Kapitel 8

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"Mhm... Ai, was machst du hier?", hörte ich Kasus verschlafene Stimme, dicht an meinem Ohr. Bei seinem Versuch, sich aus meiner Umarmung zu winden, wurde ich unsanft zur Seite geschoben und drehte mich auf den Rücken.
Endlich öffnete ich meine Augen und blickte an die hölzerne Decke.
Die Sonne schien mir mitten ins Gesicht.
War es wirklich schon so spät?
Ich richtete mich mühselig auf und blickte mich um. Die kurze Verwirrtheit verflog und ich erinnerte mich daran, von Tobirama, in sein eigenes Anwesen gebracht worden zu sein.
Nachdem ich eine Weile im Wald verbracht hatte, war es ein Gefühl, von dem man nur Träumen konnte, endlich wieder auf einem weichen Futon und nicht auf dem steinernen Höhlenboden zu schlafen.

"Ai..."
Kasu sah mich aus seinen aufgerissenen roten Augen an und stand starr vor Schreck vor mir. Ich legte eine Hand an meine Schläfe und senkte nachdenklich den Blick.
"Mach dir keine Sorgen darum", beruhigte ich ihn und stand auf.
"Mach dich besser fertig für die Akademie. Du willst doch stark werden, oder?", fragte ich ihn und sah lächelnd dabei zu, wie er seine Sachen zusammen suchte und sich gehetzt fertig machte.
>>Warum lebt er bei Tobirama?<<, fragte ich mich und erinnerte mich daran, Kasu in die Obhut meiner Cousine Mito, gegeben zu haben. Hatte er sich etwa die ganze Zeit um ihn gekümmert?
"Bis später!", verabschiedete sich mein kleiner Bruder von mir und riss mich wieder aus meinen Gedanken. Als ich ihm winken wollte, war er längst durch die Zimmertür verschwunden, die er offen gelassen hat.
In jener Tür stand nun Tobirama, mit einem Arm am Türrahmen abgestützt und sah mich unwirsch an. Sein Haar war zerzaust wie eh und je.
"W-Was ist denn?", fragte ich dadurch verunsichert, dass er mich einfach nur ansah. So, wie seine Augen vom Licht der Sonne angestrahlt wurden, erinnerten sie mich in diesem Moment an einen Dämon, der im Schatten lauerte.
"Hast du heute schon etwas vor?", fragte er, obwohl er die Antwort bereits wusste, da ich erst gestern zurückkam.

"Ich bin Lehrer an der Akademie, wie du weißt. Warum begleitest du mich nicht und lernst auch etwas?", schlug er mir vor. Hielt er mich für so unfähig, dass er glaubte, dass ich mit zwölfjährigen noch einmal die Schulbank drücken müsste? Ich war vorsichtig und nicht dumm.
"Als du verschwunden bist, haben Ashina und ich unser Gespräch fortgesetzt. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dich für das Wohl unseres Dorfes zu heiraten. Es wäre gut, wenn du dich weniger anstellen würdest und zur Vernunft kämst!"
Mit diesen Worten ließ er mich allein zurück. Das zufallen der Haustür hinterließ ein erdrückendes Gefühl der Einsamkeit und Leere.
>>Was war das?<<, fragte ich mich und sank in die Knie. Tobirama machte mich noch fertig! Ausgerechnet mir erzählte er etwas von fehlender Vernunft? Er war es doch, der mir jeden Tag die kalte Schulter zeigte und die Tatsache ignorierte, dass ihm mein Herz, trotz seiner Gleichgültigkeit gehörte!
"Arrgh!", schrie ich und stürmte aus dem Haus.

Wenn Tobirama glaubte, dass er immer das letzte Wort hatte, hat er nicht mit mir gerechnet! Wütend rannte ich durch die verwinkelten Gassen und steuerte die Akademie an.
Als ich den Eingang hinter mir ließ, stand ich einem Mann gegenüber, der mich verwundert musterte, als wäre soeben ein Geist durch die Tür herein geplatzt.
"Wo ist Tobirama?", fragte ich gehetzt und sah mich bereits nach ihm um.
"Er unterrichtet gerade!"
Der Mann wollte nicht mit kooperieren, so blieb mir nur noch, durch die Gänge der Schule zu laufen und durch die Fenster in den Türen zu schauen, ob sich hinter einer von ihnen Tobirama befand.
Nach der zwanzigsten Tür fand ich ihn.
>>Komm runter!<<, ermahnte ich mich und warf diesen Gedanken im selben Moment über den Haufen, in dem er mich durch das Fenster in der Tür ansah und mir ein kurzes, aber gewinnendes Lächeln zuwarf.
Ich riss die Tür auf, noch bevor ich darüber nachdachte, was ich ihm überhaupt sagen wollte.
"Tobirama!", japste ich, nach Luft ringend. Die Gänge entlang zu hasten und meiner Wut Luft zu machen, hatte mir doch einiges an Energie abverlangt.
"Du störst!", teilte er mir mit und wandte sich wieder seinen Schülern zu.
"Der Winkel ist wichtig, wenn ihr euer Kunai auf den Gegner abfeuert", fuhr er einfach in seiner Erklärung fort und hatte mich bereits wieder ausgeblendet, wie es den Anschein machte.
"Du-!"
"Was?", fragte er und wandte sich mir mit ganzem Körper zu. Seine Brauen waren zusammen gezogen und berührten sich beinahe.
"D-Du glaubst wohl, du könntest dir alles erlauben, nur weil du der Bruder des Hokage bist!" Langsam stabilisierte sich meine Atmung, was nichts an dem aufkommenden Gefühl von Schwindel änderte. Eine seiner weißen Brauen schnellte in die Höhe und bewies mir einmal mehr, wie wenig er mich respektierte.
"Vernunft sollte kein Grund sein, zu heiraten!", fuhr ich ihn an und beobachtete ihn dabei, wie er eine Hand in seine Hüfte stemmte und ein spöttisches Grinsen aufsetzte. Die Kinder begannen bereits zwischen den Bänken zu tuscheln. Jetzt war es auch zu spät, sich für mein Verhalten in Grund und Boden zu schämen.
"Meine Gefühle sind dir total egal, wie sollte es auch anders sein, was?"
Ich biss die Zähne zusammen und wandte mein Gesicht zur Tafel, um ihm nicht zu viel meiner Verletztheit zu zeigen, auch wenn es dafür längst zu spät war.
Plötzlich spürte ich seine Wärme auf meinen Schultern und hob den Blick. Der finstere Ausdruck auf seinem Gesicht jagte mir Angst ein. War ich doch zu weit gegangen? Und ich dachte, nichts könnte ihm unangenehm sein. Das galt wohl nicht für Hochzeitspläne vor seinen Schülern zu besprechen. Bestimmt drehte er mich zur Tür und schob mich auf diese zu.
"Wir reden darüber, wenn ich Zuhause bin!" Als ich vor der Tür losgelassen wurde, drehte ich mich sofort wieder um erhaschte gerade so die Flüchtigkeit von Schmerz auf seinem Gesicht. Es war nur eine Sekunde, nach dieser seine Miene wieder die gewohnte Gleichgültigkeit annahm, aber ich hatte sie wahrgenommen. Sein Ausdruck brannte sich mir ins Gedächtnis. Ich hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass ihm dieses Thema ebenso schwerfiel. Es ging schließlich auch um sein Leben. Zu einer Ehe gezwungen zu werden, mit einer Frau, die er gar nicht liebte, musste auch für ihn einiges an Gefühlschaos sorgen. Nur anders als ich, behielt er seine Gefühle für sich und fechtete seine Kämpfe alleine aus.
>>Was habe ich da wieder angerichtet?<<
Alles schien in die Hose zu gehen, wenn ich mit drin steckte. War das mein Fluch, als gespaltenes Clanmitglied?
Geknickt begab ich mich zurück zu Tobiramas Haus und begegnete Hashirama am Eingang.

Besonnen wank er mir zu, doch ich konnte diese Geste nicht mit Freude erwidern. "Wir sollten mal reden", sagte er und führte mich, mit einer Hand an meinem Rücken ins Haus.

Zwischen Liebe und Hass (Tobirama X OC Naruto Shippuden) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt