Kapitel 2

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Ich war wieder mal verdammt müde, doch ich hatte mich mittlerweile so an diesen Zustand gewöhnt, dass ich es schon gar nicht mehr anders kannte. Müde schleifte ich mich durch die Flure und ließ mich schließlich auf meinem Platz fallen. Mein Mitbewohner saß direkt vor mir und schwafelte mich ununterbrochen zu. Ich hatte zwar meinen Kopf auf meinen Armen abgelegt, aber er wusste, dass ich trotzdem zuhörte.

»Kommst du heute Nachmittag wieder mit?«, fragte er nach einer Weile. Ich brummte nur zustimmend, ohne meinen Kopf anzuheben. Ich war noch nie der Sozialisierteste und verbrachte meine Zeit lieber alleine. Aber seit ich auf der Oberschule war und ich Goshiki begegnet bin, schleifte er mich überall mit hin. Er war der Meinung, dass ich immer so unbeteiligt dreinschaute und mir der Kontakt mit anderen guttun würde. Somit kam ich regelmäßig bei seinem Volleyballtraining mit.

Der Schwarzhaarige wollte gerade noch etwas sagen, da kam der Lehrer in die Klasse und alle um uns herum wurde still. Unser Mathe-Lehrer war zwar sehr streng, aber man lernte bei ihm den Stoff erstaunlich leicht. Was besonders für die Sportstipendiaten gut war, denn die meisten von Ihnen waren nicht gerade die Hellsten. Ich selbst bin ohne ein Stipendium hier angenommen worden, also lernte ich auch dementsprechend viel.

Mathe war eines meiner Lieblingsfächer und das aktuelle Thema konnte ich auch schon gut anwenden. Deswegen griff ich Goshiki etwas unter die Arme. Ich versuchte ihm so einfach wie möglich zu erklären, wie er die Binomischen Formeln anwenden musste.

»Du bist einfach zu schlau für diese Welt!«, beschwerte er sich, nachdem er es beim dritten Mal immer noch nicht verstanden hatte. »Ach quatsch. Irgendwie muss ich meine Zeit ja sinnvoll verbringen«, gab ich bloß beschwichtigend zurück. Goshiki grummelte nur vor sich hin und versuchte sich wieder der Aufgabe zu widmen.

Etwas verspätet trat ich in die Sporthalle des Volleyballclubs. Die Spieler waren schon fleißig am Trainieren. Ohne von jemanden beachtet zu werden setzte ich mich auf die Bank direkt neben der Tür. Ich beobachtete die Spieler und analysierte dabei jede ihrer Bewegungen. Zwar hatte ich nicht viel Ahnung von Volleyball, doch ich konnte ihnen schon den ein oder anderen Tipp geben, der ihnen geholten hatte.

»Goshiki, vielleicht versuchst du mal einen halben Schritt weiter nach hinten zu gehen!«, rief ich dem Schwarzhaarigen zu. Er schaute überrascht zu mir, tat aber direkt, was ich vorgeschlagen hatte. Dieses Mal konnte er den Ball tatsächlich annehmen, ohne dabei etwas zu schwanken. Was ich aber durchaus verstehen konnte, denn Ushijimas Aufschläge waren wirklich nicht ohne.

»Satoyo!«, rief plötzlich der Trainer der Mannschaft nach mir. Ich zuckte unwillkürlich zusammen und drehte erschrocken meinen Kopf in seine Richtung. Der alte Washijo machte mir ehrlich gesagt ziemlich Angst. Augenblicklich lief ich zu ihm.

Saito, der andere Trainer des Teams, sah mich beruhigend an. »Wir haben festgestellt, dass du eine unglaubliche Beobachtungsgabe hast. Zudem kennst du das Team mittlerweile sehr gut und hast zu jedem eine gewisse Bindung aufgebaut. Deswegen wollten wir dich fragen, ob du nicht der Manager des Clubs sein willst?«, fragte der Schwarzhaarige. »Was?! Ich? Aber ich habe doch gar keine Ahnung von Volleyball!«, sagte ich erschrocken. Das konnte nicht ihr Ernst sein, oder?

»Und dennoch konntest du schon einige nützliche Tipps geben. Ich bin mir sicher, dass du das trotzdem hinkriegst«, versicherte mir Saito. Vielleicht war das wirklich keine so schlechte Idee. So würde ich wenigstens öfter Mal unter Leute kommen. Ich sah zu den Jungs, die teilweise gespannt zu uns blickten. In den letzten Monaten war mir besonders Goshiki sehr ans Herz gewachsen. Ich hatte nie besonders viele und innige Freundschaften, doch er hatte sich so lange an mich geheftet, dass ich schlussendlich nachgegeben hatte. Und so waren wir nun beste Freunde.

Enthusiastisch drehte ich wieder um und nickte zustimmend. »Ich mach's!« Der jüngere Trainer lächelt mich an, während der andere wie immer grimmig dreinblickte. »Herkommen!«, rief Washijo den Spielern zu. Einige zuckten augenblicklich zusammen, andere sahen argwöhnisch rüber.

Wieder übernahm Saito das Wort. »Ab heute werden wir ein neues Mitglied in unserem Club haben. Satoyo wird künftig als euer Manager fungieren«, erklärte er. »Kenny, mein Kleiner! Wird ja auch Zeit!«, rief Tendou, schlang seine Arme um mich und hob mich in die Luft.

»Wärst du so gut und lässt mich wieder runter?«, fragte ich etwas unbeholfen, aber mit fester Stimme. Der Rothaarige lachte laut und wirbelte mich ein letztes Mal umher, bevor ich wieder den Boden unter meinen Füßen spüren konnte.

Goshiki wollte gerade etwas sagen, da schnitt ihm der Trainer das Wort ab. »Wir haben noch eine Ankündigung. Nächste Woche Freitag haben wir ein Trainingsspiel gegen Seijoh und Karasuno. Also hängt euch bis dahin nochmal ordentlich rein. Wir werden diese Gelegenheit nutzen uns auf die Qualifikationen für das Frühlingsturnier nächsten Monat vorzubereiten.«

Sofort waren alle aus dem Häuschen und riefen durcheinander. Ich allerdings verstand nur Bahnhof. »Ist so ein Trainingsspiel gegen die denn so gut?«, fragte ich an Goshiki gewandt. »Auf jeden Fall! Karasuno ist erst seit diesem Jahr wieder stark mit dabei und wir wissen noch nicht viel über sie, aber Seijoh ist schon jahrelang unser stärkster Rivale«, erklärte er grinsend und blickte mir stolz entgegen. »Das wird meine Chance sein, allen zu beweisen, dass ich das bessere Ass bin!«

Auf einmal kam Tendou wieder auf mich zu und packte mich an den Schultern. »Als unser Manager hast du die Pflicht mit uns Strategien zu überlegen. Hast du am Samstag Zeit?« »Da muss ich ins Krankenhaus«, gab ich nur schulterzuckend zurück, schließlich wusste ich nicht, wie ich ihnen dabei helfen sollte und vor allem konnte. »Kein Problem! Dann machen wir das Sonntag, wenn wir alle wieder hier sind!«

Mit diesen Worten ließ er mich verwirrt stehen. Was meinte er denn mit das? Egal wen ich danach fragte, ich bekam immer nur ein Lacher und bemitleidenswerte Blicke zurück. Dann musste ich wohl oder übel bis Sonntag warten. 

Be King Again - Oikawa x male OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt