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Sie sah ungläubig in die Dunkelheit, da wo sie glaubte, dass das Mädchen mit den buschigen Haaren wäre. Ihr Vater sollte ein Schattenzauberer gewesen sein? Sie kannte ihn nicht, das stimmte, oder zumindest kannte sie ihn nicht so sehr, dass sie sich richtig an ihn erinnern könnte. Aber dieses Mädchen behauptete, dass sie ihn kannte oder zumindest eine Ahnung von ihm hatte. Das wollte ihr nicht so richtig in den Kopf gehen. "Woher weißt du das?", verlangte sie zu wissen. "Sagen wir es so, mein Blut und seine haben eine sehr große Ähnlichkeit miteinander."
"Soll das heißen, dass ihr miteinander verwandt seid?"
"Ja, das will ich damit sagen."
"Das glaube ich dir nicht. Ich kenne dich überhaupt nicht. Warum sollte meine Mutter mit einem Schattenzauberer zusammen sein? Wie hätte das überhaupt möglich sein sollen? Meine Mutter hat immer bei dem großen Baum gelebt, wie hätte sie es da schaffen sollen, mit einem Anderling zusammen zu kommen?"
"Du stellst ganz schön viele Fragen. Und um diesen ganzen Haufen einmal kurz zu fassen: Du kannst mir vertrauen. Deine Mutter wird schon ihre Wege gefunden haben, sonst wärst du ja nicht entstanden. Aber ich kann dir noch etwas sagen, bevor du diese Frage stellst: Dein Vater wurde umgebracht. Er lebt nicht mehr. Die Blutzauberer -dein Stamm mütterlicherseits- haben von ihm erfahren. Sie haben das zwischen den beiden nicht gutgeheißen, daher haben sie ihn getötet."
"Nein. Ich kann dir nicht vertrauen. Ich weiß ja nicht einmal, wie du aussiehst. Ich kann nur Umrisse von dir erkennen."
"Doch du kannst mir vertrauen. Wenn du das nicht könntest, dann warum erzähle ich dir das alles dann? Wenn ich dich tot sehen wöllte, dann wärst du bereits tot. Dann hätte ich mir den langen Weg sparen können. Dann hätte ich meinen Schatten nicht dazu gebracht, dich hier her zu bringen, um dir das alles zu erzählen. Und wenn du mich so dringend sehen willst, dann na schön." Sie atmete kurz auf. Ein wenig konnte sie durchatmen. Aber dennoch blieb ein unwohles Gefühl in ihrem inneren, das sie nicht beschreiben konnte. Sie konnte es genauso wenig verstehen, aber sie wusste, dass etwas nicht stimmen konnte. Alles kam so plötzlich. "Gut, dann komm mit mir nach draußen."
"Nein, nur bis zum Höhleneingang."
"Ganz raus."
"Nein, ich vertrage die Sonne nicht sonderlich gut. Sehen wirst du mich ja dann so oder so."
"Na schön."
"Und danach vertraust du mir?"
"Wenn es denn unbedingt sein muss."
"Dann komm mit." Das Mädchen mit den buschigen Haaren griff nach ihrer Hand. Ein leichtes Lächeln legte sich auf die Lippen des Mädchens mit den buschigen Haaren, aber das konnte sie nicht sehen. Sie konnte auch nicht die ganzen Augen hinter dem Mädchen sehen. Sie lief einfach nur mit ihr zu dem Eingang der Höhle, dabei achtete das Mädchen mit den buschigen Haaren besonders darauf, möglichst wenig Sonnenlicht abzubekommen. Sie war fasziniert von diesem Mädchen. Ihre Haut war so dunkel und schwarz, wie ihre Haare. Ihre Statur, so dünn und zierlich, dennoch war sie so groß. Und ihre Augen, so ein strahlend, giftiges grün. Ihre Haare waren lang, reichten fast bis zu ihrer Hüfte. Sie sah wunderschön aus. Sollte sie wirklich mit ihr verwandt sein? Völlig erstaunt, sah sie dieses Mädchen an. "Wer bist du?", wollte sie von dieser wunderschönen Person vor ihr wissen. "Lumiel. Das heißt-"
"Schattentochter. Ja, ich weiß. Ich glaube, dass mein Vater mal so etwas erwähnt hatte. Er hatte mir einen Brief hinterlassen. Dieser Brief ist das einzige, was ich von ihm habe."
"Dann kann es ja nur etwas gutes sein. Immer hin sind wir Familie. Komm, es ist Zeit."
"Zeit? Für was?"
"Dir deine Fähigkeiten zu zeigen und zu offenbaren."

SchattenzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt