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"Ben! Entweder Sie stellen jetzt Ihre Gespräche ein und lenken Ihre Aufmerksamkeit auf den Unterricht oder ich suspendiere Sie für den Rest des Tages! Aber entscheiden Sie sich bitte jetzt! Ich habe nicht Lust den Rest der Stunde mit ihren obszönen Anmerkungen zu verbringen!", spuckte mir meine Lehrerin schon förmlich ins Gesicht. Wortlos stand ich auf, nahm meinen Rucksack und verließ den Raum. Lust ihr eine schlagfertige Antwort zu geben hatte ich nicht, es brachte mir schließlich nicht mehr als Ärger. Wieso sollte ich also nicht gehen? Doch nachdem ich die Klassentür hinter mir zugeschlagen hatte, wurde sie wieder von dem Teufel namens Mrs. Miller aufgerissen: "Halt, halt mein Freundchen! So schnell haust du nicht ab! Komm sofort zurück oder ich lasse dich von der Schule verweisen!" Ärgerlich, dass sie die stellvertretende Schulleitung war. Seufzend drehte ich mich um, ging gelassen an ihr vorbei und setzte mich an meinen Platz. "So Ben. Jetzt darfst du mit Vergnügen meine Fragen beantworten!", fies grinsend sah Mrs. Miller mich an. Ein Wunder, dass die doofe Kuh verheiratet war. "Wenn Sie die Güte hätten mich wieder zu Sietzen, werde ich jede Ihrer Fragen mit Freude beantworten." -" Das werden wir ja sehen mein Lieber!" Eigentlich dürfte ich die Fragen nicht beantworten, es würde meinen Ruf zerstören. Doch zum allerersten Mal seit vielen Jahren war mir Schule einen kurzen, winzigen Moment wichtiger. "Also Ben, was passierte am 30. Januar 1933 in Deutschland?" Die Frage war wirklich leicht zu beantworten, jeder der sich ein bisschen für Geschichte interessierte konnte dies. "Da wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt." Mrs. Miller sah mich erstaunt an, auch meine Klasse musterte mich argwöhnisch- durfte ich nicht auch mal eine Frage richtig beantworten? "D-da-das ist korrekkt.", meine Lehrerin rang kurz um Fassung:" Und wer ernannte Hitler zum Reichskanzler?"-"Hindenburg. Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg. Generalfeldmarschall und Politiker." -"Das ist auch richtig." Keiner sagte ein Wort, alle Gespräche waren verstummt. Alle lauschten den Antworten, die ich gab. Niemand hätte je damit gerechnet, dass ich wirklich richtig antworte. "Eine letzte Frage Ben. Was war am 22. Juni 1941?" Die Frau konnte wirklich keine schweren Fragen stellen, oder? " Da überfielen die deutschen Truppen die Sowjetunion." Ohne zu sagen,ob die Antwort richtig oder falsch war, drehte sich meine Lehrerin wieder um und führte den Unterricht weiter als wäre nichts passiert. Doch trotz der richtig beantworteten Fragen, hatte ich nicht vor mich am Unterricht zu beteiligen. Jailyn hatte sich schon länger nicht gemeldet. Und ich konnte noch nicht einmal sagen, ob sie in der Schule war oder nicht, weil ich kein Bild von ihr hatte. Ich kannte nur ihre krakelige Schrift auf weißen oder karierten Papier. Manchmal waren es auch nur herausgerissene Seiten aus einem Heft. Es klingelt zum Stundenende und ich wollte sofort den Raum verlassen, doch meine Lehrerin hielt mich zurück: " Ben ich würde gerne nochmal kurz mit Ihnen sprechen." -"Okay."-"Also, es ist Folgendes. Die Antworten, die Sie heute gegeben haben, waren sehr gut und haben mich sehr überrascht. Wenn Sie sich also eventuell für Geschichte interessieren sollten, könnten Sie entweder mehr mündlich mitarbeiten oder mir Aufsätze über bestimmte Themen schreiben um IhreNote zu verbessern." -"Hm."-"Überlegen Sie es sich bitte, diese Chance gebe ich Ihnen nur einmal." Natürlich war es irgendwie eine große Chance, aber anderseits hatte ich keine Lust. So schnell wie möglich fuhr ich nach Hause, verspürte nicht den Drang mit irgendwem zu reden. Garantiert hatte sich die "Sensation der Geschichtsstunde" schon rumgesprochen. Den ersten Blick warf ich in den Briefkasten, doch in ihm trat ich auf gähnende Leere. Jailyn hatte mir immernoch nicht geschrieben, Enttäuschung machte sich in mir breit. Ich mutierte immer mehr zum Weichei, der bei Schnulzfilmen in Tränen ausbrauch. Schnell lief ich die Treppe zu unserer Wohnung hinauf und begrüßte meine Mutter. Vor einiger Zeit hatte ich sie noch ignoriert. " Und wie war die Schule?", dass Eltern immer wissen wollten wie die Schule war, wirklich viel gab es da ja nicht wirklich zu erzählen. "Wie immer." Sie lachte und griff nach dem Wasser, oder doch nicht! Sie griff nach einem weißen Briefumschlag daneben: "Hier der ist für dich." "Danke.", ich riss ihn ihr förmlich aus der Hand und wandte mich zum Gehen. "Wüsste gerne wer dir da immer schreibt..."-"Niemand Mama, kennst du nicht." Schon im Gehen riss ich den Briefumschlag auf und fing an zu lesen. Nach ein paar Zeilen verblasste mein Lächeln...

...

Ich schaffte es nicht irgendwas in Worte zu fassen. Es war zu viel. Ich wusste nur eins. Ich musste mit Sandy reden.

Love, JailynWo Geschichten leben. Entdecke jetzt