kiss list

5 | trikotnummer 10

»Komm schon! Das Training fängt an!«, Lejla geht in schnellen Schritten durch den Sand, während ich mich mühsam hinter ihr her schleppe und versuche möglichst elegant zu laufen, insofern das möglich ist, denn bei jedem Schritt sinke ich in den samtigen, weichen Sand. Es ist einerseits ein Gefühl wie auf Wolken zu gehen, andererseits ist es so schwer als hätte mir jemand Beton an die Füße gehängt.

Lejla und ich sind auf dem Weg zum Training der Footballmannschaft. Dafür, dass ich eigentlich kein großer Fan des Sports bin, was sich durch meinen kleinen Unfall in der Sporthalle vor einer Woche nicht gebessert hat, habe ich in letzter Zeit sehr viel damit zu tun. Was damit zu tun haben könnte, dass Quins Freunde alle echte Sportfreaks sind und zu jedem Training oder Spiel einladen. Es ist wie Essen gehen. Es ist ein Sehen und Gesehen werden, ein Miteinander und ein Kontakte knüpfen. So jedenfalls hat es mir Lejla erklärt, als ich sie gefragt habe, was es mit den ganzen Sportevents auf sich hat. Lejla hat Quin um meine Nummer gebeten und mich dann heute eingeladen, mitzukommen. Da sie das einzige Mädchen der Clique ist, scheint sie sehr froh darüber zu sein, dass ich mich so gut mit Quin verstehe und sie dadurch jemanden hat, den sie zu den Spielen oder Trainingseinheiten schleppen kann.

»Ich gebe mein Bestes.«

Auch wenn Lejla ein Stück kleiner ist als ich, ist sie auf jeden Fall sportlicher und fitter. Sie hat mir erzählt, dass sie vor einem Jahr noch regelmäßig geturnt hat, und seit Jahren tanzt und dazu auch noch Teil des Leichtathletik Teams der Schule ist. Kein Wunder, dass ich da nicht mithalten kann. Das einzige, was ich bisher zustande gebracht habe ist, einen Ball gegen den Kopf zu bekommen und ohnmächtig zu werden. In ihrem Top und der kurzen Nike Shorts sieht sie auch extrem sportlich aus, während ich in meiner weiten grauen Jogginghose und einem Crop Top eher so aussehe, als würde ich den Tag auf der Couch mit Netflix verbringen.

Sie erzählte mir, dass sie gerne regelmäßig joggt, auch nach der Schule. Ich bewundere sie für ihren Ehrgeiz, dass sie nach einem langen und ermüdenden Schultag noch laufen geht. Wenn ich mal laufen gehe, dann nur an einem Wochenende und auch nur locker. Ignoriert man dabei die Tatsache, dass ich einmal fast von einer Oma in einem Rollator überholt worden bin, wirkt das gar nicht mal so unsportlich.

»Ich hab mich echt gefreut, dass du mitkommst«, sie ist inzwischen stehen geblieben und wartet auf mich. Sie hat ihre Arme in die Hüften gestemmt und sieht mit verkniffenen Augen zu mir, während ihr die Sonne ins Gesicht strahlt. Dadurch fallen besonders ihre Sommersprossen auf, die sich auf ihrem halben Gesicht verteilen. Sie hat wirklich eine unfassbar reine Haut, denke ich, als ich etwas schwer atmend neben ihr stehen bleibe.

»Ich hab mich gefreut, dass du mir geschrieben hast«, gebe ich lächelnd zurück und sie stimmt ebenfalls ein.

»Weißt du, es tut echt gut nochmal mit einem Mädchen abzuhängen, das nicht eine meiner Schwestern ist und ich könnte echt nochmal eine gute Freundin gebrauchen weißt du? Ich habe bei dir einfach das Gefühl, dass das was werden könnte. Besonders weil Quin dich so mag. Das spricht absolut für dich«. Ich bin von ihren Worten sehr gerührt, allerdings bringt mich ihr letzter Satz etwas zum Nachdenken. Da Quin etwas mit dieser mürrischen Cara zu tun zu haben scheint, scheint er mir nicht so, als würde er nur mit sympathischen Menschen zu tun haben. Den Gedanken schiebe ich allerdings schnell beiseite, da Lejla als Quins Freundin definitiv ein Beispiel dafür ist, dass ihre These wahr sein mag.

»Das würde mich freuen. Also, wenn wir mehr miteinander zu tun hätten«, entgegne ich lächelnd.

»LOS JUNGS! SCHNELLER! Toby, was ist das denn? Bist du in der letzten Woche zum Lappen mutiert? Beweg endlich deinen Arsch, Michaelson!!«, ertönt die laute Stimme des Coaches, als wir an dem Platz ankommen.

Lejla hat nicht übertrieben. Das Feld, auf dem die Jungs gerade Football spielen, ist riesig und so grün, wie es normalerweise nur in Filmen aussieht. An der Seite ragt eine große, weiß-graue Tribüne mit Treppen.