Der Rote Saft

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Nachdem Ellie Sturm geklingelt hatte, wurde die Tür direkt von Felice geöffnet. Als Felice sich an die Tür lehnte und uns angrinste merkte ich, dass sie bereits gut angetrunken war. Wir folgten ihr ins Wohnzimmer, wo Finley auf uns wartete.

„Kommt Robin auch noch?", fragte Niki die Zwillinge, welche mit einem Nicken antworteten. Die Jungs waren die einzigen, die nicht wussten, dass Niki auf Robin stand, weshalb Finley unsere wechselnden Blicke nicht verstand. Die Verwirrung stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, was mich schon ein wenig amüsierte.

Ich ließ mich neben ihn auf das schwarze Ledersofa fallen und nahm die Bierflasche entgegen, welche Finley mir gerade in die Hand drückte. Ich sah mich in dem Wohnzimmer der Zwillinge um, ich hatte es bereits ein paar Mal gesehen, jedoch immer nur kurz und war nie dazu gekommen mich mal genauer umzuschauen.

In der Mitte des Raumes standen sich zwei schwarze Ledersofas gegenüber und zwischen ihnen ein länglicher Glastisch. An der mir gegenüberliegenden Wand hing ein riesiger Flachbildschirm Fernseher.

Dass die Eltern der Zwillinge viel Geld verdienten, war kein großes Geheimnis innerhalb unserer Gruppe, jedoch prahlten sie nie damit und generell spielte das bei uns keine große Rolle. Die beiden waren grundsätzlich sehr bodenständig, wie ihre Eltern, das machte sie zusätzlich sympathischer.

Als es dann an der Tür klingelte und Finley sich auf in den Flur machte, um sie zu öffnen, setzten wir uns so auf die Sofas, dass der einzige freie Platz für Robin neben Niki war. Sie wurde leicht rot, als die Jungs zurück ins Wohnzimmer kamen und Robin in die Runde grinste. Finley ließ sich wieder neben mich nieder, während Robin sich zu seiner Verehrerin setzte.

Ich grinste meine beste Freundin leicht an und als Antwort bekam ich einen Todesblick zugeworfen. „Freust du dich schon auf deine beste Freundin Monica?", fragte ich Felice in einem sehr ironischen Ton. Die beiden hassten sich seit der sechsten Klasse. Damals hatte Monica Finley ein Beinchen gestellt, woraufhin er stolperte und Felice ihn mit Klasse verteidigte.

Nun eigentlich war es nicht mit Klasse, sie hat einfach nur ihren roten Saft auf ihr Oberteil, welches wie es das Schicksal wollte auch noch weiß war, verschüttet. Als die Lehrerin sie dann befragte, bestätigte ich die Aussage von Felice sie sei gestolpert und das war alles bloß ein Missgeschick und so wurden die Zwillinge und ich Freunde.

Eigentlich eine ganz simple Geschichte, jedoch verbindet uns seitdem der rote Saft. „Dreimal dürft ihr raten was die Hauptzutat ist, welche Finley und ich in die Bowle gekippt haben", entgegnete sie schmunzelnd. „Roter Saft", riefen wir im Kanon. „Die wird sich freuen", sagte Niki gehässig, welche ebenfalls ein großes Problem mit Monica hatte. Wobei das durch Monicas beste Freundin Emily entstanden ist, aber die Geschichte spare ich mir erstmal auf.

Nach dem zweiten Bier gingen wir gemeinsam nach oben, um uns fertig zu machen. Jeder hatte einen Rucksack mit Klamotten und Alkohol mitgebracht, während wir Mädchen unsere Kleider bereits bei Felice hatten. Wir hatten sie vor ein paar Wochen gemeinsam gekauft.

Nach circa einer Stunde waren wir dann alle fertig geschminkt und hatten unsere Kleider an. Niki trug ein rosafarbenes Kleid, welches gut zu ihren blonden Haaren passte, die lockig bis zu ihrer Rückenmitte reichten. Felice trug ein rotes Kleid und hatte ihre hellbraunen Haare zu einem hohen Zopf gebunden. Ich hatte immer den Verdacht, dass rot bloß ihre Lieblingsfarbe wegen des Vorfalls in der sechsten Klasse war, jedoch merkte ich jetzt, dass ihr rot auch unglaublich gut stand. Ellie trug ihre roten Locken offen und betonte ihre bereits auffällige Haarfarbe mit einem dunkelgrünen seidigen Kleid. Ich trug ein blaues Kleid, welches gut zu meinen braunen Haaren passte.

Die Jungs warteten bereits am Fuß der Treppe auf uns. Sie trugen beide einen schwarzen Anzug. Zugegeben sahen sie darin ziemlich gut aus. Besonders Finley, der seine ebenfalls hellbraunen Haare nach hinten gekämmt hatte. Die zwei staunten, als wir langsam die Treppe runtergingen. Und das taten wir nicht, um uns wie in einem Film zu fühlen, sondern weil ich vorne her ging und mein Glück bei sowas kenne.

Wäre ich in einem normalen Tempo die Treppe runtergegangen hätte ich mich vermutlich noch langgelegt. Wir gingen wieder zusammen ins Wohnzimmer, wo wir dann Robins Rucksack mit Vodkaflaschen und der Bowle, die wir noch in zwei Flaschen geschüttet hatten, beluden. Wir schlossen den Rucksack gerade, als wir hörten, wie die Haustür aufging und die Eltern der Zwillinge nachhause kamen.

„Hübsch seht ihr aus Ladies", staunte die Mutter der zwei. „Danke, Tanja", antwortete Ellie mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Meine Aufregung stieg mit jeder Minute, die verging. Tanja ging nach oben, um sich fertig zu machen, während Oliver, der Vater der Zwillinge, bei uns im Wohnzimmer blieb.

Aus den zwei Bier, die ich vorhin noch getrunken hatte, wurden ganz schnell drei Bier und zwei Kurze. Ich hatte tatsächlich erwartet, dass Oliver uns verbieten würde, den Schnaps zu trinken, da wir noch minderjährig waren, doch er zwinkerte seinem Sohn bloß zu und trank ein Bier mit uns mit.

Kurz bevor wir losmussten, um nicht zu spät zu kommen, kam Tanja dann auch runter. „Fährst du schonmal den Wagen aus der Garage?", fragte sie ihren Mann und warf ihm den Autoschlüssel zu. Kurze Zeit später fanden wir uns dann alle dicht aneinander gequetscht im Auto wieder auf dem Weg zu unserer Abschlussfeier.

Meine Aufregung hatte nun ihr Maximum erreicht und den anderen ging es offensichtlich nicht anders. „Schlaft ihr heute alle bei uns?", vergewisserte sich Oliver. Von uns kam nur ein gemurmeltes Ja. „Wir sind vermutlich erst spät wieder da, wir müssen anschließend noch auf einen Geburtstag, wenn was ist, ruft uns einfach an", fügte Tanja noch bei.

Ein letzter SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt