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Zu spät. Draco seufzte leise, als ihm klar wurde, dass niemand es schaffen würde, ihn noch rechzeitig aus seiner misslichen Lage zu befreien. Er war sich sicher, dass alle ihr Bestes gegeben hatten, um das zu verhindern, was ihm nun bevorstand, und dennoch hatte es nicht ausgereicht.
Aber es war auch tröstlich - er würde nicht mitbekommen, wie er starb. Er bedauerte einzig und allein, dass er auch nicht erfahren würde, wie es Hermine ergangen war. 

Hermine. Es war so schwer gewesen, sich von ihr zu lösen und sie zu verlassen. Und dass sie so tapfer gewesen war, hatte es für Draco nicht einfacher gemacht - ganz im Gegenteil. Er hätte sie am liebsten minutenlang eng an sich gepresst und geküsst, um ihr zu zeigen, dass er sie nicht verlassen wollte. Doch das hätte die Sache nicht besser gemacht, also war er stumm gegangen. 

Nachdem er mit Blaise nach London appariert war, hatte er in einer Seitengasse den Vielsafttrank geschluckt, den Weasley für ihn gebraut hatte. Blaise hatte Dracos Zauberstab zerbrochen, damit dieser nicht so schnell identifiziert werden konnte. Dann hatte er ihm magische Fesseln umgelegt und seinen eigenen Zauberstab auf ihn gerichtet - nicht ohne ihn vorher in eine kurze Umarmung zu ziehen, die ihnen beiden unangenehm, aber dennoch nötig gewesen war. Danach hatten sie das Zaubereiministerium durch den Besuchereingang betreten. 

Blaise hatte mit allem recht gehabt. Es war beinahe schon lachhaft gewesen, wie treffend er alles vorausgesagt hatte, was dann tatsächlich genau so eingetreten war.

Umbridge war selbstverständlich ganz aus dem Häuschen gewesen. Sie hatte den vermeintlichen Potter zunächst ihren Cruciatus spüren lassen, womit Draco nicht gerechnet hatte und was Blaise die Farbe aus dem Gesicht hatte weichen lassen. Sie hatte außerdem sofort eine Nachricht an den Dunklen Lord geschickt und nach einer weiteren halben Stunde unverholenen Triumphes schließlich verkündet, dass „dieser Glücksfall der Erfassung von Harry Potter" der magischen Gemeinschaft Großbritanniens mitgeteilt werden würde, bevor der Dunkle Lord ihn vor aller Augen öffentlich hinrichten wollte. 

Draco, der in einem unbeobachteten Moment einen weiteren Schluck des Vielsafttranks, dessen Phiole er in seinem Ärmelsaum verborgen hatte, herunter gewürgt hatte, wäre vor Schreck beinahe daran erstickt. 

Blaise hatte sich trotz der Besorgnis, die er nicht ganz hatte verstecken können, betont ruhig und gelassen gegeben. Er hatte Umbridge die Version seines Auffindens von Potter aufgetischt, die sie sich zuvor zurechtgelegt hatten, und genau so, wie Blaise es prophezeit hatte, hatte sie es einfach hingenommen. 

Draco hatte sogar das Gefühl gehabt, dass es ihr mehr als egal gewesen war, wie Blaise den angeblichen Potter in das Ministerium geschafft hatte. Alles, was die Kröte offenkundig interessiert hatte, war die frohe Botschaft, die sie ihrem Meister hatte überbringen können. Denn dafür hatte auch sie in den letzten Jahren ausschließlich gelebt. Draco hatte es sogar in einer gewissen Art und Weise nachvollziehen können. Trotzdem war alles viel reibungsloser abgelaufen, als er es zu träumen gewagt hätte.

Schließlich hatte sie ihn abführen lassen. Blaise war zurückgeblieben, hatte aber noch die Geistesgegenwart besessen, sich bei Umbridge zu erkundigen, wohin sie ihn brachten. 

„Zabini", hatte Umbridge vorwurfsvoll gesagt und dabei gleichzeitig so unverschämt glücklich geklungen, dass sich Dracos Nackenhaare aufgestellt hatten. „Was denken Sie wohl? Wir bringen ihn in das Untergeschoss zu den Gerichtssälen. Dann lassen wir die Dementoren ihr Werk verrichten, während der Dunkle Lord diese wundervolle Nachricht der Öffentlichkeit präsentiert. Der Unerwünschte.." Sie hatte innegehalten und Draco ein süßes Lächeln zugeworfen. „.. wird bald nicht mehr unerwünscht sein." Fast sanft hatte sie seine Wange getätschelt. 

Und das war es gewesen. 

Nun lag er hier - längst wieder in seinem eigenen Körper angekommen. Doch das war egal, denn es war kein Mensch mehr mit ihm gemeinsam in diesem Raum. Vielleicht hatte Umbridge eine Wache vor der geschlossenen Tür zurückgelassen, doch derjenige würde vermutlich nicht nach ihm sehen, bis sie ihn holen ließ. 

Baton RougeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt