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Tatsächlich hielt der Mann sein Wort und Tag ein, Tag aus tat er immer das gleiche. Ich konnte nur ahnen, wie viele Tage ich nun schon hier war. Früh's kam er zu mir, gab mir eine Scheibe Brot und verabreichte mir Wolfswurz. Wenn diese Prozedur überstanden war, ließ er mich für wenige Stunden in Ruhe, ehe er wieder das Gas in den Raum ließ. Und wenn das alles passiert war, kam er am Ende des Tages wieder mit den Pfählen, die er mir später am Abend entfernte, wenn ich nicht bei Bewusstsein war. 

Ob er sonst noch irgendwelche Dinge mit mir tat, wenn ich bewusstlos war, wusste ich nicht, jedoch spürte ich immer öfter, dass ich auch untenrum Schmerzen hatte. Würde er mich wirklich unbewusst vergewaltigen? Ich konnte es nicht verneinen, jedoch auch nicht zu einhundert Prozent sagen, dass er es wirklich tat. Es waren lediglich Vermutungen meinerseits, die mich sehr beunruhigten. 

Vor Stunden hatte der Mann den Raum verlassen oder auch meine persönliche Hölle, wie ich sie bereits nannte. Das Wolfswurz hatte mal wieder seine Spuren hinterlassen und so langsam spürte ich, dass mein Körper, trotz der schnelleren Heilung, immer mehr nachließ. 

Die Wunden der Pfähle verheilten mittlerweile nicht mehr so schnell, wie noch am Anfang, sodass ich immer mehr Narben auf meinem Körper trug. Durch das wenige Essen wurde ich zudem auch immer dünner, sodass ich an einigen Stellen schon meine Knochen erkennen konnte, die nur noch durch ein wenig Haut von der Außenwelt abgetrennt wurden. Ich musste schrecklich aussehen und hatte außerdem keine Ahnung, wie lange ich das noch durchhalten würde.

Zum einen hoffte ich, dass Kol kommen würde und mich hier raus holen würde. Zum anderen wollte ich nicht, dass der Mann auch ihn foltern würde. Es war schlimm genug zu wissen, dass man selber sterben würde, doch viel schlimmer war es, mit dem Gedanken zu sterben, dass die Person, die man liebte und für die man sterben würde, die gleichen Schmerzen wie man selber durchleben müsste. Kol war zwar ein Urvampir, aber ich hatte keine Ahnung, welche Methoden dieses Arsch für ihn anwenden würde und ich war mir nicht sicher, ob Kol auch jede von ihnen überleben würde.

"Da ist ja mein Lieblingswerwolf", verkündete der Mann erfreut, als er zu mir in den Raum kam. Verächtlich sah ich ihn an. "Ach heute mal keine dritte Begrüßung?", fragte er höhnisch. So gerne ich auch etwas erwidert hätte, meine Kräfte ließen es momentan einfach nicht zu. 

Er kam auf mich zu und ich erkannte wieder einmal die Pfähle in seinen Händen. "Bitte nicht", flehte ich das erste mal, seid ich hier war. Verwundert blieb er sogar kurz stehen und hob eine Augenbraue an. "Aber wo bleibt dann der Spaß?", fragte er mich grinsend. "Ich bin um ehrlich zu sein enttäuscht, dass Kol noch nicht hier ist und irgendwo muss diese Enttäuschung ja raus", ergänzte er sich. 

Im nächsten Moment rammte er mir den ersten Pfahl direkt in den Bauch. Das hatte er bis jetzt noch nie gemacht, weswegen dieser Schmerz neu für mich war. Schmerzerfüllt schrie ich also auf und erneut liefen die Tränen über meine Wangen. Es war echt erstaunlich, dass überhaupt noch Tränenflüssigkeit in meinem Körper war. Keuchend atmete ich ein und aus, was mit einem Pfahl im Bauch nicht wirklich einfach war. Ich spürte, wie das Blut an meinen Beinen entlang floss und hörte, wie es tropfend auf dem Boden aufkam. 

Ehe ich diesen Schmerz jedoch auch nur ein wenig verarbeiten konnte, rammte er mir einen zweiten Pfahl direkt in meine linke Schulter. Erneut schrie ich auf und versuchte mich von meinen Fesseln zu befreien, wodurch der Schmerz in meiner Schulter und in meinen Händen jedoch einfach nur verschlimmert wurde. 

Doch dem Mann schien das noch nicht zu genügen. Ein weiterer Pfahl landete in meiner Schulter, dieses Mal jedoch in meiner rechten. Ich hörte währenddessen garnicht mehr auf zu schreien, weshalb sich ein breites Grinsen auf dem Gesicht des Mannes schlich. Er schien Kol wirklich zu hassen, wenn er dies alles nur tat, um ihn zu bekommen und sich gleichzeitig an ihm zu rächen.

Auf einmal öffnete sich die Tür und ein weiterer, dieses Mal blonder Mann, den ich noch nicht kannte, kam in den Raum. Auch er musterte mich belustigt. "Du hast die Kleine echt mies zugerichtet", lobte er seinen Freund oder was auch immer der andere Mann für ihn war. "Ich weiß, doch es scheint nicht zu helfen. Wie du siehst ist Kol immer noch nicht bei uns", sagte der Dunkelhaarige. "Dann wird es Zeit, noch mehr an ihre Grenzen zu gehen", meinte der Blonde und zeigte dabei auf mich.

"Da könntest du recht haben", meinte der Dunkelhaarige und nahm sich einen weiteren Pfahl. Dann nickte er dem Blonden zu, der sich ebenfalls einen nahm. Gemeinsam kamen die beiden bedrohlich auf mich zu. "Du direkt und ich zuerst von der Seite?", fragte der Blonde grinsend und sein Freund nickte.

So ganz durchschaut hatte ich deren Plan noch nicht, bis ich auf einmal einen schrecklichen Schmerz in meiner linken Brust spürte. Der Blonde hatten mir seinen Pfahl direkt in die Seite gerammt, weswegen ich laut aufschrie. Ich war erstaunt, dass ich überhaupt noch die Kraft dazu hatte. Nun kam der Dunkelhaarige mit einem breiten Grinsen von vorne auf mich zu.

Ehe ich mich versah, rammte er mir seinen Pfahl knapp neben mein Herz, in die Brust. Nun war es vorbei. Noch nie zuvor hatte ich so laut und schmerzerfüllt geschrien, wie in diesem Moment. Durch den Pfahl neben meinem Herzen wurde auch der andere immer tiefer in mein Innersten gerammt, was eine schreckliche Mischung ergab und für unheimliche Schmerzen sorgte. 

Wenn ich gesagt hatte, dass ich davor die schlimmsten Schmerzen meines Lebens gehabt hatte, dann war das nichts im Vergleich zu diesen. Ich hörte nur noch abwesend, wie die beiden Männer, dessen Stimmen ich mittlerweile unterscheiden konnte, miteinander sprachen.

"Ich denke, dass es für heute erst einmal reicht. Lass die Pfähle aber noch drin, die verkraftet das schon", sagte der Blonde. Der Dunkelhaarige erwiderte nichts, weswegen ich vermutete, dass er einfach nur bestätigend nickte. Dann hörte ich, wie die beiden Männer den Raum wieder verließen und mich alleine zurückließen.

Ein wenig erleichtert darüber atmete ich tief ein, musste jedoch schnell feststellen, dass dies nicht so gut gewesen war, da sich die Pfähle weiter in meinen Körper gebohrt hatten, wodurch ich erneut schmerzerfüllt aufschrie. Ich unterbrach meinen Schrei jedoch, als ich außerhalb des Raumes auf einmal Schreie hörte.

Verwirrt sah ich zur Tür, die wenige Sekunden später geöffnet wurde. Kol trat Blutüberströmt herein und als er mich sah, glich seinem Gesicht dem einer Person, die einen Geist gesehen hatte. "Kol", flüsterte ich kraftlos. "Sophia", sagte er und klang dabei ziemlich erleichtert. "Wo ist Davina?", fragte ich weiter nach. "Mach dir um die keine Sorgen. Hörst du?", redete Kol auf mich ein.

Ich nickte einfach nur und hustete. Ich spürte, wie Blut dabei meinen Körper verließ. Sofort war Kol bei mir. "Was haben sie nur mit dir gemacht?", fragte er fassungslos, während er meinen Körper musterte. Ich wollte ihm antworten, doch erneut hustete ich Blut. Kol entfernte meine Fesseln. Ich versuchte aufzustehen, doch sackte sofort in mich zusammen. Kol fing mich zum Glück noch rechtzeitig auf. 

"Es wird alles wieder gut Sophia", flüsterte Kol mir ins Ohr und zog mich in eine tiefe Umarmung. Was er dabei jedoch vergaß, waren die Pfähle, die noch immer in der Nähe meines Herzens waren. Ich spürte, wie sie diesem immer näher und näher kamen und es tat auch höllisch weh, trotzdem schrie ich nicht.

Ich vergaß lediglich Tränen. "Es wird alles wieder gut", sagte Kol erneut und klang dabei ziemlich verzweifelt. Ich wusste, dass es nicht der Fall war. 

Vergessen | Kol Mikaelson ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt