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/𝟸𝟹.𝟷𝟸./

Leicht schwankend, während er schlendert, ist sein Körper von einer Müdigkeit eingenommen, die ihn noch schwächer macht, als das eh schon definiert trübe Wort es vorhersagt.

Die Arbeit hat er für heute dann schonmal geschafft. Ob dies, was er auf diese Erkenntnis hin empfindet, nun Freude oder einfach pure Erleichterung ist, kann er nicht so recht deuten.

Aber was er auf jeden Fall weiß ist, dass in ihm dieser Wunsch festsitzt, endlich die Menschen umgehende Schleuse einer Gesellschaft zu verlassen und wieder in der Stille der Ruhe seines Heimes einzukehren. Er will diese Ruhe. Morgen ist wahrscheinlich Heiligabend. Überall hört er diese Musik. Sie soll Freude verteilen, einen auf die Zeit vorbereiten, die den Zusammentreff der Familie in Freude und Harmonie ankündigt.

Die Menschen, welche wie er selbst einsam sind, werden dabei nicht berücksichtigt. Wie es halt ist. Weswegen dem kleinen Anteil Achtung schenken, wenn der größere doch eine viel breitere Angriffs- und Zielgruppenfläche hat.

Das versteht wohl keiner. Die Besitzer all dieser Stände, mit ihrer freudig stimmigen Musik, haben daheim möglicherweise keine Einsamkeit. Können es gar überhaupt nicht nachvollziehen. Das Gefühl, welches eine junge Seele in sich hausend verspürt und von sich stoßen will.

Womit verdient man es, allein zu sein? Keinen Bezug zu Personen zu haben, stattdessen von jedem gestoßen, auf Abstand gebracht und nie berücksichtigt werden.

Gibt es überhaupt eine Höhe, die einen solchen Umgang mit einer menschlichen Lebendigkeit jemals rechtfertigen würde?
Dies weiß er auch nicht. Ist ihm tatsächlich sogar egal. Denn ändern würde ein Verdienen, nicht Verstehen oder gar überhaupt Verurteilen der Menschheit nichts an dieser Situation.

Seinem Leben, welches jedoch eher von der Gesellschaft, ihrem Denken und Handeln, einfach nur von fremden Händen festgehalten, losgelassen, geklammert oder geschubst, ohne Einwilligung in Richtungen gestoßen und festgesetzt wird. Es ist sein Leben, ja, aber was hat er schon entschieden?

Er muss Arbeiten und diesem Job nachgehen, um zu überleben. Eigentlich wollte er studieren, stattdessen wurde er im Stich gelassen, muss sich selbst über Wasser halten und gleichzeitig vor dem Ertrinken bewahren.

So hat er sich sein Leben sicher nie vorgestellt. Und erwartet hat er dies auch nie, zur Zeit, als er noch in der Schule war, diese Pläne schmiedend aufstellte. Es schien alles so einfach.

Seine Eltern waren ständig nur arbeiten, er hat sie fast nie gesehen und wenn nur wenige Worte gewechselt. Woher sollte er denn wissen, dass sie ihn groß kriegen und dann endgültig von sich weg haben wollten?

Seinen Plänen fürs Leben haben sie keines Blickes gewürdigt, die Zukunft ihres eigen Fleisch und Blutes, nicht beachtet und von sich gestoßen, dieses von ihm gebildete Leben komplett verbannt. Aus ihrem eigenen.

Erneut sieht er eine zerbrochene Kugel auf dem Boden. Ihr inneres ist silbern glänzend, eine spiegelnde Schönheit, während er nur die Füße der fremden Gestalt in ihre erkennt. Von außen, mit Glitzer, roten Flocken und schönen Zeichen bestückt, ist diese Schönheit niedergefallen, komplett zerstört.

Das Menschlein, zu dem die fremden Füße gehören, kniet sich plötzlich nieder und fegend entfernt es den zerbrochen einst reinen Bestandteil der weihnachtlichen Stimmung vom Anblick aller Augen. Verhindert verletzen, rotes Blut, tiefe Schnitte und bringt zurück den makellosen Anblick des Marktes.

Seinen Blick wieder abwendend will er ohne Veränderung und einfach folgend seinen täglichen Weg in das traute Heim zurückverfolgen.

Jedoch war seine Zögerung der Beobachtung schnell gesponnen zu einem kleinen Verhängnis der Kollision mutiert. Seine Augen zusammenkneifend, spürt er, wie ihm kurzzeitig jeglicher Hauch an Gleichgewicht verdampfend fallenlässt. Jedoch saugt er die Wolke schnell wieder ein und kann sich selbsthaltend einen Fall verhindert.

Darauf hat er nun tatsächlich mit gewaltiger Freude verzichtet. Es war Verzögerung gewesen. Hat seine Zeit in dem sozial geprägten Hier hinausgezögert, obwohl das Ergreifen von Worten jetzt, nach diesem Zusammenstoß, wohl kaum noch zu verhindern ist.

Wieder Durchblick erlangend, erhellt sich seine Sicht und den Augenschein anhebend, blickt er in etwas, dass er für unmöglich gehalten hat.

Er ist es. Was macht er hier? Was soll das? Was will sein Schicksal von ihm! Er will Ruhe. Wollte damit in eine Ecke gekehrt nach zwei Jahren endlich mal abschließen, hat dies zwar nicht geschafft, dennoch macht dieser Anblick rein gar nichts besser.

Von starker Perplexität eingenommen, sieht er in die Augen des anderen. Betrachtet diese fesselnde Schönheit willenlos und verfallend, mit einem freudigen Kribbeln, welches in dieser Kälte einen Hauch an Wärme durch seinen ganzen Körper ziehen lässt.

Anscheinend war er nicht der einzige, der die Person vor sich zu erkennen weiß und mit einem verschmitzt freudigen Grinsen, huscht ein zartes Funkeln durch die Augen des anderen.

Er hat sich nicht verändert. Noch immer kann Felix seine Augen nicht von dieser Persönlichkeit abwenden. Auf jeden Fall nicht ohne festen Willen.

Welcher mit der Realisierung der Vergangenheit und Trennung eintritt.

Sein Herz zerreißend vom Anblick ablenkend, die schmerzliche Realität der Wahrheit zurückbringend aufglühen lässt.

Er hat ihn zurückgelassen..

Sofort kehrt die Kälte zurück und dieses Kribbeln wird ohne die Beanspruchung einer stockenden Sekunde ausnutzend, von seinem Körper abgeben. Und dieses Gefühl, welches nun auf ihn trifft, scheint kälter, fürchterlicher und einsam zurückgelassener, als es vorher in diesen Jahren auch nur einmal war.

Sofort schweift sein Blick aus diese Augen heraus auf den geschmückten Baum und bleibt vorerst noch angehoben, nur für diese Worte. „Es tut mir leid, ich hätte besser aufpassen sollen."
Kaum ausgesprochen, schon fallen seine Augen wieder auf dem Boden nieder. Die Schönheit des Baumes, welche sich vor ihn befand, hat er nur mit leerem Blick und ohne Existenz der Absicht, scheinbar angesehen, dennoch nicht wahrgenommen.

Nach diesen Worten setzt er seinen Schritt fort, vorbei an den Menschen seiner gestorbenen Vergangenheit. Fast schleifend, dennoch geschickt bewegend, ohne Berührung. Ein weiterer Kontakt mit ihm und der Schwall der Vergangenheit hätte alles zerstört. Die nutzlose Existenz seines Lebens, welche nur eine Ergänzung, ohne jeglicher Bedeutung, für den wirtschaftlichen Ablauf der Gesellschaft ist, hätte jeglichen Bestand verloren.

Aber er macht weiter. Diese Berührung der Kollision und der kurzzeitig ungewollte Kontakt, mit der Aufnahme seines Geruches, hat nicht ausgereicht.

Sein Geruch. Er ist immer noch so vertraut wie früher, allein schon dieser Gedanke und sein Körper kribbelt erneut.

Warum nur?

Weswegen muss er hier sein?

Er hat sich gerade angepasst, ist in das System des Staates eingewachsen, kann sich mit seinem Einkommen geradeso haltend als selbstständig bezeichnen.

Und dann kommt er.
Er hat dieses gewollt richtig heißende Gleichgewicht in ein Schwanken gebracht.

Und wie er das hat.

Denn langsam hinterfragt er wieder, mit den Schmerzen eines gebrochenen Herzens, wie er es nur ohne ihn geschafft hat, weiterzuleben.

Wie nur?

Er muss hier weg. Endlich in seine Wohnung.

Dies vergessen.

Den Geruch, welcher festsitzt, aus seiner Nase verbannen, diesen Anblick aus seinen Augen schneiden und das Gefühl aus seiner gebrochenen Seele brennen.

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blizzard of the past. | hyunlix  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt