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[𝟐] 𝐋𝐮̈𝐠𝐞𝐧, 𝐋𝐮̈𝐠𝐞𝐧, 𝐋𝐮̈𝐠𝐞𝐧

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»Nein«, brummte Ian. Wir saßen zusammen am Tisch und aßen den Auflauf, den ich gerade aus dem Ofen geholt hatte. Er war nicht begeistert von meinem Essen und machte sich nicht wirklich die Mühe, das zu verbergen. Aber je länger ich beobachtete, wie er alles kritisierte, was ich tat, desto klarer wurde mir, dass ihm alles an mir missfiel, nicht nur meine Kochkünste. Es lag nicht daran, dass ich seiner Meinung nach nicht kochen konnte. Ich konnte kochen und das sogar sehr gut. Es lag vielmehr daran, dass er mich einfach hasste und sowieso immer unzufrieden mit mir sein würde, egal was ich machte. Nichts in diesem Haus passte ihm, nichts, was ich tat, passte ihm. Ich als seine Frau passte ihm nicht, ich störte ihn nur.

»Es ist nur ein Geburtstag. Amelia hat drei oder vier Freundinnen eingeladen. Wir werden den ganzen Abend bei ihr sein, einen Film gucken und Essen bestellen«, erklärte ich flehend. Eigentlich wollte ich nicht betteln oder ihn weiter bitten. Er war nicht gut drauf, seit ich das Thema angesprochen hatte, was bedeutete, dass ich ihn nicht provozieren sollte und das Thema eigentlich ruhen lassen sollte. Aber ich konnte nicht. Ich hatte Amelia versprochen, die Einladung anzunehmen und zu ihrem Geburtstag zu kommen. Würde ich jetzt absagen, würde ich mich miserabel fühlen. Und Amelia wäre sicher sauer, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Und trotzdem wollte ich es nicht zulassen, sie weiterhin traurig zu machen. Sie war die einzige Person an der Universität, die ich mochte und neben der ich gerne saß. Sie brachte mich zum Lachen und ließ mich manchmal vergessen, wie stressig das Leben war.

»Soso«, fing er an und musterte mich. Mein Magen zog sich zusammen, weil ich Ian angelogen hatte. Ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei und wusste, wenn er herausfand, dass ich meinen Abend in einem Club verbringen würde, war es vorbei. Er würde mir wehtun. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn er die Wahrheit herausfinden würde. Aber daran wollte ich gar nicht denken. Jetzt gerade musste ich dafür sorgen, seine Erlaubnis zu kriegen, ohne dass er an meiner nervösen Miene merkte, dass ich ihn anlog. Lügen, Lügen, Lügen. Was ich mir da nur wieder einbrockte.

»Ihr wollte also nur Zuhause rumsitzen? Was soll das werden, ein Kindergeburtstag? Wen willst du hier verarschen?«, fragte er. Innerlich seufzte ich, schließlich hatte er recht. Aber ich konnte es jetzt wirklich nicht ruhen lassen. Ich musste überzeugend wirken und ihn dazu bringen, mir zu glauben. Ich war nicht dumm, keinesfalls. Und ich wollte mich auch nicht so herumkommandieren lassen, auch wenn ich seit drei Jahren keine andere Wahl hatte, als alles mit mir machen zu lassen. Aber ich musste mir jetzt schnell etwas einfallen lassen, um die ganze Sache so realistisch wie möglich zu halten. Und vor allem musste ich dafür sorgen, dass er nicht merkte, dass ich ihm gerade nicht die Wahrheit sagte.

»Bitte, Ian«, murmelte ich, und schob mir eine weitere Gabel von meinem Nudelauflauf in den Mund. »Ich kenne Amelia. Und ihren Mann. Ich weiß, dass sie jede Woche feiern geht. In Clubs, Bars, überall. Sie ist ziemlich bekannt. Du gehst da nicht hin«, befahl er und stand auf. Seinen Teller ließ er einfach stehen. Ian wusch sich die Hände, während ich verzweifelt in mich ging und versuchte, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Ich konnte jetzt nicht aufgeben und seine Antwort einfach so hinnehmen. Wenn ich nicht zu ihrem Geburtstag ging, würde ich mich schlecht fühlen. Ich erinnerte mich daran, wie glücklich sie war, als ich ihr zugesagt hatte. Das wollte ich nicht wieder kaputt machen.

»Amelia ist schwanger«, platzte es aus mir heraus. Und am liebsten hätte ich mich für diese Lüge geohrfeigt. Ian würde früher oder später herausfinden, dass das nicht stimmte, und dann wäre ich so gut wie tot. Aber in diesem Moment schien diese Notlüge meine einzige Rettung zu sein. »Deswegen feiern wir bei ihr Zuhause. Sie darf sowieso nicht trinken und feiern, weißt du«, fuhr ich fort und er blieb für einen Moment ruhig. Diese Lüge würde mich umbringen.

»Amelia ist schwanger?«, fragte er. Seine Haltung veränderte sich und sein Blick verriet mir, dass ihn diese Neuigkeit sehr nachdenklich machte. Ein mulmiges Gefühl überkam mich, doch ich ignorierte es und nickte stumm. »Nagut, das ist natürlich etwas anderes«, sagte er und ging die Treppe hoch. Er blieb noch einmal kurz stehen, bevor er endgültig in seinem Büro verschwand. »Wenn ich dich anrufe, gehst du dran. Und wenn ich erfahre, dass du lügst, dann werde ich dir wehtun. Hast du das verstanden?«

craving the deadlyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt