Als ich auf der Manhattan Street war, sog ich genüsslich den Duft von New York ein.
Rot, blau, schwarz, silbern... Die Autos rasten nur so an mir vorbei. Es war noch früh morgens und ich sah noch rosa Streifen am Himmel. Vor mir ragten Prada, Louis Vitton, Gucci, Versace und Abercrombie & Fitch, wobei letzteres nicht zu meinen Konsumgütern gehörte.
Die für New York typischen gelben Taxis fuhren an mir vorbei, ich hatte den Taxi-halt-an Blick schon gelernt, aber eine vierköpfige Familie versuchte hilflos ein Taxi zum Stehen bleiben zu bewegen. Ich genoss noch ein paar Minuten die Aussicht auf den Times Quare und den Big Apple, dann schaute ich streng eines der Taxis an und hob leicht meine Hand, es blieb stehen und ich stieg ein, erhaschte aber noch einen kurzen Blick auf die neidisch dreinschauende vierköpfige Familie.
Ich kurbelte das Fenster runter und rief ihnen im vorbeigehen zu: "Immer streng auf die Taxis gucken! Und mit der Hand nicht so rumwedeln, das kommt bedürftig!"Ich lächelte, der perfekte Beginn für einen perfekten Tag! Nur was sollte ich jetzt tun?
Als ich endlich zuhause war, wählte ich eine Nummer. Eine Nummer, die ich schon seit Jahren auswendig kannte. Ich hätte sie im Schlaf wählen können...
"Hallo?", fragte eine männliche Stimme.
"Hey, Daniel! Ich bin's, wie geht's?"
"Hey, Elly! Du lässt dich auch mal wieder hören... Bei mir ist alles klar, bei dir?"
"Ja, alles super, hast du Lust, heute vorbei zu kommen?"
"Bin schon auf dem Weg." ich hörte das Lächeln in seiner Stimme.
"Ich warte...", grinste ich zurück.Warum war es nicht immer so einfach? Ich kannte Daniel quasi schon mein Leben lang, er hatte neben dem Hause meiner Eltern gewohnt. Er hatte mich immer abschreiben lassen -es war nicht so, dass ich dumm war, ich hatte nur nie Lust gehabt meine Hausaufgaben zu machen - und ich hatte mich im Gegenzug für ihn geprügelt. Später hatte ich ihm dann geholfen, als er sich vor seinen Eltern outen musste. Sie hatten es erstaunlich gelassen aufgenommen.
Ja, Daniel war schwul... Stockschwul, er erfüllte wirklich alle schlechten Klischees im Bezug auf Schwule. Er schaffte es, in einer Gruppe von Homosexuellen immer noch auf zu fallen. Er war Friseur in Brooklyn und kam daher oft zu mir. Ich war einmal bei ihm gewesen, um meine Spitzen schneiden zu lassen. Einmal und nie wieder! Er hatte eine ganze Stunde lang überlegt, ob ich sie mir nicht färben lassen sollte. Eine weitere Stunde hatte er mir versucht zu verklickern, dass ein Pony mir wirklich gut stehen würde!
Ein Pony!
Noch eine ganze Stunde brauchte ich, um ihn davon zu überzeugen, dass ich wirklich nur wollte, dass er mir meine Spitzen schnitt! Da war ich wirklich völlig entnervt gewesen und hatte ihn am Ende so lange angeschrieen, bis er mir schließlich meine Spitzen schnitt. Als er es schließlich gemacht hatte, sah es wirklich nicht schlecht aus, aber ich war so entnervt, dass ich ihm Trinkgeld gab und völlig gereizt verschwand. Nach 3 Stunden kam ich also endlich aus dem Friseur. Es dauerte schließlich noch eine Woche, bis Daniel nicht mehr sauer auf mich war. Ich hatte ihn ja angeschrieen... Es war natürlich alles meine Schuld gewesen, na klar! Danach beschloss ich nie wieder zu Daniel zu gehen! In letzter Zeit hatte ich ziemlich wenig Zeit für ihn gehabt, der Job hatte mich gestresst!Es klingelte drei mal kurz, ich lächelte, das war unser Geheimzeichen...
"Hey Daniel!", begrüßte ich ihn überschwänglich, ich umarmte ihn freudig.
"Hey, Schätzchen! Vorsicht mit meinen Haaren, die habe ich gerade erst in Form gebracht!" Ich lachte: "Es ist schön, dass du mal wieder hier bist!"
"An mir lag es nicht, Ellylein! Puh, deine Kleider sind doch aus der letzten Saison."
"Daniel! Wir haben Frühling und das sind Frühlingssachen..." Ich war ehrlich verblüfft.
"Tja, da liegt das Problem! Bella, wir haben fast Sommer! Wir müssen unbedingt Shoppen gehen!"
"Warte mal! Bella?! Seit wann machst du einen auf Italienisch?"
"Italienisch? Bien sur! Ist eine schöne Sprache! Oui!"
Ich boxte ihm lachend in die Seite.
"Maitenant! Das hier -" er zupfte an seinem T-Shirt. " - ist Designerware! Aber jetzt lass uns Shoppen gehen!"
"Ich kann es kaum erwarten!"
Lachend gingen wir heraus und auf die Straße. Hier tummelten sich überall Touristen und Bänker. Aber wir hatten trotzdem einen guten Tag erwischt, es war nicht allzu voll, weil die meisten Menschen schon auf der Arbeit waren, ich wäre ja eigentlich auch auf der Arbeit gewesen! Die Sonne schien und wärmte mein Gesicht. Lächelnd reckte ich meine Nase gen Himmel und schloss die Augen.
"Wir haben einen guten Tag erwischt, oder?"
"Hmm..."
"Trotzdem solltest du dir eine neue Sonnenbrille holen! Nichts gegen die von Ray Ban!", fügte er eilig hinzu, als er meine empörte Miene sah.
"Aber, Babe, glaub mir, ich kenne mich aus mit den neuesten Trends!"
Ich seufzte: "Na gut... Wo wollen wir rein?"
"Gucci!"
"Gucci?"
"Gucci!"
"Weißt du, wie viel Geld ich momentan verdiene?", fragte ich entsetzt. "Ich kann mir das nicht leisten!"
"Schätzelein, Come on! Ich hab dir immerhin noch kein Birthday-Present geschenkt!"
"Daniel! Das ist echt zu teuer!"
"Hallo? Ich bin immerhin ein Star-Frisur! Ich hab letztens Effie Graf gestylt, vor ihrem großen Auftritt auf der Modenshow von Givenchy! Haufenweise Cash!"
Ich lachte, er würde sich eh nicht davon abhalten lassen... Ich fiel ihm um den Hals.
"Danke, Danny!"
"Noch hast du keine Brille also lass uns reingehen!"
Wieder draußen hatte ich eine wunderschöne Sonnenbrille von Gucci aus der neuesten Kollektion bekommen. Sie war hellbraun schimmernd und hatte große Gläser. Ich durfte nicht auf das Preisschild gucken, Daniel hatte es mir verboten, aber sie war garantiert viel zu teuer gewesen!
Aus dem Laden raus fiel ich Dan erneut um den Hals.
"Dan, sie ist soooo schön! Dankedankedanke!!!" Er löste sich langsam von mir.
"Omg, Ells! Was sollen bloß die Leute denken? Ich hab einen Ruf zu verlieren! Du verscheuchst ja die ganzen guten Typen!"
Ich lachte und boxte ihm wieder in die Seite. "Denkst du nicht, dass ich sie eher anlocke?"
"Ähm... Nein! Davon träumst du wohl..."
Ich schüttelte grinsend meinen Kopf.
"Auf in den Kaufrausch!", rief ich.
"Psst! Das ist ja peinlich!"
Drei Stunden und viele Läden später saßen Daniel und ich völlig ausgelaugt im Starbucks.
Na ja ich war völlig ausgelaugt, Dan war völlig entspannt und räkelte sich genüsslich.
"Also, geht's gleich weiter?"
"Dan? Ich hab auf jeden Fall genug!"
"Weißt du was dir noch fehlt...?", versuchte er mich zu ködern.
"Was?", fragte ich genervt. Es fing schon wieder an.
"Ich dachte, dir fehlen vielleicht noch... sagen wir mal, ein paar Schuhe?"
"Wann geht es los?" ich war freudig aufgesprungen.
"Na gut, lass uns gehen." Dan lächelte milde und ließ etwas Geld auf dem Tisch.
"Danke."
"Hast du nicht allmählich genug Schuhe?", fragte Dan scherzhaft, als wir zum Schuhgeschäft schlenderten.
Ich blieb stehen. "Wie bitte? Daniel, spinnst du? Genug Schuhe..." ich schnaubte laut. "Hallo? Schuhe sind eine wirkliche Investition! Man schaut bei einer Frau als erstes auf die Schuhe, was wären wir ohne Schuhe? Soll ich barfuss durch die Stadt laufen? Hör mal, seit die Menschen existieren -"
"Ellys, schon gut, das war ein Scherz, und das mit der Evolution hast du dir ausgedacht, oder?" Danny lachte.
"Kann sein...", grummelte ich.
Ich lehnte mich an ihn. "Kommst du noch zu mir?", fragte ich.
"Aber klar, ich hoffe, du hast mir was zu erzählen..."
Ich lächelte ihn verschwörerisch an. "Also daran, soll es nicht scheitern..."
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Mein Chef Mr. Know-it-all
ChickLitElly ist eine notorische, feiernde, unpflichtbewusste, kindische Alkoholikerin. Und sie übertreibt gerne mal. Das ist aber nicht ihr Problem, ihr Leben ist perfekt. War perfekt, zumindest bevor ihre Firma einen neuen Chef bekommen hat. Mr. Know-it...