3 | spiele und gespräche

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Tatsächlich habe ich mich, trotz Unsicherheiten dazu entschieden zum Spiel der Basketballmannschaft zu gehen, zu dem Quin, der jetzt im grunde so etwas wie mein Nachhilfelehrer in Bio war, mich eingeladen hatte. Wir haben einige SMS getauscht und er hatte mir versichert, dass mich eine Freundin von ihm am Eingang der Halle abfangen würde. Ich frage mich zwar wie sie es schaffen soll, mich in all dem Getümmel und ohne mich jemals gesehen zu haben, zu entdecken, aber ich gab dem Ganzen eine Chance, immerhin ist das die Gelegenheit unter Menschen zu kommen, die nicht Teil meiner Familie sind und ich kann jederzeit abhauen und nach Hause gehen. Meine Mom hat sich sehr gefreut, als ich ihr erzählt habe, dass mich ein Mitschüler zum Spiel eingeladen hat und sie hat mich mit lauter Fragen über Quin bombardiert, die ich ihr gar nicht alle beantworten konnte, da ich ihn selber erst seit gefühlten fünf Sekunden kenne.

Schon vor dem Betreten der Sporthalle ist es unheimlich laut, die meisten sind in Gruppen dort und ich bin sehr überrascht wie viele Menschen, nicht nur Schüler, sondern auch Erwachsene sich scheinbar für dieses Spiel interessieren. Ich war noch nie bei einem Basketball oder einem Spiel einer anderen Sportart. An meiner letzten Schule war ich Teil einer reinen Girls Clique, die nur für gemeinsame Lernstunden in der Bib oder Brettspielabende zu begeistern gewesen sind. Mir hat es nie viel ausgemacht nicht so viel zu erleben wie die meisten anderen in meinem Alter. Ich weiß, dass die Schulausbildung wichtig ist und ich mich bis zur Universität mit schlechten Entscheidungen zurückhalten sollte. Doch nun, wo ich diese Aufruhr, die wegen des anstehendes Spiels herrscht, selber zu spüren bekomme, weiß ich, dass diese Schule eine neue Verführung mit sich bringen kann. Eine, die ich bisher nicht kenne. Ich sehe mich um und suche unsicher ein Gesicht in der Menschenmenge, das sich möglicherweise nach mir umsieht, doch niemand scheint sich für meine Anwesenheit zu interessieren. Ist kein Wunder an einer Highschool, die mehr Schüler hatte als ich favorisierte Lieder auf Spotify. Ich habe dieses fiese Gespür in meiner Magengegend und bald auch das Gefühl dringend zur Toilette zu müssen, so aufgeregt bin ich, Quins Freundin nicht zu erkennen und dann nach Hause fahren zu müssen. Ich gebe dem Ganzen einen letzten Versuch und fische mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche. Es kann natürlich sein, dass Quin in der Umkleide ist und nicht mehr seine Nachrichten liest, aber ein Versuch ist es wert, bevor ich den Rücktritt in Erwägung ziehe.

"Hey, ich bin da", die Nachricht kommt sofort an und ich bleibe ungeduldig auf dem Chat. Als ich den Chat schon verlassen und mein Handy sperren will, erscheint ein gelesen unter meiner Nachricht. Ein paar Sekunden später erscheint auch seine Antwort mit den Worten "Sie findet dich". Wie soll mich seine Freundin denn erkennen, wenn sie mich noch nie gesehen hat? Es ist ja nicht so, dass ich ein auffälliger Mensch bin, der in der Masse heraussticht. Ich lasse mein Handy wieder in meine Tasche gleiten und versuche den Menschen aus dem Weg zu gehen, die sich an mir vorbeiquetschen, um in die Sitzlouge zu kommen. Ich habe mich schon fast damit abgefunden einen peinlich berührten Rückzug zu starten, als ein Mädchen mit perfektem Lächeln auf mich zukommt. Ihr volles dunkles Haar fällt ihr in schönen Wellen über die Schulter und sie verbreitet eine derart positive Ausstrahlung, dass sie manchen sicher eine Bedrohung ist. »Hey, ich bin Lejla, du musst Bree sein«, sagt sie und streckt mir währenddessen ihre Hand entgegen. Ich erwidere die Geste: »Ja, genau.« Die ganze Situation ist mir zugegebenermaßen etwas unangenehm und im ersten Augenblick wünsche ich, dass mich Quin zuerst begrüßt hätte und allgemein anwesend wäre, um die Atomsphäre aufzulockern. »Komm mit, die anderen sitzen schon auf den Plätzen. Wir haben dir extra einen guten freigehalten, wie es uns Quin befohlen hat«, sie zwinkert und führt mich dann an den Eingangsreihen, durch Menschengruppen durch zu einer Sitzreihe, die einer der ersten vorderen ist. Sie hat nicht übertrieben, das ist vermutlich einer der besten Orte, um das Spielgeschehen zu verfolgen. Das nehme ich jedenfalls an, immerhin bin ich vorher nie bei einem Basketballspiel gewesen, geschweigedenn bei überhaupt einem Mannschaftsspiel. Ich kann nicht gleich deuten, wer von den ganzen jungen Leuten zu Quins Freunden gehört, aber als sich der erste zu uns dreht und Lejla und mich grinsend erblickt, kann ich erahnen, dass er ein Teil der Gruppe sein muss. Der Junge, dessen Haare in einem dunkelblonden Mittelscheitel liegen, sieht aus wie eine Kopie von Chace Crawford als Nate Archibald in Gossip Girl. Blaue Augen, maskulines Gesicht, ein Sonny Boy eben. »Jungs, ich hab sie gefunden«, verkündet Lejla und nimmt neben dem charmant Lächelnden platz.

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