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~3~
Zu begriffsstutzig

Erst spätabends kommen wir im Dorm an. Nachdem wir die Sache "geklärt" hatten, war es tatsächlich noch ein schöner Tag und wir alle hatten viel Freude auf den Fahrgeschäften. Natürlich bin ich dann nur noch mit Inho gefahren und wenn ich ausgeblendet habe, welchen Mist ich verzapft habe, hat es sogar mir Spaß gemacht. Außerdem war es toll, ihn nach seinem ganzen Kummer wieder ausgelassen lachen zu sehen.

Nachdem wir uns bettfertig machen, kommt Inho schüchtern auf mich zu, als ich alleine in Isaacs und meinem Zimmer bin. "Hyunuk?", fragt er leise und schaut mich von unten an.

"Möchtest du einen Gute-Nacht-Kuss?", rate ich ins Blaue hinein.

Lächelnd nickt er. "Gerne. Aber eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mit mir im selben Bett schlafen möchtest... Natürlich nur kuscheln!" Unsicher beißt er sich auf die Unterlippe, da ich ihn wohl ziemlich entsetzt ansehe.

"Ähm. Okay. Alles andere ginge mir viel zu schnell", behaupte ich, kann aber nicht verhindern, dass mein Kopfkino angeht und in Sekundenschnelle auf Hochtouren läuft. Sex mit Inho... Gierig lasse ich den Blick an ihm auf und ab wandern und schimpfe dann innerlich mit mir. Wir haben noch nicht einmal angefangen zu daten. Und ich werde ihn nicht für körperliche Zwecke ausnutzen, nur weil er attraktiv ist. Das wäre ja noch schlimmer als alles, was ich ihm bisher angetan habe.

"Ja okay...", erwidert er leise.

Ich räuspere mich und nehme seine Hand, als wir in sein Zimmer gehen. Ans Händchenhalten muss ich mich schließlich gewöhnen, da er sowas mag. Im Bett nehme ich ihn in den Arm und küsse ihn, wobei es mir gar nicht schwerfällt, möglichst gefühlvoll zu sein. Er ist einfach so süß und lächelt so glücklich!

"Gute Nacht, Hyunukie", sagt er leise. Ja, einen Kosenamen brauche ich für ihn wohl auch noch. "Gute Nacht, mein Süßer", erwidere ich. Kichernd kuschelt er sich an mich.

Nachts kann ich nicht schlafen. Einerseits, weil Inho viel zu heiß ist, und das meine ich tatsächlich so. Sein Körper gibt unglaublich viel Wärme ab. Anderseits kreisen meine Gedanken um ihn.

Mit irgendjemandem muss ich darüber reden. Ich brauche dringend Tipps, was man in so einer Situation machen soll. Am besten jemand, den Inho nicht kennt und der ihn deswegen nicht aus Versehen oder sogar absichtlich damit verletzen könnte.

Mitten in der Nacht schließe ich mich deshalb im Bad ein, um einen alten Schulkameraden anzurufen, mit dem ich mich früher sehr gut verstanden hab. "Was'n los?", fragt er sofort ohne Begrüßung mit ernster Stimme.

"Ich brauche dringend deine Hilfe", komme ich direkt zum Thema.

"Dachte ich mir. Wir hören ja sonst fast nie voneinander. Also worum geht's?"

"Nehmen wir mal an, ein guter Freund von dir wäre in dich verliebt und würde aus irgendeinem Grund annehmen, du würdest seine Gefühle erwidern. Was würdest du tun?"

"Ihn freundlich drauf hinweisen?"

"Jaaa... das ist an sich ein guter Tipp, aber leider nicht möglich."

"Du steckst schon zu tief drin?" Natürlich liegt er sofort richtig mit seiner Vermutung, dass es um mich geht. Ich brauche es gar nicht abstreiten.

"Ja..."

"Ok, wie tief?"

"Bis zum Hals, haha... also, ähm, ich hab ihn wegen Liebeskummer getröstet und er hat angenommen, dass ich mit meinen Worten uns beide meine und hat mich dann geküsst. Ich hab vor Schreck erwidert und jetzt denkt er, wir wären sozusagen fast zusammen. Und alle anderen denken das auch."

"Warum hast du es ihm nicht gleich gesagt?"

"Ich konnte nicht."

"Wieso?"

"Er war doch so unglücklich vorher... du hättest sehen sollen, wie er mich nach dem Kuss angeschaut hat! Und wir haben uns ja dann gleich nochmal geküsst..."

"Hyunuk", sagt er eindringlich. "Sicher, dass du keine Gefühle für ihn hast?"

"Du stellst komische Fragen. Wieso sollte ich-"

"Ich stelle genau die richtigen Fragen. Du musst dir einfach Gedanken machen, wie sehr du ihn magst. Wenn du mich fragst, ziemlich sehr, und du fragst ja grad mich, also..."

"Sicher, dass du nicht etwas reininterpretierst, das gar nicht da ist?", überlege ich. Gefühle für Inho, wann soll das denn passiert sein? Wir kennen uns doch schon so lange, als Kollegen, Freunde, beinah Brüder.

"Sicher, dass du nicht etwas rausinterpretierst, das schon lange da ist?"

"Das ist irgendwie unlogisch."

"Geh nicht immer mit Logik an die Sache. Wir haben uns zwar ewig nicht gesehen, aber ich kenne dich doch. Du denkst zu viel und hörst zu wenig auf dein Herz. Das war früher schon so, dass du es einfach überhört hast. Soll ich dich mal an den Kerl aus der Parallelklasse erinnern, den du mochtest-"

"Nein, bitte nicht..." Das ist fürchterlich peinlich. Ich schäme mich heute noch, wenn mir jemand diese extreme Begriffstutzigkeit unter die Nase reibt.

"-und nicht wahrhaben wolltest, dass du total verknallt warst, bis er plötzlich eine Freundin hatte und du deswegen geheult hast? Du wolltest damals nicht einmal einsehen, dass es Liebeskummer ist, bis ich dir eine Liste mit Argumenten aufgeschrieben habe."

Seit diesem Vorfall hatte ich mir vorgenommen, es in Zukunft besser zu machen. Damals wusste ich einfach noch nicht, wie sich Verliebtsein anfühlt. Jetzt weiß ich es doch. Das dachte ich zumindest, aber so langsam glaube ich, dass ich immer noch so ahnungslos bin wie damals.

"Hyunuk?", fragt Changsun nach, weil ich nicht antworte.

"Ich weiß nicht."

"Was fällt dir als erstes ein, wenn du an ihn denkst?"

"Seine Augen. Dieser Blick, mit dem er mich ansieht..." Allein bei dem Gedanken daran kriege ich Gänsehaut, aber das könnte auch daran liegen, dass es im Bad kühl ist.

"Und findest du ihn anziehend?"

"Ja..." Die Antwort ist eindeutig, wenn ich an die Situation vorm Schlafengehen denke. Vielleicht ist es doch gar nicht so kalt hier drin, oder kommt mir das nur so vor?

"Na das ist schon eine gute Basis. Geh doch einfach mal mit ihm aus."

"Hab ich ihm schon vorgeschlagen..."

Jetzt lacht er laut los. "Und dann rufst du mich noch an und fragst mich nach deinen Gefühlen? Hyunuk. Horch mal in dich hinein. Du würdest sowas nicht leichtfertig sagen. Und ihn erst recht nicht einfach so küssen. Da weiß dein Herz einfach mal wieder besser Bescheid als dein Kopf."

"Mh..."

"Hättest du es denn genauso gemacht, wenn dir das mit jemand anderem passiert wäre? Denk drüber nach, aber ich denke, die Antwort ist schon klar."

"Naja, aber die anderen haben mich noch nie so angesehen..."

"Denk einfach drüber nach. Du musst es nicht mir beantworten, sondern dir."

"Okay. Mach ich."

"Falls du noch mehr Nachhilfe in Liebesdingen brauchst, schreib oder ruf an, mir fallen sicher noch weitere komische Fragen ein. Ansonsten bis nächstes Jahr", scherzt er, da wir buchstäblich nur zwei Mal pro Jahr Kontakt haben – zu den Geburtstagen eben. Ich bedanke mich anständig bei ihm für die Denkanstöße, dann beenden wir das Gespräch.

Bisher hätte ich das alles als Mumpitz abgetan, aber seine letzte Frage gibt mir wirklich zu denken. Hätte ich einen von den anderen überhaupt auf meinen Schoß genommen? Ich hab da einfach aus dem Moment heraus gehandelt ohne darüber nachzudenken.

Jek ausgenommen, weil der ein Fluffball ist, bei dem wir das alle gemacht hätten und er sowieso mein bester Freund ist. Aber bei den restlichen fünf kann ich es mir nicht vorstellen, das käme mir seltsam vor, nur bei Inho nicht. Wieso habe ich es bei ihm einfach getan?

Das ergibt alles gar keinen Sinn. Oder...?

Zu blöd zum Verlieben - Hyunho FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt