chapitré deux

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cotard✝{h.s} // chapitré deux

song banks - you should now where i'm coming from

rückblende - flashback

»Sind sie sich sicher, Miss? Das ist kein rückgängiger Prozess« murmelte die Krankenschwester und seufzte als die noch schwangere Mutter nickte und sie ansah.

»Gut. Wir leiten die Geburt künstlich ein, sodass der Fötus entweder tot auf die Welt kommt, oder nach der Geburt stirbt. Schließlich sind sie noch in der dreizehnten Woche. Keine Überlebenschance für das Kind.«

Sie stimmte zu, setzte sich auf die Liege und wurde von einem Arzt abgetastet, der danach den Krankenschwestern für die künstliche Geburt, jeweils mitteilte welche medizinischen Instrumente gebraucht wurden.

Der Eingriff dauerte mittels den Gegebenheiten rund vier Stunden, bis eine Krankenschwester, es nicht aushielt und anfing zu weinen. Sie stürmte aus dem Zimmer, übergab ihre Aufgabe ihrer Freundin, eine Anfängerin, die mit zitternden Händen in den OP-Saal trat, während die Abtreibung kurz vor ihrem Ende war.

Ein hilfloses Kind kam auf die Welt, schrie und weinte, wie bei einer gewöhnlichen Geburt, nicht wissend was ihn erwarten würde. Viele Krankenschwestern lächelten schwach, wussten ganz genau, dass dieses Kind wenige Stunden hatte und dann sterben würde. Sie hofften auf eine Reaktion bei der Mutter, nachdem das Kind kurz auf ihre Arme gelegt wurde. Doch sie sah es an und gab es gleich wieder zurück. Ihre Fassade tot in Emotionen.

Das Kind wurde gesäubert, gemessen und gewogen.

Die Anfänger-Krankenschwester durfte dies übernehmen, hatte keine Schwierigkeiten beim Hochheben des Kindes. Es war nur 30cm groß, wog 610 gramm. Der Arzt befahl das Kind aus dem Kreißsaal zu bringen, in ein Körbchen zu legen und auf seinen Tod zu warten, ohne medizinische Versorgung, die noch nicht arbeitsfähigen Lungen des kleinen Jungen würden versagen, ihn unfreiwillig zum Tod schleifen.

Als hätte dieses Ereignis nie stattgefunden, eilten die Krankenschwestern zu ihren Patienten, kümmerten sich um die Zustände und versammelten sich dann kurz vor dem Ende des Tages in dem Raum, wo sie die abgetriebenen und toten Embryos hielten. Sie mussten alles Tote entsorgen, in den Gewebemüll schmeißen, oder in eine Zentrale schicken, welche auch Beinamputationen und jegliche andere Stücke des Menschen verstaute.

Dort angekommen erledigten sie ihre Aufgabe, bis eine der Krankenschwestern durch ihr lautes Schreien, alle Aufmerksamkeit auf sich zog.

»Es lebt. ES LEBT« wiederholte sie dann, schrie ein weiteres Mal etwas auf, nahm das vorher abgetriebene Kind in ihre Arme.

Eine weitere Krankenschwester gesellte sich zu ihr, sah die bläuliche Farbe im Gesicht des Kindes und nahm es der anderen Schwester sofort ab.

»Er wird bald unterkühlen, schnell, wir müssen es den Ärzten sagen.«

Das Kind wollte leben, durchstand alles was ihm gefährden konnte, seine ungebildete Lunge, die sinkende Temperatur, die neun Stunden ohne medizinische Versorgung. Er war ein richtiger Kämpfer, aufrichtig, standhaft sah er dem Tod entgegen, aber er starb nicht.

Keine Infektion gab ihm überhebliche Schaden, es war nicht sein Todestag, es war sein Geburtstag.

»Sie lügen mich an. Er kann nicht überlebt haben« zischte die Mutter verbittert zurück, als sie die Nachricht überbracht bekam, »Sie waren es oder? Sie haben das Kind danach nicht getötet, wollten mich reinlegen, genau. Genau das war ihr Ziel!«

Der Arzt hob die Augenbrauen und schüttelte den Kopf.

»Hören Sie, für uns ist das auch ein Wunder. Das war kein gewöhnliches Resultat einer Abtreibung. Verstehen Sie? Aber da sie keine anonyme Abtreibung bevorzugt haben, sondern ihre Informationen an uns vermittelt haben, haben Sie jetzt die Pflicht das Kind mitzunehmen. Entweder Sie stellen es zur Adoption frei oder unternehmen etwas anderes. Vielleicht war das ein Zeichen des lieben Gottes, dass sie das Kind aufziehen sollen.«

»Weder fasse ich das Kind an, noch nehme ich es mit. Ich will es nicht sehen, Sie können mich zu nichts zwingen« fauchte sie, stand auf und betrachtete den Arzt und sah dann zu den drei Krankenschwestern, hob danach drohend eine Hand, »Wehe sie bringen es her, ich klage ihr Krankenhaus an und bringe es zum Untergang, das schwöre ich Ihnen. Sie sind nichts besseres, nur weil sie einen verdammten, weißen Kittel tragen. Hören Sie auf mich damit berühren zu wollen.«

»Gute Frau, reißen Sie sich zusammen. Ihr Abtreibungsgrund war eine nicht gewollte Schwangerschaft, wären sie vergewaltigt worden, wären wir alle ein wenig barmherziger mit Ihnen. Sie haben das Kind gezeugt, also haben sie auch verdammte scheiße Zeit es aufzuziehen« rutschte es einer Krankenschwester heraus, die sofort nach ihren Sätzen von dem Arzt hinausgeschickt worden war. Es herrschte angespannte Luft im Raum, sorgte nur dafür, dass die Frau immer noch wie verrückt, die Angestellten beäugte und sich setzte.

Nach unzähligen Diskussionen mit dem Arzt und den Krankenschwestern die sich formal zurückhielten, verschwand sie aufgebraucht aus dem Krankenhaus. Ohne das Kind.

Die Tage vergingen und für den kleinen Jungen kam keine Bezugsperson, niemand im Krankenhaus wusste wirklich, wie sie die Situation unter Kontrolle halten konnten. Für die Ärzte war das ein kurioser Einzelfall.

Nachdem viele christlich geprägte Waisenhäuser von dem Jungen erfahren hatten und sich sein Ruf herumsprach, lehnten sie den Jungen alle zielgerecht ab und meinten, sie wollen so etwas nicht aufziehen. Rechtlich eingreifen konnte das Krankenhaus auch nicht, weil nicht die ganze Institution das ausbaden musste.

Schließlich unterschrieb die Anfänger-Krankenschwester das Sorgerecht für das Kind, nur um es aus dem Krankenhaus herauszubekommen und fuhr mit dem Kind zu der biologischen Mutter. Es war kurz vor Mitternacht und kalt draußen, aber sie schöpfte Hoffnung und hatte einen durchdachten Plan.

Die Tür ging auf und die Mutter stand vor der Krankenschwester und dem Baby. Es dauerte keine drei Sekunden und die Mutter schloss die Türe laut, doch das brachte die Krankenschwester nicht davon ab, es noch einmal zu versuchen.

Erneuert klingelte sie.

»Ich will Ihnen das Kind nicht aufzwingen, ich will nur, dass sie wissen, wohin ich es bringe. Sodass wenn sie irgendwann in ihrem Leben den Drang zu verspüren ihr Kind nachhause zu bringen, es in die Arme zu schließen, genau das tun können. Eine Mutter sein. Also bitte begleiten Sie mich zu meinem Auto und halten Sie den Mund, ich will keine Diskussion führen müssen.«

Ohne ihre Antwort abzuwarten, lief die Krankenschwester mit dem Kind in ihren Armen zu dem Auto, sie setzte sich hinter das Steuer, wartete bis die Mutter neben ihr einstieg und lag das Kind in ihre Arme. Vielleicht würde Sie, sich dazu entscheiden eine Mutter zu sein, da sie die Intensivität spüren konnte. Es war schließlich das erste Mal nach der künstlichen Geburt des Kindes, dass sie es in den Armen hielt.

In der Innenstadt angekommen, stiegen beide aus und die Krankenschwester lief voran. Es war stockdunkel. Die Mutter trug immernoch den kleinen Jungen.

»Sind wir bald da?« wollte sie entnervt wissen, bekam keine Erwiderung und entschied sich dann einfach weiterzulaufen, der Krankenschwester hinterher.

Nach geringer Zeit hielt die Krankenschwester an und stand vor einer Hauswand. Sie öffnete die Klappe und sah die Mutter an.

»Sobald sie ihr Kind da reinlegen, wird sich die Klappe schließen und sie können es nicht mehr ergreifen. Der kleine Brief hier in der Klappe ist eine Nummer, damit können sie ihr Kind entweder besuchen oder zurückholen kommen, wenn die Zeit gekommen ist. Nehmen Sie ihren Abschied, bevor Sie es reinlegen.«

Die Mutter sah auf ihr Kind, legte es in das beheizte Bett und drückte die Klappte gewaltig zu. Sie nahm keinen Brief, keine Nummer hinterließ keine Information, sondern ging danach und war wie verschwunden.

Die Krankenschwester, sah wie auf der anderen Seite die Klappe aufging und ein paar Frauen das Baby entgegen nahmen.

Sie spekulierten lange, bis sie dem Kind den Namen Harold gaben.











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