Kapitel 1

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Mit jedem Kilometer, den ich näher an meine Schule kam, fühlte es sich an, als könnte ich ein wenig besser atmen. Wie ein Stein, der langsam, aber sicher von meinen Schultern gehoben wurde.

,,Bist du dir sicher, dass das so eine gute Idee ist?", fragte mein Vater. Auch wenn ich ihm nicht alles erzählt hatte, schien er zu wissen, dass es dieses Schuljahr gefährlich werden konnte. Vermutlich waren das die Erfahrungen, die er sammeln konnte, als er mit meiner Mutter auf der Flucht war.

,,Ich bin mir sicher", versprach ich und lächelte ihn an. Diese Aussprache hatte unserer Beziehung richtig gut getan. Ich konnte ihm zwar immer noch nicht von den Gefahren erzählen, die mir vermutlich in diesem Schuljahr bevorstanden, aber immerhin war unser Verhältnis wieder besser. Über die ganzen Ferien hatte er mich immer wieder mit Fragen, über die Elementarier gelöchert, die ihm spontan eingefallen waren und ich war gerne dazu bereit gewesen, sie alle geduldig zu beantworten.

Mein Vater musterte mich von der Seite, bevor er seinen Blick wieder auf die Straße richtete und seufzte.

,,Du bist so schnell so erwachsen geworden. Ich wünschte, du wärst noch ein wenig länger ein wenig jünger geblieben, damit ich dich weiterhin beschützen kann", gab er zu und klang mit einem Mal sehr traurig.

Er hatte zugegeben, dass er sich wünschte, er hätte mehr Zeit nach dem Tod meiner Mutter mit mir verbringen können. Er bereute es nicht direkt, mich auf die Internate geschickt zu haben, weil es nur dazu gewesen war, mich in Sicherheit zu wissen, aber er bereute die verpasste Zeit dadurch.

,,Aber jetzt bist du erwachsen und ich brauche dich nicht mehr zu beschützen, weil du das sehr gut alleine hinbekommst."

,,Du wirst immer mein Vater bleiben", sagte ich und sah ihn an. ,,Und das ändert sich nicht, weil ich erwachsen geworden bin."

Ohne mich anzusehen, lächelte mein Vater. ,,Das ist nicht dasselbe und das weißt du auch."

Ja, das wusste ich. Mit einem Mal fühlte ich mich schlecht, ihm nicht von dem bevorstehenden Krieg erzählt zu haben. Was, wenn ich starb? Er würde niemals eine Gelegenheit haben sich zu verabschieden und dann hätte er sowohl seinen Sohn als auch seine Frau an dieselbe Sache verloren.

Sobald der Gedanke in mein Gehirn gekommen war, verbannte ich ihn auch gleich wieder. So durfte ich gar nicht erst anfangen zu denken. Ich würde nicht sterben. Ich würde leben.

,,Ich habe dich lieb." Trotzdem wollte ich, dass er das wusste. Er sollte wirklich wissen, dass ich keinerlei Groll mehr gegen ihn hegte.

,,Sag das nicht, als wäre es ein Abschied für immer" wandte er sofort ein. Am liebsten hätte ich geschrien. Natürlich hatte er es durchschaut.

,,Dann verspreche ich dir hiermit, dass ich wiederkommen werde. Ich werde alles tun, um wieder zu dir nach Hause zurückzukommen", schwor ich, aber mein Vater stieß nur ein humorloses Lachen aus.

,,Versprich nichts, von dem du nicht zu hundert Prozent weißt, dass du es halten kannst, Louis."

Wir fuhren auf dem Platz vor der Burg vor, die ich meine Schule nannte.

,,Versprich mir einfach, dass du auf dich und deine Freunde Acht geben wirst." Langsam, aber bestimmt nickte ich.

,,Das kann ich dir versprechen."

,,Dann ist das alles, was ich von dir verlangen kann."

Mein Vater beugte sich zu mir herüber und drückte mir einen Kuss auf die Stirn, bei dem mir beinahe die Tränen kamen.

Ich stieg aus, nahm meinen Koffer und sah meinem Vater hinterher, wie er wieder davon fuhr. Einen großen Abschied hatte ich nicht erwartet und es war für uns alle auch besser, wenn wir so taten, als wäre es wie in jedem anderen Internat. Das ersparte uns beiden viele Schmerzen, die durch die Ungewissheit kamen.

Eine Vereinigung der Elemente | eine One Direction Fanfiction IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt