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Er starrte an die dunkle Zimmerdecke und seufzte leise. Er lag bereits seit über einer Stunde in seinem Bett und fand dennoch nicht in den Schlaf. Draco drehte sich resigniert auf die Seite. Noch nicht einmal das sanfte Mondlicht oder das stetige Rauschen der Wellen, das durch das gekippte Fenster zu ihm hineindrang, hatten ihn dazu bringen können, seinen Kopf abzuschalten. Die Gedanken wirbelten nur so umher, während er immer und immer wieder die Geschehnisse der letzten Tagen rekapitulierte. 

Nachdem Granger den Schwur besiegelt und Draco seinen Zauberstab zurückgegeben hatte, hatte sich die Situation in dem kleinen Raum allmählich entspannt. Sogar Draco war auf eine merkwürdige Weise erleichtert gewesen. Es hatte ihm nichts abverlangt, den Schwur zu leisten. Sein Entschluss hatte längst festgestanden und er würde Potter nicht verraten und an Umbridge ausliefern. Potter selbst war ebenfalls fair geblieben. Und nun, wo der Schwur sie tatsächlich fest im Griff hatte, eröffnete ihnen das ganz andere Möglichkeiten, um miteinander umzugehen.

Danach hatten sie eine karge Mahlzeit zu sich genommen, die sowohl Granger als auch er selbst in sich hineingestopft hatten, als hätte man ihnen tagelang das Essen verwehrt. Schließlich hatte Potter ihnen zwei Zimmer in der oberen Etage gezeigt, die sie nutzen konnten, um sich auszuruhen, und seitdem hatte Draco den ihm zugewiesenen Raum auch nicht mehr verlassen. Lediglich für eine Dusche hatte er sich in den kleinen Flur geschlichen. Danach hatte er sich zwar ein wenig besser gefühlt, doch er war immer noch erschöpft. 

Auch in der vorherigen Nacht, der letzten in der Pension, in der er sich mit Blaise das Zimmer notgedrungen geteilt hatte, hatte er kaum ein Auge zugetan. Das machte sich nun bemerkbar und Draco fluchte leise. Er wollte einfach nur schlafen und für wenigstens ein paar Stunden vergessen, was eigentlich gerade mit ihm geschah. Doch es funktionierte einfach nicht, so sehr er sich auch anstrengte.

Ein leises Geräusch ließ ihn aufhorchen. Irgendjemand hatte die Klinke der Türe, die den kleinen Raum vom Treppenhaus trennte, hinuntergedrückt. Mit dem darauffolgenden Öffnen floss ein Schwall warmer Luft in den Raum. Draco blieb angespannt liegen. Wenn das Potter war, der ihm hinterrücks einen Fluch auf den Hals jagen wollte, dann konnte er sich auf etwas gefasst machen. Dracos Zauberstab lag direkt unter seinem Kopfkissen. 

Vertrauen war gut, Kontrolle war besser. 

Die Tür schloss sich wieder. Er hörte das Tapsen nackter Fußsohlen auf dem alten Holzboden und ihm wurde klar, dass es nicht Potter war, der sich gerade in sein Zimmer geschlichen hatte. Dracos Herz begann, unnatürlich laut zu klopfen. Die Matratze hinter ihm senkte sich. Er hatte seiner nächtlichen Besucherin immer noch den Rücken zugewandt, aber nun waren seine Nerven zum zerreißen gespannt. 

Sie bewegte sich vorsichtig, dachte wahrscheinlich, dass er schlief, und wollte ihn offensichtlich nicht wecken. Einige Sekunden später spürte er ihre Hände an seinem Rücken. Sie fuhren federleicht über sein Shirt, welches er angelassen hatte. Das bedauerte er nun. 

Doch dann spürte er sie ganz. Sie schmiegte sich sanft an ihn, ihre Arme schlängelten sich um seinen Oberkörper und sie verbarg das Gesicht in seinem Nacken. Eine Locke kitzelte Dracos Hals und er unterdrückte ein sehnsuchtsvolles Seufzen. 

Granger zitterte leicht und schließlich griff Draco nach einer ihrer Hände, die ihren Weg auf seine Brust gefunden hatten, und umfasste sie sanft. Er drehte sich langsam zu ihr herum, ohne sie von sich zu lösen, und als er ihr schließlich ins Gesicht sah, berührten sich ihre Nasenspitzen fast. Ihre Augen schimmerten im Mondlicht. Er hob eine Hand und wischte die kleine Träne weg, die sich in ihren Wimpern verfangen hatte.

Einige Sekunden herrschte Stille. 

„Kannst du nicht schlafen?", flüsterte Draco und Granger schüttelte den Kopf.

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