2.

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Wenn ich etwas liebe, dann surfen. Ich habe es schon immer geliebt, auf einem Brett zu stehen und auf den Wellen zu reiten. Es ist ein unglaubliches Gefühl, zwischen einer Naturgewalt zu sein, und sie bestimmen zu lassen, wo es hin geht. Surfen ist nicht jedermanns Sache. Viele haben Angst. Aber ich liebe es. Es ist, als würde man einen Moment lang tatsächlich frei sein, ungebunden und an nichts denken zu müssen. Für mich ist es zwischen den Wellen, als könnte ich alles vergessen, als müsste ich mir keine Sorgen machen, das jemand aus meiner Familie verletzt oder gar getötet wird. Surfen ist für mich loslassen. Schon früher hatte ich eine Verbindung zum Meer. Wenn ich am Ende war, lief ich zum Meer und tauchte unter. Ich vertraute dem Meer alle Geheimnisse an, auch mein dunkelstes. Es war wie ein Freund für mich. Immer da, obwohl es manchmal nicht in meiner Nähe war.

Genauso fühle ich mich nun. Frei, ungebunden. Es ist ein tolles Gefühl, als würde ich schweben. Dann plötzlich wird meine Sicht klarer. Es ist, als hätte ich vorher versucht durch eine Welle hindurch zu sehen, ich konnte nichts sehen, außer das blau des Wassers. Aber jetzt kann ich alles erkennen. Um mich herum ist Wald. Alles ist so grün! Die Umgebung strahlt in allen möglichen grün braunen Farben, bis hin zu dunklen oder farbigen Tupfen. Ich spüre, wie ich renne. Aber mein Körber strengt sich nicht an. Meine Muskeln bewegen sich, aber ich spüre nicht die geringste Anstrengung, es ist als wäre ich nicht ich selbst. Der Wald rast an mir vorbei, die Farben verschwimmen, als ich mit unglaublichem Tempo so weiter renne. Ich bin frei. Dann höre ich plötzlich Geräusche, sie sind viel zu laut und zerstören die natürliche Ruhe des Waldes. Ich höre einen Schrei und drehe meinen Kopf. Er fühlt sich anders, schwerer an, als sonst. Dann sehe ich meinen eigenen Schatten hinter mir, und ich erschrecke mich so, das mich meine Instinkte plötzlich verlassen, und ich mit vollem Karacho gegen etwas knalle. Mein ganzer Körper erzittert, und ein grausamer Schmerz durchzuckt mich und lässt mich aufschreien. Aber aus meinem Mund dringt kein Schrei. Es ist etwas tieferes, furchteinflößendes, etwas dass ich noch nie gehört habe. Dann höre ich etwas in meinem Kopf. Es sind Geräusche, Laute die ich nicht verstehen kann, die ich nichts zuordnen kann. Aber sie kommen mir so bekannt vor...Wieder durchzuckt mich ein ebenso grausamer Schmerz, aber es ist ein Schmerz der Erinnerung, kein Körperlicher. Ich wünsche mir, ich könnte wieder frei sein, ich wünsche, ich wüsste nicht, was ich jetzt weiß.

Doch anderseits will ich es. Ich will diesen Schmerz. Lieber will ich ihn, als das zu verlieren, was mir gerade geschenkt wurde. Also beschließe ich zu leiden. Der Schmerz ist unerträglich, aber ich weiß, dass das Andere noch viel unerträglicher wäre. Nach einer gefühlten Ewigkeit verklingt der Schmerz ein bisschen, ins Maß des Erträglichen. Ich atme erleichtert aus.

Dann spüre ich ein Ziehen im Bauch. Es ist nicht schmerzhaft, nur nervig. Es hört allerdings ebenso plötzlich auf, wie es angefangen hat. Nur kommt es nun mit doppelter Kraft zurück. Ich huste, und überraschender Weise, ertönt ein echtes Husten aus meinem Mund. Dann verschwimmt alles um meine Augen, der ganze Wald fängt an sich zu drehen. Ich versuche aufzustehen, kämpfe dagegen an, aber ich bin machtlos. Etwas reißt mich geradezu von diesem Ort weg. Von diesem Ort, der mir sowohl gezeigt hat, was Friede, sowie Schmerzen sind. Ich schätze dass er verflucht ist. Aber was ich wohl hier mache? Und wie ich hier her gekommen bin. Dass weiß ich vielleicht nicht, aber ich weiß nun, das ich stark bin. Ich habe diese Schmerzen ausgehalten, und sicher werde ich jetzt dann die Belohnung dafür kriegen. Aber vielleicht habe ich sie schon? Vielleicht war die Belohnung die Erkenntnis, dass ich kämpfen konnte. Ich weiß es nicht. Dann, endlich werde ich erlöst. Das verschwommene wird schwarz, undurchdringlich, und verschluckt mich ganz.


this alpha is a damn heroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt