Kapitel 7

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London

Seine Hand verweilte auf meinem Oberschenkel und niemand bemerkte es, wie war das nochmal mit dem Baum, der umfällt? Wenn keiner es hört, passiert es auch nicht. So war es wohl auch hier. Andererseits sah Derrick verdammt heiß aus, aber nein, er war tabu. Dennoch wagte ich nicht, seine Hand von meinem Schenkel zu schieben, der Moment war wahrscheinlich intimer als jede seiner bereits mit Nadiya vergeudete Sekunde.

Natürlich musste gerade "Earned It" im Hintergrund laufen, sodass meine Fantasien wieder einmal überhand nahmen. Natürlich, jedes Mädchen träumte davon, einmal Sex mit Derek Gilmory haben zu dürfen.

Und Nadiya? Sie war ein Glückskind; einen Typen wie Salem hätte sie nichtmal in ihre Nähe gelassen. Salem... Schon ein sehr ungewöhnlicher Name. Aber der ganze Typ war außergewöhnlich. Sein Dreitagebart verursachte noch jetzt ein Kribbeln auf meiner Wange und seine strahlenden Augen...

Endlich schob ich Derricks Hand weg und widmete mich wieder dem Gespräch auf der anderen Seite des Tisches, in dem es gerade darum ging, ob Zeus seinem neuen Freund Gras anbieten sollte oder nicht. Oh, honey... hätte ich wahrscheinlich sagen sollen, stattdessen hielt ich mich aus der Argumentation heraus und wartete bis irgendjemand die Welle so weit vorantrieb, dass sie brach.

"Wenn du dem sofort Gras mitbringst, denkt der doch nur schlecht über dich." ließ Fala verlauten und wir alle starrten sie an. Dass ausgerechnet Fala, die Hasenzüchterin schlechthin, solche Töne spuckte, brachte uns doch zum Staunen.

"Naja, beim ersten Date oder auch beim zweiten zeigt man doch eher seine Vorzüge und was ist, wenn er überhaupt keine Hasen mag? Dann hast du von Anfang an verschissen, weil du schon sofort gezeigt hast, dass das Kiffen ein wichtiger Teil in deinem Leben ist, so wichtig, dass du keinen Freund willst, der damit nicht klarkommt, denn genau das drückst du damit aus!" Sie nahm einen Schluck von ihrem Milchshake und verschränkte demonstrativ die nackten Arme vor ihrer Brust.

Mit so einer Reaktion hatten wir wohl alle nicht gerechnet, doch im Endeffekt musste ich ihr zumindest zustimmen. Wenn ich Salem nochmal treffen sollte, dann würde ich auch nicht wollen, dass er sofort alle meine Laster kennt. Ich würde in Maßen trinken oder rauchen, auf gar keinen Fall kiffen, es sei denn, er fragt danach... Aber was macht dieser Mann überhaupt schon wieder in meinem Kopf?

Zeus' dunkles Lachen riss mich wie so oft aus meinen Gedanken. "Ihr seid so süß, aber er ist Kunststudent, nur zwei Semester unter uns und wer hier in der Akademie Gras will, der holt es sich bei ihm." Jetzt wussten natürlich auch alle Bescheid, wer Zeus' neue Flamme war und ich musste zugeben, der Typ war heiß, aber es war scheinbar kein Wunder, dass er mich hatte abblitzen lassen. Zumal ich nur billiger ans Gras kommen wollte.

Die Tatsache, dass unser Quoten-Homosexueller sich mit ihrem Dealer vergnügen wollte, gefiel Fala jetzt wiederum gar nicht mal so gut. "Dann zieht ja meine Masche mit der aufgeknöpften Bluse und dem Schmollmund gar nicht mehr..." maulte sie, wobei sich merkwürdigerweise ihre Stimme überschlug.

"Süße, wenn er so stockschwul ist wie mein Brüderchen ihn beschrieben hat... Dann hat die Masche noch nie gewirkt. Vielleicht dachte er, du seist so arm und müsstest sonst auf den Strich gehen, um dir sein Gras leisten zu können." Thalia lachte und Fala stimmte mit ein. Doch unter ihrer Grimasse konnte man sehen, dass es in ihr brodelte. Das würde noch ordentlich Stress geben.

Bevor hier die Fetzen fliegen konnten, wollte ich mich schonmal aus dem Staub machen. Ich kannte sowohl Thalia als auch Fala recht gut und mein Gefühl sagte mir, dass die Unterredung hier mit Haare ausreißen, Kratzen und Kleider zerfetzen enden würde. Niemand machte sich ungestraft über Falas Mutter lustig oder ihren 'Beruf', wie sie es so euphemistisch nannte. Erst Recht nicht Thalia, die aus einer gutbürgerlichen Familie stammte und alles in den Arsch geschoben bekam.

Ich gab meinen Mädels je einen Kuss auf die Wange, umarmte erst Derek, dann nochmal Zeus und ging dann zur Kasse, um meinen Kaffee zu bezahlen und aus diesem Hochspannungskraftwerk zu entkommen. Für Zeus und Derek hoffte ich, dass sie es auch noch pünktlich schafften.

Draußen zündete ich mir erstmal eine Zigarette an, rauchte ein bisschen, zog ein paar Mal daran, um mich zu entspannen. Das Wetter heute war grandios, eigentlich untypisch für Anfang Juni, normalerweise fiel der Regen da in Bächen aus dem Himmel herab, aber heute war es angenehm warm.

Wie gesagt, ich entspannte mich zunehmend und bemerkte daher erst relativ spät, dass Derrick und Zeus rausgekommen waren. Zeus setzte sich auf eine Bank direkt gegenüber, um aus der Ferne zu beobachten, was zwischen den beiden Bitches passierte. Ja, ich nannte meine Freunde damals unheimlich liebevoll Bitches. Zumindest die beiden, weil sie sich so oft stritten. Meistens um Klamotten.

Derrick schnorrte eine Zigarette bei mir und machte dann Anstalten, mich auf meinem Weg nach Hause zu begleiten. Hätte ich ein bisschen Alkohol oder Gras gehabt, hätte ich mich damit irgendwie aus der Welt geschossen und wäre wohl mit Derrick im Bett gelandet, aber in meinem nüchternen Kopf war ich meiner Freundin gegenüber uneingeschränkt loyal eingestellt.

Derrick startete noch einige Versuche, mich anzumachen, aber bis zu meiner Haustür blieb ich standhaft. "Wenn er jetzt auch noch mit hochkommt, dann ist er Nadiya gar nicht wert." redete ich mir ein und natürlich kam er mit. Jetzt war es sowieso egal. Er drückte mich sanft gegen die Tür, legte eine Hand in meinen Nacken und küsste mich ziemlich leidenschaftlich auf die Lippen.

Meine Hände fuhren unter sein Shirt. Der Junge hatte gut trainiert, er strotzte nicht vor Muskeln, aber sie waren mehr als definiert. Ich grinste leicht und sah ihn an. Er hob mich mit Leichtigkeit hoch, zog mir die Chucks aus, dann die Leggings. Sein Shirt war das nächste, das auf dem Boden landete. Danach fanden unsere Lippen wieder aufeinander. Ich schlang die Arme um seinen Hals und schob ein Knie zwischen seine Beine, was er sofort als Zeichen nahm und seine Jeans auszog. Das Bett war nur wenige Meter entfernt, in einer kleinen Niesche, nichtmals durch eine Tür von der Küche abgetrennt.

Genau dort wurde ich jetzt abgelegt. Er beugte sich über mich, nahm den Saum meines Shirts in seine Hände und zog es mir auf links bis auf den Kragen über den Kopf. Ich konnte nichts mehr sehen. Mein BH war schneller weg, als ich reagieren konnte, aber es war so verdammt angenehm. Seine Lippen schlossen sich um meine linke Brustwarze und brachten sie dazu, sich gen Himmel aufzurichten. Seine Hände wussten genau, was sie da zwischen meinen Schenkeln anrichteten, und das gefiel mir so dermaßen gut.

Er wusste, dass das, was er hier tat, nicht nur seine Beziehung zu Nadiya beendete, sondern auch meine Freundschaft zu ihr, da war ich mir sogar ziemlich sicher. Doch er nahm das in Kauf, für eine Nacht mit mir. Aber war ich denn bereit dafür, eine meiner besten Freundinnen für eine Nacht mit so einem Derrick Gilmory zu verlieren? Ich wog kurz die pro und contra Argumente ab und entschied mich dazu, dass es mir das nicht Wert war. "Derrick,  hör auf." hörte ich mich sagen, obwohl mein Körper eine komplett andere Meinung zu dem Thema hatte.

Ich zog mein Shirt wieder runter und sah ihn an. "Tut mir Leid, aber ich kann das nicht... Sister vor Mister, wenn du weißt, was ich meine." sagte ich und setzte mich auf, strich ihm kurz durchs Haar, das war irgendwie ein Tick von mir, das machte ich immer, wenn ich irgendjemanden verletzt hatte, egal ob er/sie es provoziert hatte oder nicht.

Derrick nickte nur ziemlich enttäuscht, dann zog er sich wieder an. "Ich werde mich endgültig von Nadiya trennen, dann können..." "Nein, dann können wir nicht. Dann hat sie Liebeskummer und dann gilt immer noch Sister vor Mister. Wir werden kein Wort über diese Situation grad verlieren, ihr gegenüber, um uns alle drei zu schützen, mehr will ich doch gar nicht von dir. Lass Nadiya einfach in Ruhe und such dir irgendeine, die zu dir passt. Nicht mich und keine andere aus unserem Freundeskreis. Versprich mir das bitte hier und jetzt."

Er nickte kurz, schien zu überlegen, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gab dafür, dass ich mich auf ihn einließ

NightcallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt