Prolog

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Der volle Mond schien hell auf das kleine Fischerdörfchen und erhellte die Straßen nahezu taghell. Der Wind wehte so stark, dass die Dächer wackelten und die Gassen von einem lauten Pfeifen erfüllt waren. Das Wasser, was sich in den Rinnen an den Straßenrändern aufgrund der starken Regenfälle der letzten Tage angesammelt hatte, vibrierte im Rhythmus der Windböen. Die Menschen im Dorf schliefen alle schon längst, weswegen die Straßen wie leergefegt waren. Ab und zu wurde ein Blatt oder eine alte Zeitung vom Wind durch die Gassen getragen, ansonsten waren keine Bewegungen wahrzunehmen.

Der einzige Hinweis, der verriet, das etwas nicht stimmte, war das plötzliche Einfrieren der Bewegungen auf der Wasseroberfläche in den Rinnen. Die vermummte Person, die dies verursachte, bewegte sich lautlos durch die Straßen und achtete darauf, nur durch die Schatten zu schleichen, damit er nicht vom hellen Mondlicht enttarnt wurde. Seine Bewegungen erinnerten an einen Tanz, der leichtfüßig und still vorgeführt wurde. Der Tanz ging so weiter, bis er plötzlich abrupt vor einem kleinen Holzhaus endete, welches Nahe an der Küste stand, an der das Dorf legte. Das Wellenrauschen übertönte hier die leisen Geräusche, die der Tänzer verursachte, als er begann, das Schloss zu inspizieren, welches die Fensterläden verschloss. Nachdem er die Schwachstelle identifiziert hatte, bändigte er mit einer kleinen Fingerbewegung etwas Wasser aus einem Gefäß, dass an seiner Taille befestigt war, so dass es das Schloss vollkommen umschloss. Mit einer ruckartigen Bewegung brachte er das Wasser zum Gefrieren, bevor er ein spitzes Messer aus seinem Ärmel schüttelte und die Klinge genau auf der Schwachstelle platzierte. Mit einem Ruck spannten sich seine Muskeln an und das Schloss zerbrach. 

Er hielt kurz inne. Das Aufbrechen des Schlosses hatte ein lautes Knacken verursacht und er war sich nicht sicher, ob auch dies unbemerkt geblieben war. Doch nichts schien sich zu rühren, weswegen der Eindringling die Fensterläden langsam öffnete und in die sichere Deckung des Hauses verschwand. Der Raum, indem er sich jetzt befand, war komplett dunkel. Nur vage konnte er die Konturen der Möbel im Raum wahrnehmen, da sich seine Augen dank dem hellen Mondlicht draußen noch nicht vollständig an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Allerdings durfte er keine Zeit verlieren. Mit schnellem Schritt ging er auf die Kinderkrippe hinzu, die am linken Ende des Raumes stand und beäugte das Kind, das friedlich darin schlief. Ohne lange zu zögern, zog er ein kleines Fläschchen aus seiner Brusttasche und entleerte den Inhalt vorsichtig auf der nackten Haut des Kleinkinds. Die metallende Flüssigkeit tropfte langsam aus dem Fläschchen heraus, verweilte einige Sekunden auf der Haut des Kindes, bevor sie langsam absorbiert wurde. Es dauerte einige Momente, bevor das Kind eine Reaktion zeigte. Die Fingerspitzen des Kindes begannen zu zucken und die Bewegung pflanzte sich durch den gesamten Körper hindurch. Die zuckenden Augen offenbarten die Schmerzen, die das Kind offensichtlich durchgehen musste. Der Einbrecher beobachte das Schauspiel einige Sekunden, doch bevor das Kind aufwachte und zu schreien anfangen konnte, richtete er die ausgestreckte Handfläche auf das zuckende Kind. Er atmete hörbar aus, schloss die Augen und zog seine Hand ruckartig zu einer Faust zusammen. Mit einem Mal stoppte jegliche Bewegung des Kindes und es verfiel in eine unnatürliche, stocksteife Starre. Nach einigen Momenten indem der Mann so verweilte, begannen sich die Lippen des Kindes blau zu färben, was den einsetzenden Sauerstoffmangel offenbarte. Als er sich sicher war, dass das Herz des Kindes nicht wieder zu schlagen beginnen würde, wühlte er etwas aus seiner Jackentasche. Im schwachen Mondlicht, das den Raum durch das geöffnete Fenster erreichte, war das rote Blütenblatt kaum zu erkennen, bevor er den Mund des Kindes mit einer geschickten Handbewegung öffnete und das Blütenblatt darin versenkte. Anschließend schlich der Kindsmörder lautlos zurück zum Fenster, durch das er auch eingetreten war, kletterte hinaus und verschwand genauso schnell, wie er erschienen war. Die Fensterläden hatte er dabei nicht wieder verschlossen, weswegen diese laut im Wind klapperten. Es würde nicht lange dauern, bis das Geräusch die restlichen Bewohner des Hauses aufwecken und in das Kinderzimmer mit dem noch warmen Kind locken würde. Doch zu diesem Zeitpunkt würde es schon zu spät sein, um das Kind zu retten.

An einer ganz anderen Stelle im Land, viel weiter nördlich, wurde im gleichen Moment ein weiteres Kind geboren, das in der Sekunde als es die Augen öffnete und ihren ersten Schrei ausstieß nicht ahnen konnte, dass ihr Schicksal gerade durch einen weit entfernten Kindsmord auf den Kopf gestellt wurde. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 26, 2023 ⏰

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THE LEGEND OF YUKI - Book 1: AirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt