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Mit dem Auto war der Weg ein Katzensprung, wenn man sich davor in unbequemen Schuhen einen Kilometer abgemüht hatte. Für Tara hätte er noch länger sein können, vorausgesetzt sie konnte in seiner Nähe bleiben. Obwohl sie nicht wusste, wie sie mit den Gefühlen umgehen sollte, die sie während der Fahrt begleiteten. Sie hatte so viele Schmetterlinge im Bauch, dass ihr fast schlecht war.

Versehentlich sah sie zu ihm rüber. Als er sich verspannte, erinnerte sie sich daran, dass sie ihn nicht ansehen sollte. Aber das war einfach unmöglich. Außerdem hatten sie ihr Ziel schon fast erreicht und Tara überlegte, was sie zum Abschied sagen solle.

"Können wir hier anhalten? Wir sind sowieso gleich da."

Mr Brooker nickte und fuhr rechts ran. Er stellte den Motor ab, schaute sie flüchtig an und ging sich durch die Haare.

"Ich hoffe, du machst keinen Umweg und gehst direkt nach Hause", sagte er mit vorgetäuschter Strenge im Blick.

Tara grinste. "Wenn Sie nicht mein Lehrer wären, könnten Sie mich zur Tür bringen."

"Das könnte ich. Das würde ich. Du bist ein tolles Mädchen."

Der letzte Satz war so verträumt gemurmelt, dass Tara nicht wusste, ob sie ihn sich nur eingebildet hatte.

Als würde die Gegenwart wieder in ihn zurückkehren, lächelte er schief. "Tut mir leid. Ich darf dir keine Komplimente machen."

"Ihr Kompliment war besser als meins vorhin." Betrübt rieb sie über ihre Arme. Beim Laufen war ihr warm geworden, aber nun fröstelte sie. Vielleicht auch wegen der trüben Aussichten. Er wird dir nie wieder ein Kompliment machen.

"Ist dir kalt?"

Er fasste auf die Rückbank und hielt ihr einen weich aussehenden, dunkelgrünen Pullover hin.

Tara nahm ihn entgegen. Ihre Finger berührten seine und beide hielten wie vom Donner gerührt inne. Zärtlich schob er seinen kleinen Finger über ihren, zog die Hand aber schnell zurück.

Taras Herz schlug Purzelbäume. Der Kontakt hatte höchstens eine Sekunde gedauert, doch ihre Haut kribbelte wie nach einer Berührung mit einer Brennessel.

"Fuck, das tut mir leid. Ich habe nicht aufgepasst", versuchte er sich zu entschuldigen.

"Nichts passiert", kam Tara ihm mit einem glücklichen Glanz in den Augen entgegen und legte sich den Pullover über die Schultern. Er roch nach seinem Aftershave. Da sie davon nicht genug bekommen konnte, drückte sie die Nase in den weichen Stoff. Er bemerkte es.

"Was machst du denn da?"

"Ähm, ich konnte nicht anders. Ihr Pullover riecht so angenehm", gestand sie mit gerötetem Gesicht.

"Tara, das kann nicht gut gehen", sagte er einfühlsam. Als er sah, dass sie den Glanz in ihren Augen verlor, gestikulierte er hilflos mit den Armen. "Ich glaube, wir müssen aufhören, miteinander zu flirten. Am Ende verstehen wir uns noch falsch."

Sie schaute in sein Gesicht. Sie dachte, sie hätte seine Stimme stolpern hören. "Sie wollen mit mir flirten", wusste sie und war felsenfest davon überzeugt.

Er rückte zu ihr heran und sah auf ihren roten Mund, der diese unklugen Worte ausgesprochen hatte. Sie waren auf Augenhöhe, als er die Hand hob und ihr eine braune Haarsträhne hinters Ohr steckte. Tara vergaß fast das Atmen: lauter Glückshormone purzelten in ihr System.

"Ich kann nicht verlangen, dass du so viel riskierst", ermahnte er sie und machte die Hand, die ihre Haare berührt hatte, zur Faust.

"Ich weiß aber selbst, was ich will."

Zärtlich legte sie ihre Hand über seine und öffnete mit den Fingern seine Faust. Als sie fertig war, verhakte sie ihren kleinen Finger mit seinem.

"Du bist unglaublich", befand er, während er ihre beiden Finger betrachtete. Er hörte auf zu denken, so sehr mochte er das Gefühl, ihre Haut zu spüren. Er wollte es vertiefen.

"Sie sind auch unglaublich." Sie lächelte und meinte jedes Wort ernst.

Er löste ihre Finger und fasste nach ihrer Hand. Angenehm schmiegte sie sich in seine und rüttelte ihn wach. Er ließ los.
"Wir müssen aufhören, so zu reden. Geh jetzt nach Hause. Ich warte hier, bis du drinnen bist."

Tara hörte den auffordernden Ton in seiner Stimme. Er wendete seine ganze Kraft auf, ihr das zu sagen. Geknickt wollte sie ihm den Pullover zurückgeben.

"Nicht nötig", meinte er etwas lockerer. "Den kannst du erstmal behalten. Es ist kühl."

Sie schmiegte sich sofort hinein, lächelte glücklich in den weichen Stoff. "Danke. Sie haben mir heute den Abend gerettet."

Er war fasziniert, mit welcher Leichtigkeit sie über ihn sprach, als wäre es eine großartige Leistung gewesen, sie nach Hause zu fahren.

Dieses Mädchen verliebt sich gerade in dich. Wie willst du da wieder rauskommen? Sie gefällt dir.




Kennt ihr das, wenn man Charakteren eine helfende Hand reichen will? Die haben's wirklich nicht leicht.
Schönes Wochenende 🙂

Der neue Lehrer ❤️ In the name of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt