Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie der Typ auf meine Abfuhr reagierte. Statt wie erwartet aufzustehen und sich sein nächstes Opfer zu suchen, blieb er sitzen und bestellte sich noch was zu trinken. Sollte er doch. Während er in ein Gespräch mit dem Barkeeper vertieft war, musterte ich ihn unauffällig. Er war der wahrscheinlich schönste Mann, den ich je gesehen hatte. Männer wollten nicht als schön bezeichnet werden, aber es traf es einfach zu. Seine braunen, fast schwarzen Haare standen wir in alle Richtungen ab, so als würde er sich oft mit den Fingern hindurchfahren. Sie bildeten einen krassen Kontrast zu seinem sonst so ordentlichen Auftreten. Seine Augen, die in dem Licht des Clubs eine Mischung aus grün und grau zu haben schienen, hatten einen schelmischen Ausdruck. Er fuhr sich mit der Zunge über seine vollen Lippen. Diese einfache Geste stellte etwas mit mir an. Ich spürte ein Prickeln in meinem Unterleib. Gott, ich hatte eindeutig zu lange keinen Sex mehr gehabt. Sein eng anliegendes, dunkelgrünes Hemd betonte seine Augen. Ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick an seinen muskulösen Oberarmen hängen bliebt. An seinem Handgelenk prangte eine Rolex. Seine gesamte Erscheinung schrie nach Geld. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass er immer Erfolg hatte, wenn er es auf eine Frau ab sah. Ehrlicherweise konnte ich mir im Moment einen menge Dinge mit ihm vorstellen. Ich nippte an meiner Cola und versuchte, an etwas anderes zu denken als an meine Hände in seinen wirren Haaren.
Ich nahm einen weiteren Schluck Cola. Wenn ich weiter den ganzen Abend nur Kurze trank, war ich schnell besoffener, als mir lieb wäre. Vor meinem Blickfeld erschien eine Männerhand mit einem weiteren Kurzen. Gerade wollte ich protestieren, da ich nichts bestellt hatte, da hörte ich eine raue Stimme an meinem Ohr. „Nicht reden, nur trinken. Erinnerst du dich?" Ich bekam augenblicklich eine Gänsehaut an meinem gesamten Körper. Erstaunt blickte ich auf und starrte mitten in die grünen Augen des reichen Typen. Einen Moment verschlug es mir die Sprache. Aus der Nähe betrachtet konnte ich erkennen, dass seine Augen ein so dunkles Grün hatten, wie ich es noch nie gesehen hatte. Ein Lächeln umspielt seine vollen Lippen und mir fiel auf, dass er mehrere Muttermale im Gesicht hatte. Leichte Stoppeln zeichneten sich an seinem Kinn ab. Sein Geruch stieg mir in die Nase. Sauber und männlich, eine Mischung aus Waschmittel und einem teuren Parfüm.
Ohne noch etwas zu sagen, kippte er seinen Shot herunter und schaut mich auffordernd an. „Na los." Ich war völlig perplex, tat es ihm aber gleich und kippte auch dieses Kurzen herunter. Langsam merkte ich, dass der Alkohol seine volle Wirkung entfaltete. Es war, als sei mein Kopf mit Watte ausgepolstert. Ich musste nicht mehr über mein nicht existierendes Leben nach denken, nicht mehr darüber, dass Leon sich einen Scheiß für mich interessierte. Nicht darüber, dass Noah mich offensichtlich hasste. Nein in meinem Kopf war nur noch Platz für die Musik, für den Bass, der meinen Körper zum Vibrieren bringt und meinen Herzschlag beschleunigt und für den wahnsinnig anziehenden Mann neben mir.
Ich stand auf und ging tanzen, bevor ich noch etwas tat, was ich sonst vielleicht bereuen würde.
Ich suchte mir erneut einen Platz auf der Tanzfläche und schloss die Augen. Wie schon beim ersten Mal gab es nur noch mich und die Musik. Ich bewegte meinen Körper im Takt, lies den Bass meinen Herzschlag übernehmen und gab mich voll und ganz hin. Ich nahm nichts und niemanden um mich herum war und genoss das Gefühl von völliger Freiheit. Es war berauschend.
Plötzliche fühlte ich einen anderen fremden Körper, der sich an meinen presste und sich perfekt im Takt bewegte. Wir bildeten eine Einheit, verschmolzen und bewegten uns gemeinsam zur Musik. Ich lies meine Augen geschlossen, denn ohne ihn gesehen zu haben, wusste ich, dass es der Typ von der Bar war. Seinen Geruch erkannte ich sofort wieder.
Das Lied endete und wurde von einem langsameren, trägeren Beat abgelöst. Ohne uns voneinander zu trennen, tanzten wir weiter. Langsam lies er seine Hände von meinem Rücken zu meinen Hüften wandern und zog mich damit noch näher an ihn heran. Seine Brust presste sich gegen meine eigene. Wir standen so nah aneinander, dass ich wirklich alles von ihm spürte. Ein Keuchen entwich meiner Kehle. Langsam hob ich meine Arme über meinen Kopf und verschränkte sie hinter seinem Nacken. Er war groß. Mindestens 1,80. Ich mit meinen 1,63 musste mich ziemlich strecken, um ihn zu erreichen. Sein Duft nach einem teuren Parfüm und Alkohol hüllte mich ein. Sein Körper passte perfekt zu meinem. Es war, als wären wir füreinander bestimmt. Ich spürte, wie sein Herz schnell in seiner Brust schlug. Es war derselbe Takt, in dem mein Herz schlug, so, als wollten sich unsere Herzen mit dem Beat synchronisieren.
Wir tanzten ewig weiter, fast wie in Trance. Wir wechselten kein Wort. Tanzen statt reden. Wir lösten uns erst voneinander, als ich schweißgebadet war und keuchend nach Luft schnappen musste. Ich versuchte meinen Puls zu beruhigen. Ich durfte mir bloß nicht anmerken lassen, wie sehr mir dieser Typ unter die Haut ging. Ich öffnete meine Augen und wieder waren mir seinen so unendlich nah. Mein Herz schlug mir immer noch bis zum Hals. Ich streckte meine Hand aus und legte sie flach an seine Wange. Seine Haut war ganz weich. Unter meinen Finger spürte ich vereinzelnd Bartstoppeln. Einen Moment rührte sich keiner von uns, dann machte ich eine schnelle Bewegung auf ihn zu. Mein Mund schwebte über seinem. Ich wartete, ob er den Abstand zwischen uns gänzlich überwand, doch nichts geschah. Ganz sachte strich ich mit meinen Lippen über seine. Sein ganzer Körper spannte sich an und er zog mich noch ein Stück näher an ihn heran. Einen kurzen Moment sahen wir uns tief in die Augen, dann löste ich mich von ihm und ging, ohne mich noch einmal umzuschauen.
Mein Herz hämmerte so heftig in meiner Brust, dass ich das Gefühl hatte, es würde mir jeden Moment heraus springen. Gierig schnappte ich nach der kühlen Nachtluft, als ich den Club verließ.
Scheiße, so etwas hatte ich noch nie gefühlt.
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LET LOVE GROW
RomanceLin hatte alles aufgegeben um in ihrer Heimatstadt nocheinmal neu anzufangen. Während sie dabei ist, sich selber zu wieder zu finden und ihr Leben auf die Reihe zu bekommen, trifft sie Julian in einem Club. Julian, der mit seinen ganz eingenen Dämon...