sieben; ༄

126 12 8
                                    

⋆★⭑✮⭑✩⭑✮⭑★⋆

𝟸𝟺.𝟷𝟸.

Im Marsch eingebunden, stampfen seine Füße auf den Weg ein. Kollidieren mit dem festgetreten, gräulichen und zur Seite gekickten Schnee, des gestrigen Falls.

Wie immer betrachtet er die Pflasterung. Wie ihr Muster fortzieht, jedoch gleichzeitig immer ein gleichbleibendes Abbild offenbart. Er ist vertieft, in keinerlei Gedanken der Überlegung. Es ist eher festgesetzt ein Schmerz, welchen er abermals versucht von seiner Existenz herab zu schaben. Wie auch schon vor zwei Jahren. Das Spiel, es fängt von vorne an.

Musste erfahren, dass heute der vierundzwanzigste ist. Er ist einsam. Hatte nur einen halben Arbeitstag und diesen schon beendet, tritt den Weg nach Hause an.

Hätte er Hyunjin ausreden lassen sollen?
Würde es dann jetzt besser um ihn stehen?

Er weiß es nicht. Wird es auch nicht erfahren, denn schreiend hat er diesen von sich gestoßen. Wollte ihn nicht bei sich haben. Genauso wenig eine Erklärung hören, weswegen er verlassen wurde. Hat sich mit allen in seiner Macht stehenden Mitteln dagegen gewehrt, angekämpft und letztendlich, sogar gewonnen. War wieder alleine. Wollte es sogar. Konnte es nicht um sich haben. Ihn.

Nicht so, als wäre nie etwas gewesen. Ihre Gesellschaft aufeinander ruhend wie früher, ungerührt und harmonierend perfekt. Denn so war es nicht. Mehr.

Seine Füße schlürfen voran. Halten sich nicht an die Gangart, die seine Mutter ihn schon als kleines Kind gelehrt hatte. Missfallen ihrem Willen. Ist ihm egal. Komplett egal. Schert sich niemand um ihn, so ist ihm auch die Meinung dieser Außenstehenden über ihn egal.

Langsam hebt sich Felixs Blick an, er weiß nicht warum. Geht hier doch jeden Tag entlang. Hat nie hochgesehen, seine Umgebung war ihm immer egal. Wahrscheinlich ist es dieser Geruch, welcher von der Bäckerei ausgehend seine Atemgänge bestückt und ihn abermals an diese Zeit erinnert. Welche nicht mehr nur ansteht, sondern sogar verläuft. Heute abklingend, endlich all den Vorbereitungen wert erscheint.

Durch das weite Schaufenster fallend, erkennt er den Innenraum des kleinen Stübchens. Wie gerade Kunden bedient werden und wie genau vor diesem, an einem Tisch, jemand sitzt. Sobald sein Augenschein auf diese Person fällt, ist dieser festgesetzt, bemerkt die Erwiderung des Blickes und auch, dass er auf einer Stelle verharrend stehengeblieben ist, erst zu spät.

Nämlich genau dann, als er auffängt, wie Hyunjin seine Tasse anhebt. Wohl den letzten Schluck seinen Hals hinunterkippt und aufsteht. Zu ihm kommen will? Ihn als Ziel ansetzt.

Nein. Sofort wendet Felix sich ab. Setzt seine Beine wieder voreinander. Treibt voran. Was soll das? Was will sein Leben von ihm? Zufall hin oder her. Genau bei diesem Lokal, musste er die Senkung aufheben und genau dort, muss seine Vergangenheit festsitzen.

Jetzt weiß er es wieder, weswegen er hochgeguckt hat. Dort hatten sie sich kennengelernt. Vor drei Jahren. Er hatte nicht genug Kleingeld bei sich, wollte nach der Schule einen Snack holen. Hat seinem Hunger folgend, keinen Abgleich mit den Preisen abgepasst.
Gerade als er verzweifelt feststellen wollte, dass er ohne spätere Füllung seines Magens gehen musste, wurde das fehlende Geld abgelegt. Von ihm. Klirrend und ohne auftretende Zögerung.

War ihm so dankbar, dass er vor der Bäckerei auf den bis dato Unbekannten gewartet hatte. Letztendlich mit ihm auf der Parkbank saß. Sich den Arsch abfror, jedoch in einem Gespräch vertieft war. Beide aßen ihre gekauften Stücke und beachteten keineswegs die Kälte.

Es fiel ihm erst auf, wie kalt es war, als er zu Hause ankam und die dort vorliegende Wärme seinen Körper überflutet hatte.

Zart lächelnd ist sein Kopf noch immer gehoben, sein Blick träumend in Erinnerungen verfangen. Will sich davon auf keinen Fall lösen. Genießt das Kribbeln in seinem Körper, wenn er an ihre ersten Kontakte denkt. Das schönste, was seine Vergangenheit zu bieten hat. Denn dann wurde es nur noch schlimmer. Nach fast einem Jahr beisammen ging es ausschließlich bergab.

Plötzlich hört er ein Klingeln hinter sich. Typisch für das Öffnen einer Tür. Seine Schritte verschnellern sich und auch ihre Spanne scheint erweitert. Felix will vor jemanden flüchten, der weiß, wo er wohnt und jederzeit bei ihm aufkreuzen könnte.

Was macht er wieder hier, in seiner ehemaligen Heimat? Wäre er gestern ruhig geblieben, so könnte er es jetzt schon wissen. Aber dieser Schmerz. Es war richtig. Immerhin hätte es ihn nur überfordert und erfahren, weswegen man ihn ohne Erklärung einfach verließ, für zwei Jahre, will er auch nicht. So wirklich.

Zwar würde diese Klarheit vieles offenbaren, jedoch dem zarten Riss gleichzeitig zu einem Bruch der Verzweiflung verhelfen.

Plötzlich, wie gestern auch schon, spürt er diese Hand. Auf seiner Schulter, wie sie ihn nicht nur ausbremst, sondern letztendlich komplett zum Anhalten übergehen lässt. Trotz seines schnellen Tempos, konnte er ihm nicht entkommen. Hatte kein Problem aufzuholen und dann auch schon sein Ziel zu erreichen.

Seinen Kopf nach hinten drehend, fängt er ihn ausschließlich im Augenwinkel auf. Wie er wieder diesen Mantel an sich trägt, die stämmig dicken Boots, welche ihre Spuren hinterlassen und den flehend zarten Blick. Hatte ihm gestern die Ruhe gegeben, welche Felix eingefordert hatte. Hat dennoch nicht außer Acht gelassen, weswegen er überhaupt erst auf den Jüngeren zugegangen war. Will es aufklären.

Erneut, bei dieser Berührung, verkrampft sich alles in Felix. Jene einst vergessen fühlende Wärme durchzieht alles, lässt ihn beleben. Glauben es sei wie früher.

Nichts ist so. Wird wieder so kommen. Er kann es sich nicht vorstellen. Nach all dem Leid, soll es wieder gut werden? Dass er nicht lacht. Genau. Das tut er nicht. Hat es seit ihrem nicht vorhandenen Abschied, wenn dann nur noch vorgespielt. Vermisst die wahrhaftig auftretenden Gefühle an Freude. Wenn diese überschwappen, nicht verhindert werden können und einfach auftreten. Echt sind. Strahlen. Mit funkelnden Augen eingebunden wahrhaftig die Schönheit der Welt widerspiegeln.

Seine Schulter rollend, versucht er somit die Hand von sich zu bekommen. Wieder anzugehen. Wegkommen. Sich entfernen. Nicht mehr in seiner Nähe sein. Das will er. Jetzt gerade. Braucht keine Wärme, wenn die Natur ihm Kälte entgegenschmeißt. Will erfrierend einfach nur in den Gefühlen der sich eingesponnen Realität untergehen. Nichts weiter wahrhaben.

Gegen seiner befreienden Erwartung, findet er sich plötzlich, mit einem Schwung gezogen, an Hyunjins Brust wieder. Kann sich nicht lösen, ist vom Älteren eingekesselt.
Bevor er dann überhaupt anfangen kann, sich aus den Armen des anderen winden zu wollen, spürt er, wie dieser seinen Kopf auf seiner Schulter ablegt. Zu ihm spricht. „Können wir es nochmal versuchen? Diesmal achte ich auch mehr auf meine Wortwahl. Ich wollte dich mit meinen Worten nicht angreifen."

Sofort verstummt der in ihm aufkommende Widerstand. Jegliche Abwehrhaltung verlässt ihre hoch errichtete Mauer. Nimmt diesen Eigengeruch in seiner Nase auf, zieht ihn ein. Fühlt sich seit langer Zeit irgendwo geborgen, will aus keiner Situation der körperlichen Nähe eines Kontaktes schwinden. Wird abermals überrannt. Von Erinnerungen. Ihrem Gelächter, der geteilten Freude, all ihren Gesprächen von oberflächlich bis tiefgründig, es war alles dabei.

Er sollte ihm keine Chance geben, ihn dennoch anhören. All diese Schmerzen sollten nicht vergessen werden. Dafür wird er jedoch zu schnell von seinen Gefühlen gesteuert, von diesen überrannt.

„Okay. Aber wieder in meiner Wohnung. Es ist kalt."

Abwegig spürt er, wie die Arme sich auflockern. Hyunjin ausschließlich wieder an seinem Handgelenk hängt und sich von Felix ziehen lässt.

In der Hoffnung, dass es diesmal anders, womöglich sogar besser verläuft. Mit Erklärung, Verständnis und möglicherweise auch Aufhebung an Missverständnissen.

◌⭑◌⭑◌

blizzard of the past. | hyunlix  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt