Mein "normales" Leben?

49 1 0
                                    

Als ich wieder zuhause ankam, merkte ich erst, wie müde ich war. Blöder Zeitsprung. Mein Hirn war dabei doch sowieso im Leerlauf, warum musste ich denn trotzdem Müde sein? Und was war eigentlich dieses Cyan?  Ich legte mich, von Gedanken geplagt, ins Bett und schlief direkt ein. Die Vorlesungen, die ich an dem Tag hätte besuchen sollen, hatte ich in all dem gedanklichen Chaos, welches in mir vorging, komplett vergessen.

Ich wachte erst Nachmittags wieder auf. Meine Mutter war zum Glück noch arbeiten, wie immer. Ich setzte mich auf die Bettkante meines kleinen Dachzimmers. Wir lebten in einer Wohnung zu zweit... Meine Mutter verdient nicht viel aber es reichte für die Wohnung und Verpflegung. Das Studium finanzierten meine Großeltern. Nette Leute. Aber Nazis. Hey, kein Leben ist perfekt.

Ich sah mir erneut die Narben an meiner Handfläche an. Ich hatte keine Ahnung, was da mit mir passiert ist und was in mir schlummerte, da ich jedoch gerne ab und zu Comics und Serien mit Superhelden ansehe, war "Ich habe eine Superkraft", so unwahrscheinlich es auch klingen mochte, das einzige, was noch Sinn ergab. "Aber was, wenn es jemand rausfinden würde? Das würde mein Leben ruinieren und ich würde Alle verlieren, die mir wichtig sind. Wie bei Spiderman."Diese Gedanken schossen mir wieder und wieder durch den Kopf. Erst machte es mich traurig. Dann wurde ich wütend, dass ich mir immer direkt das Worst-Case-Szenario vorstellen muss und nie positiv denken kann. Ich schlug vor Wut mit der Faust auf die Bettkante. Ich traf das Holz. Es tat weh. "Cyan" sagte die Stimme. Dann sah ich, wie aus meiner geballten Hand ein lilafarbener Lichtstrahl kam. Schnell öffnete ich die Hand. Sie leuchtete wieder, aber diesmal war es nicht wie beim ersten Mal. Ich konnte mich problemlos von der anziehenden Wirkung des Leuchtens befreien. Als dann jedoch aus meiner Handfläche eine leicht durchsichtige, absolut runde Kugel aufstieg, wich ich leicht erschrocken zurück. Sie hatte ungefähr die Größe einer handelsüblichen Glasmurmel, jedoch leuchtete sie in dem selben, bezaubernden Lila, das zuvor aus meinen Narben strahlte. Ich versuchte vorsichtig, sie mit der linken Hand anzufassen, aber diese ging glatt hindurch. Je mehr ich nachdachte, um zu verstehen, was dieser "Orb" war, desto verwirrter wurde ich. Ich wollte das Ding nur erstmal los werden, damit ich klar denken konnte.  Meine Hand lies sich nicht schließen. Es war, als würden sich meine Muskeln schlichtweg nicht rühren, egal wie sehr ich mich anstrengte. In meiner Verwirrung bemerkte ich nicht, dass jemand zur Haustür herein kam. Erst, als meine Mutter meine Zimmertür öffnete, zuckte ich erschrocken zusammen.

"Ich hab deine Schuhe draußen gesehen. Du bist heute aber früh zuhause." sagte sie in einem liebevollen Tonfall, den sie häufiger verwendet, wenn sie mit mir spricht.
Ich starrte sie an. Sie starrte zurück. Dann sah sie meine Hand.
"Ist das ein neues von deinen technischen Spielzeugen? Sieht ja verdammt echt aus. Kann ich die mal anfassen?" Sie kam näher.
"Nein! Äähm ich meine... das würde den ganzen Trick ruinieren."
Sie betrachtete meine Hand und den Orb genauer. Dann wurde ihr Blick besorgt und sie sah mich ernst an. "Cyan.", sagte die Stimme. "Nicht jetzt!", dachte ich.
"Deine Narben. Warum sieht es so aus als ob..."
"Das gehört zum Trick! Ääh... schwer zu erklären, glaub mir einfach!"
Ihre Augen weiteten sich. Sie starrte mich leer an. Ihr Blick erinnerte mich an den von dem Jungen mit der Cap, kurz bevor er sie nach vorne drehte.
"Ok." sagte sie in einem gruselig gefühlslosen Ton. Sie drehte sich um und verließ mein Zimmer.
Ich schaute ein paar mal zwischen der Tür, durch die meine Mutter soeben verschwand, und meiner Hand hin und her. Erneut versuchte ich meine Hand zu schließen. Diesmal ging es. Zwar sehr mühsam, aber es ging. Während meine Finger sich krümmten, verlor der Orb an Höhe und sank zurück in meine Handfläche. Als meine Hand zur Faust geballt war, war der Orb und das Leuchten verschwunden.
Ich musste es jemandem erzählen, so viel war klar. Dass meine Fähigkeit durch den Tod eines Obdachlosen entstand, brauchte ja hoffentlich keiner zu erfahren. Es gab nur eine Person, der ich genug vertrauen konnte. Nellie. Ich friemelte mein Handy aus der Tasche. Ich saß noch ungefähr 5 Minuten da und starrte ihren Namen in meinem Telefonbuch an, während ich überlegte, was ich sagen würde. Dann wählte ich.
"Tuuuut..."
"Tuuuut..."
"Tuuuut..."
"Na komm schon." flüsterte ich ungeduldig.
"Tuuu.." - "Hey, Leho!", sagte die wohlklingendste Stimme, die ich kenne.
Mir viel ein Stein vom Herzen.
"Ooh gott sein dank bist du da."
"Wieso, ist was?" Sie klang besorgt.
"Ne, ne. Ich wollt nur fragen ob du Zeit hast mal vorbei zu kommen, ich muss dir was zeigen. Und bring bitte nicht Phil mit, bitte." Phil war ihr doofer Freund.
"Oookay... Ja ich guck mal, bin wahrscheinlich so in ner halben Stunde da."
"Äh.. cool cool."
"..."
"Nellie?"
"..."
Ich schauete auf mein Handy.
Sie hatte aufgelegt.

UnbestimmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt