzttermin haben wir eh noch massig.« 

Tür auf, schnell rein, Fenster aufreißen, wenigstens mal für diese kurze Zeit durchlüften und – wie witzig – Ben guckt gerade, da winke ich kurzerhand aus meinem Küchenfenster. Er schmunzelt lediglich. 

Ich liebe ihn. Also wie einen Bruder, versteht sich. Meinen Bruder. Er ist einfach immer da. 

Na ja, ich verschwinde ins Schlafzimmer, hole meine Sporttasche aus der einen Ecke heraus, verfrachte sie aufs Bett und öffne den recht überschaubaren Kleiderschrank. Von zu vielen Kleidungsstücken halte ich nichts. Eins nach dem anderen, was ich gebrauchen könnte, landet in der Tasche und dann bin ich auch schon fertig. 

Ein Gefühl sagt mir, dass ich noch meinen Kuschelhund einpacken sollte, also tue ich es. So nun aber. 

Sagte ich doch, dass ich nicht lange brauche. Sporttasche umhängen, in die Küche gehen ... 

Da fällt mir ein, dass ich vielleicht doch noch den Kühlschrank überprüfen sollte, wer weiß, was da noch drin ist. Ah und den Müll. Ok, kann doch noch etwas dauern. Sporttasche wieder abhängen. Müll zu Müll, noch Essbares in die Tasche, Fenster schließen, Tasche wieder rum, Mülltüten in die Hand und zack, raus zu Ben mit einem kleinen Abstecher zu den Müllcontainern. 

»So, wir können in die Stadt.« 

»Alles klar, Chefin.« 

Na toll, ein Stau. Irgendein Unfall ist passiert, klar ist so, aber unser Zeitpuffer geht nun flöten. Schade, ich hatte vorher noch auf einen Kaffee gehofft. 

Wir hetzen beinahe schon vom Parkplatz in die Praxis rein, eher gesagt hetze ich Ben dorthin. Ob er es bereut, mir seine Begleitung angeboten zu haben?! Tja, zu spät. 

Aber glücklicherweise keine lange Wartezeit und wir oder ich bin dran. Da ich Ärzt*innen irgendwie nicht gut folgen kann, bin ich froh, dass Ben dabei ist und er sich das Geschwafel anhört und mich später am Ergebnis teilhaben lassen kann. 

Also entweder bin ich bald hinüber oder es sieht ganz gut aus, zumindest habe ich keinen neuen Termin bekommen. 

»Mit deinem Kopf scheint physisch wohl alles gut zu sein. Aber du sollst dich weiterhin noch schonen, wie auch schon im Krankenhaus zu dir gesagt wurde.« 

»Na immerhin, ist doch eine gute Nachricht. Aber wie lange hat er jetzt nicht gesagt?« 

»Och Jules, hast du überhaupt versucht zuzuhören?« 

»Ähm ... Soll ich ehrlich sein?« 

»Schon ok, du sollst einfach in zwei Wochen noch einmal zum Gespräch vorbeigehen. Brauchst keinen Termin dafür.« 

»Oki.« 

»So, noch einen Kaffee bevor ich dich zu deinen Eltern bringe?« 

»Bin dabei!« 

-

Wieder an unserem Tisch sitzend, warte ich auf Ben, der uns noch eine zweite Runde Kaffee beim Mitarbeiter besorgt. Das ist echt ein schnuckliger Typ und ich weiß, dass er mega nett ist! 

Ich erinnere mich genau, wie er nicht ein bisschen böse, ungehalten, spöttisch oder sonst wie war, als ich hier alles vom Tisch wegfegte. Eventuell war er etwas amüsiert, aber das ist mehr als in Ordnung. Generell ist er irgendwie meist fröhlich und gut gelaunt drauf, ein echt guter Typ, denke ich mal. 

Vielleicht liegt es auch an uns?! Klar, wir sind tolle Gäste und überhaupt ganz super, aber wenn wir hier sitzen, fällt mir gerade auf, schaut er doch des Öfteren zu uns. Hm. Mal gucken, da lässt sich noch was machen, kann ja sein. 

»Na, wo bist du mit deinen Gedanken?« 

»Bei dem Mitarbeiter«, sage ich ehrlich mit einem Lächeln. 

»Du meinst Hans?« 

»So heißt er? Echt? Das ist ja ein fieser Name.« 

»Ach, ich finde, es gibt Schlimmeres.« 

»Natürlich ...« 

»Ich denke, der steht auf dich.« 

»Äh ... Nein. Ganz sicher nicht, mein lieber Benilein. Mach mal deine Augen richtig auf.« 

»Was willst du jetzt damit andeuten?« 

»Komm mal runter, nicht das, was du denkst.« 

»Was dann?« 

»Denkst du wirklich, dass ich Menschen, zudem noch Homosexuelle, in eine Schublade stecken würde?« 

»Ja ja, habs gecheckt. Was meinst du dann?« 

»Das er eher Augen für dich hat.« 

»Du spinnst ja. Davon merke ich mal gar nichts.« 

»Du bist ja auch ein Träumer. Ich hab euch schon öfter beobachtet. Du magst ihn doch oder nicht?« 

»Ja, schon. Aber ich glaube wirklich, dass er eher dir Beachtung schenkt.« 

»Wie kommst du darauf?« 

»Na ja, wenn ich mit ihm quatsche, dann fragt er nach dir.« 

»Und was fragt er dann?« 

»Nur so Zeugs, was du so machst und so halt.« 

»Vielleicht will er nur herausfinden, ob wir ein Paar sind. Wie viele haben uns schon für ein Paar gehalten, hm? Das weißt du doch.« 

»Ja klar schon, aber ...« 

»Nichts aber. Achte einfach drauf.« 

Jetzt muss ich meinem großen Bruder schon Beziehungsratschläge geben. Eigentlich nichts Schlimmes, aber momentan bin ich ja nicht so geeignet dafür. 

Jedoch wirkt unser Gespräch von gestern Abend bei ihm zu Hause noch nach. Und ja ... Keine Ahnung, woher soll ich wissen, was Fay wirklich weiß? Hat Ben schon wieder recht. Ich nehme es als gegeben hin, was sie geschrieben hat, tue meine Gedanken als eben diese ab, zumindest erst einmal und versuche wieder mehr zu vertrauen, das hat sie schließlich verdient. Dieses Gefühl habe ich ihr wohl nicht unbedingt in letzter Zeit entgegengebracht, somit könnte ihre Reaktion auch angemessen gewesen sein. Das weiß ich alles irgendwie nicht mehr richtig einzuordnen. 

Aber ich weiß, dass ich unter diese Schreckenstage einen Strich ziehen möchte. Da ich wieder dieses echte authentische Gefühl mit Fay fühlen konnte – und mich eventuell nur von meinen eigenen Ängsten blockieren lassen habe, – möchte ich nun wirklich herausfinden, was noch zwischen uns ist. Und da hatte Ben diese super Idee. 

Ich werde Fay auf ein lockeres Date einladen. Diese Idee finde ich super und ich hoffe, sie wird es annehmen. 

»So. Jules wollen wir?« 

Mein Herz schlägt immer schneller. So nervös bin ich ... Wie schon lange nicht mehr. 

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