Nach einer gefühlten Ewigkeit oder besser gesagt dem halben Nachmittag erreichte ich endlich meinen Wohnblock. Ich hätte auch ein e-Taxi rufen können, aber irgendwie fand ich es doch beruhigender durch die Fußgängerzone zu schlendern und meinen Gedanken und Emotionen freien Lauf zu lassen. Ich ging durch das Foyer zu den Aufzügen, ließ meine ID scannen und wurde automatisch zu unserer Wohnung gefahren. Wie erwartet, war Mason noch nicht da. Für gewöhnlich hatte er um 18:00 Uhr Feierabend, aber was war schon an unserem Job gewöhnlich? Es gab eigentlich nie eine feste Zeit, zu der er nach Hause kam. Ich ging in unser großzügiges Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch fallen, um den Tag Revue passieren zu lassen. Arbeitstechnisch gesehen war es ein mehr als erfolgreicher Tag, der allerdings leider mit viel Gefühlschaos verbunden war. Der Spaziergang an der frischen Luft hatte allerdings gutgetan und gab mir die benötigte Zeit, meine Gedanken zu sortieren. Ich schaltete den Fernseher an, was in dem Fall ein Mini-Projektor war, welcher ein riesiges Hologramm vor die leere anthrazitfarbene Wand projizierte. Ich zappte durch die unterschiedlichen Sender, aber es gab nichts, was mich wirklich interessierte, weshalb ich es wieder ausschaltete. Was sollte ich nun machen? Ich war es gar nicht gewohnt, so viel Zeit zu haben, da mein Job immer sehr viel Zeit einnahm und somit gar nichts mehr für irgendwelche Hobbies her gab. Vielleicht hatte Zoja Zeit?
Zoja war meine beste Freundin und hatte ihr Herz definitiv am rechten Fleck. Zoja war Russin und wie die Bedeutung ihres Namens, war sie das blühende Leben. Ich habe sie in meiner ersten Woche in New York durch Zufall beim Shoppen kennengelernt, wir wollten beide gleichzeitig das letzte Kleidungsstück im Sale ergattern und stritten uns wie in schlechten Teenie-Filmen um das gute Teil. Ich gab schließlich auf, überließ ihr das Teil und wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass sie aufgrund ihres Model-Jobs auch erst seit kurzem hier lebte, weshalb wir kurzerhand beschlossen hatten, New York gemeinsam zu erkunden. Seither waren wir unzertrennlich und dennoch wusste sie nicht, was ich wirklich war. Das FBI setzte mir da klare Regeln. Regel Nummer eins: Niemand durfte von meiner wahren Identität wissen. Regel Nummer zwei: Für Außenstehende arbeitete ich einfach nur als Büroangestellte beim FBI und erledigte langweiligen Papierkram. Für mich waren diese Regeln schon von Anfang an in Ordnung, aber manchmal wünschte ich mir, ich könnte Zoja doch alles erzählen. Zu meinem Glück konnte ich gut lügen und jedes Gespräch, was sich um meinen Job drehte immer in eine andere Richtung lenken. Ich suchte sie mit Hilfe meiner Kontaktlinse heraus und sendete ihr eine Nachricht. Vielleicht hatte ich Glück und sie hatte schon Feierabend. Nach ein paar Minuten ertönte auch schon der Ton einer eingehenden Nachricht.
»Ich habe gerade erst Feierabend. Treffen wir uns in einer halben Stunde vor dem Sky-HI?«
Das Sky-HI war eine sehr noble Lounge, zu der Zoja nur durch ihren Job oder besser gesagt gewissen Männer-Kontakten Zugang hatte. Sie befand sich mitten in New York auf dem höchsten Gebäude im obersten Stockwerk und hatte sogar einen Außenbereich mit einem wunderschönen Ambiente. Die Lounge hatte sogar ein Infinity Pool. Das wurde allerdings nur für Privatpartys und besondere Anlässe genutzt. Wir hatten schon oft dort oben gesessen und die Aussicht genossen, die bei Nacht nur noch faszinierender war. Ich sagte ihr schnell zu und ging in mein Zimmer. In der Uniform konnte ich mich nämlich definitiv nicht blicken lassen. Ich durchsuchte meinen Kleiderschrank, der zu 90 Prozent aus Teilen bestand, die ich mit Zoja gemeinsam geshoppt hatte oder besser gesagt: Die Zoja mir aufs Auge gedrückt hatte. So sehr ich mich auch immer wehrte, wenn Zoja sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es kein Entkommen. Ich schob ein Kleid nach dem nächsten von der einen Seite der Kleiderstange zur Anderen und stoppte schließlich bei einem schwarzen Kleid mit tiefem Rückenausschnitt. Ja, das ist es! Schnell schlüpfte ich in das Kleid und betrachtete mich in dem Spiegel und Zoja hatte natürlich wie immer Recht, denn es stand mir wirklich verdammt gut. Es umschmeichelte meine Figur und zeigte nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Ich gab meinem Make-up noch den letzten Feinschliff, indem ich meine Augen mit etwas Lidschatten mehr betonte und einen dezenten Lippenstift auftrug. Eine Handtasche brauchte ich nicht, seitdem ich die Linse hatte, war das HUphone überflüssig und auch sonst, benötigte ich nichts. Also verließ ich wieder unsere Wohnung und stieg in den Aufzug ein. Beim Herunterfahren hinterließ ich Mason noch eine Nachricht, damit er Bescheid wusste, wo ich war und sich keine Sorgen machte, wenn ich spät nach Hause kam. Mit Zoja wurde es immer spät, denn wir quatschten immer stundenlang, sodass die Zeit wie im Flug verging.
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[KI]RA - Zwischen Licht & Schatten (Band 2)
Fiksi Ilmiah[ IN BEARBEITUNG | REGELMÄßIGE UPDATES GEPLANT ] Sie ist sein Licht. Er ist ihr Schatten. Eine Liebesgeschichte in einer faszinierenden Sci-Fi Welt, die tiefere Abgründe hat als vermutet. Wir schreiben das Jahr 2055. Seit fünf Jahren ist das Virus...