sincerely, yours. - Jay. (enhypen ff)

8. Die Probe

Wochen zuvor standen der 19 jährige Jay und sein bester Freund Sunoo, welcher ein Jahr jünger war als er, doch seinen 18. Geburtstag erst diesen Monat feiern würde, draußen im Schulgarten und hielten beide ein dicken Bündel von Papier in der Hand. Es war ein Skript, selbst von den Schülern und Teilnehmern im Theater Club kreiert und geschrieben. Gerade die Clubmitglieder, welche ihrem letzten Jahr an dieser Schule bevor standen, waren sehr investiert in dieses Projekt und haben sich wöchentlich für Stunden getroffen, um ihre letzte Aufführung an der Schule großartig werden zu lassen. Sunoo war auch einer davon und erhielt im Stück sogar eine der wichtigsten Rollen.

„Also gut, nochmal von vorne..." gab Sunoo an und Jay und er blätterten in Skript um. Sie standen sich gegenüber, korrigierten ihre Haltungen und man merkte, dass sie sich versuchten, in ihre Rollen einzufinden.

„Also sag schon! Was fühlst du im hier und jetzt? Ganz allein, verlassen von der einzigen Liebe auf dieser Erde..." begann Jay zu sprechen an und betonte an der passenden Stelle die Wörter, in dem sein Ton tiefer wurde und er dramatische Bewegungen mit seiner einen freien Hand an den passenden Stellen ansetzte. Nach dem er aussprach sah er zu seinem Gegenüber, seine Blicke lagen fest auf ihm. Sunoo blickte konzentriert auf den Text vor ihm und Jay konnte beobachten, wie er, kurz bevor er zu reden ansetzte, seine Lippen bewegte und seine Sätze leise im Kopf durchging.

„Ich fühle mich genau so, wie immer. Nichts hat sich verändert in meinem erbärmlichen Leben..." Sunoo setzte eine Pause, um sein Gesagtes wirken zu lassen, genauso wie es im Skript verzeichnet war.
„Und auch wenn es die einzige Liebe war, die ich jemals in meinem eisigen Herzen verspürte, wusste ich schon immer, dass es heißen würde, ich müsste sie irgendwann los lassen." Er wandte sich von den Seiten Text ab und seine Augen trafen Jays. Sein Blick ernst, seine Haltung schien selbstbewusster, wie auch in dem Teil des Stücks beabsichtigt. Er richtete sich auf, seine Hände in Fäuste geformt trat er einen Schritt auf seinen Gegenüber zu. „Jetzt sag mir eins: Wie willst du mich noch erschüttern? Mit welchen Wörtern? Mit welcher Macht?"

Jay war gefesselt von Sunoos gutem Schauspiel, dass er sich kurz in Sunoos Augen verlor, bis Sunoo ihn über sein Starren aufmerksam machte, indem er seine Augenbrauern hochzog, seine Mundwinkel runter zog und mit seinen großen Augen zwischen Jay und dem Text wechselte, entsetzt darüber, dass Jay das gute Vorspiel dadurch unterbrach. Jay wachte auf und seine Wangen erröteten. Sich räuspernd wandte er sich wieder seinem Text zu.

„Auch wenn du es zu sagen meinst; dass dein erbärmliches Leben keinen Glanz an Lebensfreude erblicken möge, werde ich dir den Gefallen tun, und dich erbitten zu gehen." Jay deutete mit seinem Zeigefinger nach rechts, in die Leere neben ihm, wie im Skript angemerkt.

Sunoo blickte rasch auf den Zettel und wandte sich wieder seinem Vordermann zu.
„Damit tust du mir keinen Gefallen! Du bestrafst mich nur! Also werde ich der Welt einen Gefallen tun... Ich werde mich lösen von allen Quälgeistern, Plagen und Pesten dieser Welt. Ich werde anmutig aufsteigen, mit einer freien Seele und einem unschuldigen, ehrlichen Lächeln im Gesicht."

Sunoo ahmte dem beschrieben Vorhaben nach und warf eine Hand in die Höhe, sein Zeigefinger in den Himmel zeigend blickte er, mit dramatischer, langsamer Bewegung hoch in den Himmel, schloss seine Augen, nachdem seine braunen Augen auf den blauen Himmel trafen und ließ sich plötzlich auf die Knie fallen. Dann öffnete er seine Augen wieder und wandte sich wieder Jay zu, welcher ihn mit großen Augen zugesehen hatte und beeindruckt von Sunoos Auftritt war.

Er gab nur ein "Wow!" von sich und Sunoo grinste stolz. Er näherte sich Sunoo, indem er paar Schritte nach vorne trat und dabei klatschte. Dann bückte er sich leicht vor und hielt Sunoo seine Hand vor, welcher diese annahm und sich wieder gerade aufrichtete.