6 | lauscherin

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Ich sitze zuhause am Esstisch und warte darauf, dass Mom die Auflaufform auf den Tisch stellt, damit ich mich über ihr Essen hermachen kann. Seit Tagen habe ich einen unbändigen Hunger, der vermutlich auch mitunter daher kommt, dass ich meine Periode habe. In dieser Zeit kann ich wirklich für zwei Personen essen. Und obwohl ich schon in der Schule ausreichend gegessen habe, lässt mir der Geruch von Mom's selbstgemachter Lasagne das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Mom stellt die Auflaufform auf das dafür vorgesehene Brett auf dem Tisch und legt die Topflappen weg, mit deren Hilfe sie zuvor das heiße Essen auf den Tisch gestellt hat.

»Möchtest du Wasser dazu?«, fragt sie mich nebenbei, greift allerdings schon zur Schrankschublade, ohne meine Antwort auf ihre Frage abzuwarten.

»Ja gerne.«

Sie füllt zwei Gläser auf und stellt sie uns beiden auf den Tisch.

»Wie lange muss Patric arbeiten?«, ich greife nach dem großen Löffel und steche mir einen großen Teil der Lasagne heraus. Ich kann mich zwar kaum auf etwas anderes konzentrieren, weil ich so Lust auf dieses Essen habe, aber ich weiß, dass meine Mom die Essenszeiten liebt, um mit mir zu sprechen und die Zeit gemeinsam zu nutzen. Seitdem wir hier leben, habe ich nun doch viele Dinge mit Lejla und Quin unternommen und nicht allzu viel Zeit zuhause verbracht.

»Am frühen Abend. Wir bekommen nämlich Besuch von meiner Kollegin und ihrem Mann«, erzählt sie mir beiläufig und nimmt sich ebenfalls Essen.

»Diese nette von der du schon erzählt hast?«, nuschle ich mit vollem Mund, ohne vorher drüber nachzudenken und mit der Vorahnung, dass einiges an Tomatensoße an meinem Mundwinkel klebt. Für diese Tischmanieren ernte ich einen strengen Blick von Mom, ehe sie meine Frage beantwortet: »Ja, genau. Valerie ist wirklich von Beginn an sehr aufgeschlossen gewesen und hat mir das Gefühl gegeben Willkommen zu sein. Das ist leider nicht so selbstverständlich wie man denkt«, die macht eine kurze Pause, »Wir essen fast jede Mittagspause zusammen und erzählen und reden über alle möglichen Dinge. So haben wir zum Beispiel auch erfahren, dass sie einen Sohn in deinem Alter hat.«

»Ach echt?" Unbeeindruckt schiebe ich mir eine weitere Ladung des köstlichen Essens in den Mund. »Kaum zu glauben, dass noch andere Menschen in deinem Alter, Teenager haben.«

Auf meinen sarkastischen Kommentar, verdreht Mom ihre Augen.

Da ich nicht unhöflich sein will, obwohl ich gerade viel lieber weiter das köstliche Gericht in mich reinstopfen würde, seufze ich auf und mache meinen Mund leer, bevor ich anfange ihr von meinem Schultag zu erzählen, der, nebenbei gesagt, mehr als uninteressant gewesen ist.

»Scheint doch ein guter Tag gewesen zu sein«, ein paar Sekunden sieht Mom mich lächelnd an, bis sie schließlich weiter fragt. »Und dieser Quin von dem du schon viel erzählt hast, ist da etw-«, weiter lasse ich meine Mutter nicht kommen.

»Quin ist nur ein Freund, okay? Es ist auch in meinem Alter möglich, Freunde des anderen Geschlechts zu haben.«

»Ja natürlich. Ich bin nur nicht daran gewöhnt. Sonst warst du nur mit Mädchen befreundet. Aber diese Lejla scheint auch sehr nett zu sein, von dem was du erzählst«, ihr Gesicht ziert immer noch dieses mütterliche Lächeln, obwohl sie dabei ist mich auszuquetschen.

»Ja das ist sie. Du Mom, ich bin fertig mit Essen und hab noch Sachen zu erledigen. Ich gehe auf mein Zimmer, ja?«

»Klar, Liebes. Um 6 kommen unsere Gäste. Sei dann bitte fertig.«

Damit verlasse ich nickend den Tisch und gehe die Treppen hoch in mein Zimmer. Dort suche in zunächst frische Klamotten raus, die ich später zum Essen anziehen werde. Nichts also Schickes, aber auch nicht zu lässig, um mich noch wohlzufühlen. Das wird schließlich kein Geschäftsessen, sondern ein Essen mit einer potenziellen neuen Freundin meiner Mom. Ich krame eine Momjeans und ein schwarz weiß gestreiften Strickpullover raus, die ich mit meinen Ugg Boots kombinieren werde. Zusätzlich nehme ich auch noch irgendeine Unterwäsche aus meiner Schublade und lege alles auf mein Bett. Ich gehe in mein Badezimmer, das direkt an mein Schlafzimmer anschließt und genehmige mir eine schöne warm Dusche, auf die ich mich schon den ganzen Schultag gefreut habe. Das Wasser läuft meinen Körper hinab und entspannt meine Muskeln, wodurch ich leicht aufseufze. Ich bleibe nach dem shampoonieren, auswaschen und rasieren noch länger als nötig unter dem angenehmen Wasserstrahl und genieße die Ruhe.

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