Kopfschüttelnd schaue ich auf den Mann herab, der auf meinem Sofa seinen Alkoholrausch ausschläft. Sein linker Arm baumelt über den Rand des Polsters hinweg, während er mit dem anderen das Kissen umschlingt und hinein sabbert. Er sieht schon ziemlich niedlich aus, wenn er schläft, fast wie ein Baby. Als habe Jimin meine Gedanken gehört, schmatzt er kurz, drückt das Kissen eng an seine Brust und dreht sich auf die andere Seite.
Ich stelle seine Tasse mit Kaffee auf den kleinen Wohnzimmertisch neben dem Sofa ab und richte mich dann wieder auf. Es ist gar nicht so einfach gewesen, ihn heile zu mir nach Hause zu begleiten. Wenn Jimin trinkt, dann wird er sehr gesprächig und könnte die gesamte Nacht wachbleiben. Es ist eine Tortur gewesen, ihn gegen fünf Uhr morgens in ein Taxi zu stecken, da ihm immer weitere Lokation eingefallen sind, die wir noch besuchen können. Er hat unsere Freunde so lange nicht mehr gesehen, dass es ihm schwergefallen ist, sich von ihnen zu trennen.
Jimin schläft so friedlich, dass ich es fast nicht über mein Herz bringe, ihn zu wecken. Vielleicht lasse ich ihn einfach weiterschlafen, immerhin ist es nicht seine Schuld, dass ich - dank der Begegnung mit Sophia – kein Auge zugetan habe. Doch gerade als ich mich umdrehe und das Wohnzimmer verlassen will, dreht Jimin sich auf die andere Seite und blinzelt mich aus müden Augen an.
„Wie spät ist es?", fragt er und richtet sich mit Mühe auf.
„Etwas nach fünfzehn Uhr. Wie fühlst du dich?"
„Wie überfahren." Er hat noch Probleme, sich an das Tageslicht zu gewöhnen, deshalb blinzelt er mit Mühe zu mir hoch. „Wieso bist du schon wach?"
„Konnte nicht schlafen."
Ich setze mich ihm gegenüber auf den Wohnzimmertisch und hoffe, dass er meinem Gewicht standhält. Jimin fährt sich müde durch die verstrubbelten Haare und richtet sie mit der einen Hand, während die andere seinen Schlaf aus den Augen reibt. Mit einer geschmeidigen Bewegung werfe ich ihm einen roten Briefumschlag zu, der auf seinen Schoß segelt.
„Was ist das?", fragt er mich verwundert. Seine Stimme ist noch rau und unbenutzt. Früher habe ich sie jeden Morgen gehört, aber seit ich alleine wohne, vermisse ich es sogar ein wenig. Jimin nimmt dem Briefumschlag in seine Hand und öffnet ihn.
„Jin hat seine Hochzeitseinladung verschickt", antworte ich ihm im gleichen Moment, in dem er die weiße Karte aus dem Umschlag herauszieht. Ein Lächeln erscheint in Jimins aufgequollenem Gesicht. Gestern Abend hat er eindeutig mehr getrunken, als er verträgt. Deshalb habe ich ihn auch mit zu mir genommen, anstatt seinen betrunkenen Arsch nach Hause zu verfrachten. Doch wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, dann habe ich es auch getan, weil ich seine Gesellschaft vermisse.
Sie alle.
Mein Leben ist plötzlich so leer ohne sie.
Ich habe wirklich gedacht, dass es mir nach der Trennung besser geht - ich befreiter bin. Und das bin ich auch, ganz ehrlich, es ist eine gute Entscheidung gewesen. Doch nachdem man jahrelang mit sechs anderen Jungs zusammengewohnt hat, fühlt sich das Summen einer Fliege laut wie eine Bombe an.
„Ich freue mich für ihn", sagt Jimin und schaut zu mir auf. Sein Lächeln ist ehrlich, als er die Karte zurück in den Umschlag schiebt und sie mir zurückgibt. „Ich werde mir den Termin nachher in den Kalender eintragen und meinem Manager bescheid geben, den Tag freizuhalten."
Ich nicke und vermerke mir gedanklich, es ebenfalls zu tun. Seokjin hat seine Beziehung wirklich lange geheimhalten müssen. Doch als BTS seine Trennung bekannt gegeben hat, hat Seokjin gleich die Gelegenheit genutzt und nicht nur seine Beziehung und sein Baby offiziell gemacht, sondern auch seine Verlobung.
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Between the Lines
FanfictionNachdem Sophia ihren Traum als Idol aufgeben hat, studiert sie nun Literatur und schreibt nebenbei Schundromane, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Ihr beliebtestes Thema sind ihre missglückten Dates. Deshalb kann sie das Angebot, übe...