Kapitel 4: Die Beerdigung

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Sie hatte sich am 02.Dezember das Leben genommen, am 12.Februar war ihre Beerdigung. Diese fand lediglich im engsten Familienkreis statt und ich hatte mich gefreut, auch dabei sein zu dürfen. Im Endeffekt war es eher ein Fehler gewesen, aber das wusste ich zuvor schließlich nicht.
Um 15 Uhr trafen sich alle für die Beerdigung. Ich lernte Emmas Großeltern, ihre Tante und ihre Cousine kennen, welche allesamt herzlich waren. "Hallo Jane. Es freut mich sehr, dass du gekommen bist" grüßte mich Elke, die Mutter von Emma. Sie schloss mich gleich in die Arme, was ich sofort erwiderte. "Ich danke euch, dass ich hier sein darf". Die Beerdigung war traurig, trotzdem schaffte auch ich es, ein paar Worte zu sagen. "Emma war bereits nach unserem ersten Blick etwas einzigartiges. Ich wollte sie kennenlernen, hatte aber Angst davor, da sie schließlich meine Schülerin war. Aber ich habe sie lieben gelernt, ihr geholfen und schlussendlich versagt. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann, dass ich mich hätte von ihr verabschieden dürfen. Als wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben, habe ich ihr gesagt, dass ich es nicht zu Ende gehen lasse. Ich wollte sie nicht verlieren". Ich fand ein Ende, als mir dir heißen Tränen über die Wange liefen. Elke kam zu mir, schloss mich erneut in die Arme und sagte ebenfalls ein paar Worte. "Das beste was ihr in den letzten Monaten passiert ist, war, Jane kennenzulernen" war ein Teil gewesen und es entlockte mir tatsächlich sogar ein Lächeln. Ich wusste selbst, dass sie mir einiges verdankt und alleine das zeigt mir heute, dass ich hatte gar nichts falsch gemacht. "Wir haben uns hier versammelt, um gemeinsam den Verlust meiner einzigen Tochter zu bedauern. Wenn ich nun auf ihr gesamtes Leben zurückdenke, dann war sie im letzten Jahr am glücklichsten gewesen, mit ihrer ersten und letzten Liebe. Ich danke dir Jane, dafür, dass du ihr Leben bunter gemacht hast. Wir hatten einen schweren Anfang, aber du warst ein Geschenk". Seine Worte hatten mich gerührt. Mir wurde wieder bewusst, dass ich mich grundlos runtergemacht hatte. Es stimmte, sie war glücklich gewesen, wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum. Für eine kurze Zeit hatte ich es tatsächlich geschafft, ihr Hoffnung zu schenken und das war die Hauptsache. Ich hätte es nicht mehr verhindern können. "Mach dich nicht so fertig, wir haben unser bestes gegeben" hörte ich eine Stimme und erkannte Elke, an meiner Seite. Ich nickte, "Du hast recht. Ich vermisse sie einfach nur sehr" gab ich ehrlich zu. Sie nickte daraufhin wissend. "Wir schaffen das". Sie hatte meine Hand in ihre genommen, was mir Kraft gab. Jede einzelne Berührung, jede kleinste gab mir Kraft und Hoffnung. "Danne dir Elke". Ich wusste, dass Emma es freuen würde, zu sehen, wie gut wir uns verstehen. Auch mit ihrem Vater verstand ich mich gut, wir hatten sogar die ein oder anderen Gespräche geführt. Zum Beispiel das eine: "Kann ich mich zu dir setzten?" fragte dieser, woraufhin ich nickte. "Sie hat dich geliebt" kam es von ihm. Ich schaute ihn an. "Ich weiß. Ich habe sie ebenfalls geliebt, tue es noch immer". Wissend nickte er. Danach hatten wir zwar geschwiegen, aber es war angenehm gewesen. Obwohl es keinen schönen Grund für das Treffen gab, fühlte ich mich an diesem Tag verstanden und unbeschwert. Auch, als Elke und ich spazieren waren, fühlte es sich so an, als wäre alles okay. Abends musste ich darüber nachdenken, wie schön unsere Beziehung jetzt sein könnte. Legal und moralisch nicht verwerflich. Obwohl ich es für uns getan habe, wäre es besser gewesen, wenn ich nicht gegangen wäre und mich krankgemeldet hätte. Eigentlich war dieser Gedankengang falsch, weil es mir schließlich selbst nicht gut ging. Ich hatte in der Vergangenheit gelernt, dass die eigene Gesundheit am wichtigsten ist. Hätte ich diese also als zweitrangig angesehen, hätte ich Emma damit gar nicht helfen können. Wie sollte ich jemanden sagen, dass sie stark bleiben soll, wenn ich es selber nicht war? Aber ich hatte, habe noch immer das Gefühl, versagt zu haben. Ich hatte ihr doch schließlich versprochen, immer für sie da zu sein. "Ich habe ihr versprochen, immer für sie da zu sein" sagte ich auch Elke, was sie durch ein Kopfschütteln abtat. "Wir haben zwar nicht darüber gesprochen, wieso du nicht da warst, aber du hattest deine Gründe. Ich musste auch verstehen, dass ich nicht die Schuld trage und das solltest du auch". Sie hat zwar recht, aber ich werde wohl immer so denken, das ist schließlich menschlich. "Darf ich fragen, wieso du nicht da warst?" fragte Elke mich, was mich seufzen ließ. "Sie hatte Zweifel, dachte sie würde mir mein Leben verbauen. Bevor ich ging, sagte ich ihr, dass ich sie deswegen nicht Schluss machen lasse, weil sie nicht zweifeln braucht, wenn ich es selbst nicht tue. Dadurch, dass ich es in der Vergangenheit aber selbst nicht leicht hatte, ging es mir dementsprechend schlecht, weswegen ich mal Ruhe brauchte. In der Zeit, habe ich mir eine neue Stelle gesucht, für sie" erklärte ich. "Es wäre alles gut geworden". Diesen Satz brachte ich, trotz Tränen zustande und sie nahm mich augenblicklich in den Arm. "Mach dich deswegen bitte nicht fertig". Ich hatte es versucht, wirklich, aber das war leichter gesagt, als getan. Für uns hatte ich mir eine neue Stelle gesucht und war regelmäßig zur Therapie gegangen, ich hatte gedacht, dass alles gut werden würde. Ich hatte mich geirrt. Es wäre besser gewesen, für sie da zu sein, ohne wenn und aber.

She's gone | Jane Clarke & Emma Krämer {2}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt