Kapitel 8: Unser erster Kuss

129 10 0
                                    

Heute ist es schon ein ganzes Jahr her, dass sie sich das Leben genommen hat. Ich weiß noch genau, wie glücklich ich war, bevor ich davon erfahren hatte. Das war der Tag, an welchem ich ihr erzählen wollte, dass ich nun nicht mehr ihre Lehrerin sei und wir nun zusammen sein dürfen. Es tut heute besonders weh. Der Gedanke daran, alleine zu sein ist unerträglich, weshalb ich Elke schreibe und sie frage, ob wir etwas zusammen machen wollen. Nachdem ich die Nachricht abgeschickt habe, gehe ich duschen und trinke anschließend einen Kaffee.

Guten Morgen,
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns treffen, denn alleine sein möchte ich nicht. Wollen wir uns gegen 14 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt treffen?

Ich sage zu und lege dann mein Handy erstmal auf Seite. In 22 Tagen ist schon Weihnachten, das Fest der Liebe und wieder wünsche ich mir, diesen Tag mit Emma zu verbringen. Obwohl meine Gefühle für Elke stark zugenommen haben und damit der Schmerz weniger geworden ist. Wir verbringen viel Zeit zusammen und ich glaube, dass es auch ihr immer besser geht, was mich sehr freut. Vor kurzem hatte sie ihren 39.Geburtstag, welchen wir gemeinsam gefeiert haben. Es war zwar nicht großes und besonderes, aber trotzdem habe ich gemerkt, wie glücklich sie war. Ich liebe es sie lachen zu sehen und kann davon nicht genug kriegen, denn damit macht sie auch mich glücklich. Immer mehr akzeptiere ich, dass Emma nicht mehr lebt und genieße dagegen, dass ich dafür Elke an meiner Seite habe. Wir haben nicht mehr darüber geredet, dass wir Gefühle füreinander haben, aber das ist auch nicht notwendig. Wenn wir beide bereit sind, diese zu zulassen, dann werden wir das schon merken.
Ich gehe also erstmal ins Bad, mache mich soweit fertig und trinke anschließend einen Tee. Natürlich darf auch das Müsli nicht fehlen. Zum Frühstück schalte ich mir meinen Fernsehr an, welcher in der Küche hängt und versuche mich zu entspannen, was mir nicht so wirklich gelingen will. Auf der einen Seite spüre ich die Aufregung, wegen des Treffens und auf der anderen Seite bin ich traurig, wegen Emma. Meiner Meinung nach ist es nicht fair, schließlich hätten wir eine gemeinsame Zukunft gehabt, aber das wurde uns genommen. Obwohl, eigentlich hat sie uns diese genommen, ohne darüber nachzudenken, was das mit mir machen würde. Wieder mischt sich Wut zu meiner Trauer und schon laufen die Tränen über meine Wange. Ich schalte den Fernsehr aus, stelle meine Schüssel mit Löffel in die Spüle und gehe in mein Schlafzimmer. Dort hole ich mir eine weinrote Bluse, eine schwarze skinny-Jeans und weiße Chucks aus dem Kleinerschrank. Nachdem ich diese angezogen habe, mache ich mich noch ein wenig frisch.

Pünktlich, um 14 Uhr komme ich an und treffe gleich auf meine Verabredung. "Hey" sage ich und nehme sie in den Arm, was sie erwidert. Gemeinsam gehen wir über den Weihnachtsmarkt und schweigen die meiste Zeit. "Harter Tag, oder?" fragt mich Elke, als wir einen Glühwein trinken. "Schon, aber ich bin sehr froh, dass wir jetzt gemeinsam hier sind". Das ist tatsächlich so. Obwohl ich absolut keine Motivation hatte, geht es mir jetzt, mit ihr, einigermaßen gut. "Ich auch, glaub mir". Wir unterhalten uns noch ein wenig, bevor wir uns dazu entscheiden, auf die Einbahn zu gehen. "Ich bin ewig kein Schlittschuh mehr gelaufen" erklärte Elke, was mich schmunzeln ließ. "Dann wird es mal wieder Zeit". Sie stimmt mir zu, woraufhin wir auch schon das Eis betreten. Am Anfang ist sie noch relativ wackelig auf den Beinen, aber nicht lange. Hand in Hand laufen wir über das Eis, bis sie jedoch angerempelt wird und beinahe zu Boden fällt. Ich schaffe es noch, sie zu fangen, wodurch sie nun teils in meinen Armen liegt. "Danke" flüstert Elke leise. Meine Blick trifft ihren und ich spüre, dass was ich das letzte Mal bei Emma gespürt habe. Da ist er also. Der Moment, an welchem ich bereit bin, einen neuen Menschen in mein Herz zu lassen. Langsam ziehe ich sie näher zu mir und beobachte dabei, wie sie reagiert. Da sie keinen Widerstand leistet, lege ich meine Lippen sanft auf ihre. Zwar ist es kein leidenschaftlicher Kuss, dennoch löst er einiges in mir aus. Es ist, als würde ich jetzt erst wissen, was Liebe ist. Aber ja, Emma hat mich vergessen lassen, was Liebe ist und nur durch Elke, darf ich wieder dieses wunderbare Gefühl empfinden. Nachdem wir uns gelöst haben, streicht sie sanft über meine Wange, wobei ein Lächeln auf ihren Lippen steht. Ich bin mir sehr sicher, dass auch ich gerade breit am Grinsen bin. "Ich liebe dich Jane" sagt sie und ich kann spüren, dass sie es wirklich so meint. "Ich liebe dich auch" erwider ich also.

She's gone | Jane Clarke & Emma Krämer {2}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt